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Der Alltag eines Arbeitsmigranten
5. November 2018 Arbeitsmigration 8 min
Seit Jahrzehnten bieten in Wien meist osteuropäische Tagelöhner ihre Arbeitskraft auf der Straße an. Was hat sich in 30 Jahren verändert?
Dieser Artikel gehört zum Projekt Arbeitsmigration und ist Teil 4 einer 4-teiligen Recherche.

In fast jeder größeren Stadt gibt es Plätze, an denen Arbeiter aus dem Ausland ihre Dienste auf der Straße anbieten. In Wien haben sich drei sogenannte Arbeiterstriche etabliert, an denen Männer ihre Fähigkeiten und Muskelkraft in Form von „Schwarzarbeit“ anbieten – in der Triester Straße in Favoriten, der Herbststraße in Ottakring und der Brünner Straße in Floridsdorf.

Während Arbeitgeber auf Letzterer vor allem Menschen für Tätigkeiten in der Landwirtschaft, wie zum Beispiel als Erntehelfer, finden, engagieren private Häuselbauer oder Firmen aus der Baubranche ihre Arbeitskräfte meist an der Triester Straße. Dort stehen täglich rund 40 Tagelöhner und konkurrieren um die Jobs – nicht jeden Tag gibt es welche. Die meisten von ihnen stammen aus Rumänien und Albanien, manche aus Serbien. Einige sind ausgebildete Facharbeiter und fast alle Allrounder, die so gut wie jede handwerkliche Arbeit verrichten – bauen, renovieren, schweres Baumaterial schleppen.

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In der Herbststraße stand Konrad Hofer vor 30 Jahren. Der Soziologe hat damals inkognito am Arbeiterstrich geforscht, an dem fast ausschließlich Frauen und Männer aus Polen auf Arbeit warteten. Polen war eines der ersten Länder östlich des „Eisernen Vorhangs“, das die Reise in einige Länder des Westens erlaubte.

Die Einkommensunterschiede zu Deutschland und Österreich waren besonders attraktiv, und mit dem Chopin-Express gab es eine direkte Zugverbindung aus Polen zum Wiener Südbahnhof. Das größte Arbeitsamt in der Hauptstadt befand sich damals in der Herbststraße, und da Ausländer damals nicht vermittelt wurden, boten sie als Touristen ihre Arbeitskraft einfach auf der Straße vor dem Amt an.

Jahrelang standen dort jeden Tag bis zu 200 Menschen, die meisten nur kurz – denn die fähigen und günstigen Arbeiter integrierten sich meist nach nur wenigen Wochen auf dem Arbeitsmarkt. Doch der Ort ist geblieben, und auch heute noch warten dort Arbeitssuchende auf vorbeifahrende Autos, die sie zu einer Baustelle, für Gartenarbeit oder in private Haushalte mitnehmen. 

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