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Asyl. Ein Konzept von gestern?
Das geltende Asylrecht, das seine Wurzeln in der politischen Situation Europas während und nach dem Zweiten Weltkrieg hat, ist der politischen und ökonomischen Realität des Jahres 2017 nicht gewachsen.
Das Projekt Asyl ist eine 28-teilige Recherche.

Die Flüchtlingskrise der Jahre 2015/2016 hat ein grelles Licht auf eine Tatsache geworfen, die seit dem Ende des Kalten Krieges im Halbschatten des Wirtschaftsbooms, der digitalen Euphorie und der „Arabellion“ des Jahres 2010 schlummerte: Das geltende Asylrecht, das seine Wurzeln in der politischen Situation Europas während und nach dem Zweiten Weltkrieg hat, ist der politischen und ökonomischen Realität des Jahres 2017 nicht gewachsen.

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Obwohl weder die Genfer Flüchtlingskonvention noch die Asylregeln der EU ein explizites, individuelles Recht auf Asyl beinhalten, hat sich über die Hintertür eines engmaschigen Netzes aus Regelungen, die die Rückstellung von abgelehnten Asylwerbern verhindern, eine Art de-facto-Asylrecht etabliert.

Die Überforderung der Union und der Einzelstaaten und die Unzeitgemäßheit der geltenden Regeln – vor allem des Einzelprüfungsverfahrens für Millionen Migranten – zeigen sich sowohl an den Außengrenzen der EU als auch in den einzelstaatlichen Asylverfahren.

In Österreich leistet der Föderalismus einen wesentlichen Beitrag zur Komplexität der Materie und zur Intransparenz der Kompetenz- und Kostenstrukturen . Welche Asylwerber sich wo aufhalten, welche Leistungen sie beziehen und wer wie viel dafür bezahlt, lässt sich nur mit großem Aufwand und selbst dann nicht mit letzter Sicherheit ermitteln.

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Dieses Rechercheprojekt leistet einen Beitrag zur Transparenz, indem es sich auf Datensammlungen des Innenministeriums stützt , die in dieser Dichte bisher nicht öffentlich zugänglich waren. Damit lassen sich Vergangenheit und Gegenwart des österreichischen Asylwesens leichter und besser beschreiben.

Eine Antwort auf die Frage, wie man die für alle Beteiligten – Asylwerber, Behörden, Bevölkerung – unbefriedigende Situation verbessern könnte, lässt sich daraus noch nicht ableiten . Die europäischen Lösungen, nach denen regelmäßig gerufen wird, sind nicht in Sicht, die rechtlichen Rahmenbedingungen sind so verfestigt, dass ihre Veränderung einem Tabubruch gleichkäme, die kursierenden Konzepte zur politischen und ökonomischen Stabilisierung Nordafrikas würden bestenfalls mittelfristig Wirkung entfalten.

Will man elementare Menschenrechte wie das Zurückweisungsverbot einhalten, könnte es darauf hinauslaufen, dass kurzfristig nur militärisch gestützte Interventionen für Veränderung sorgen – man könnte dieses Vorgehen als „humanitären Kolonialismus“ bezeichnen, der das Ziel verfolgt, die Geflüchteten zu schützen, die Lage in Nordafrika unter Kontrolle zu bringen, die illegale Migration nach Europa zu begrenzen und die Grundlage für längerfristige Entwicklungsmodelle zu schaffen .

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Das Addendum-Team, September 2020