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Wie wir in Zukunft fahren werden
20. April 2018 Auto Lesezeit 5 min
Elektro- und Verbrennungsmotoren sind nicht die einzigen Antriebsmöglichkeiten. Auch das Wasserstoffauto könnte eine vielversprechende Alternative sein. Bisher mangelt es dafür allerdings am politischen Willen, kritisieren Experten.
Dieser Artikel gehört zum Projekt Auto und ist Teil 5 einer 5-teiligen Recherche.
Bild: Christian Lendl | Addendum

Wir wollen ein Auto haben, mit dem wir auf Urlaub nach Sizilien und zum Zigarettenholen fahren.“ So fasst Wolfgang Kriegler das Dilemma auf dem Automarkt der Zukunft zusammen. Soll heißen: Die Österreicher wollen flexibel mobil sein. Aber nicht alle Pkw-Antriebsformen bieten diese Flexibilität heute schon oder in naher Zukunft.

Mit der Frage, wie wir in Zukunft fahren werden und was das für die österreichische Automobilindustrie, die vorrangig aus Zulieferern besteht, bedeutet, beschäftigt sich Kriegler als Geschäftsführer der „A3PS – Austrian Association for Advanced Propulsion Systems“ („Österreichische Plattform zur Förderung von alternativen Antriebssystemen“). Finanziert wird die Interessenplattform zur einen Hälfte vom Verkehrsministerium, der Rest kommt über Mitgliedsbeiträge aus der Branche herein, unter den Zahlern sind Unternehmen wie Magna oder Miba, aber auch Bildungseinrichtungen wie die Montanuniversität Leoben oder die FH Joanneum. Das Ziel von A3PS: „Die Brücke zwischen Politik, Industrie und Akademie zu schlagen.“ Während die Politik aktuell über Förderungen den Fokus auf batteriebetriebene Elektrofahrzeuge legt, sieht Wolfgang Kriegler in der Industrie ein differenzierteres Bild der Lage.

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Wenn die Politik entscheidet, was der Kunde will

Krieger berichtet von einer Art Rivalität in der Szene: „Die einen sagen, nur das Elektroauto bringt’s, die anderen wollen ein universell einsetzbares Auto wie einen Plugin-Hybrid.“ Ein teilelektrifiziertes Auto findet der Branchenvertreter auch persönlich eine „vernünftige Übergangslösung“ und ergänzt: „Solange wir unsere CO2-Bilanz nicht im Griff haben, hat das E-Auto keinen Sinn.“ Erst wenn 70 bis 80 Prozent der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien kämen, würde die reine E-Mobilität halten, was sie verspricht.

Neben dem vollelektrischen Auto und dem Plugin-Hybrid setzt die Branche auch Hoffnung in mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellenfahrzeuge. Voestalpine-CEO Wolfgang Eder etwa kündigte vor einigen Monaten an, langfristig auf Wasserstoffantrieb statt auf Batterieantrieb zu setzen. In Österreich gibt es aktuell allerdings nur 17 Wasserstoffautos, die bei fünf Tankstellen, vier davon von der OMV, aufgetankt werden können.

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Im Kontext – die Reportage: Diesel gegen Elektro: Wer macht das Rennen?

Hoffnungsträger Wasserstoff

A3PS-Geschäftsführer Kriegler sieht „riesiges Potenzial für die Zukunft“ in dieser Antriebsform. Langfristig gesehen sei das die bessere Lösung in der Elektromobilität. Derzeit wird der Wasserstoff noch aus Erdgas erzeugt, auch hier werde sich, sagt Kriegler voraus, durch die Produktion aus Solarenergie die Nachhaltigkeit verbessern.

Warum aber finden Wasserstoffautos in der Diskussion über Elektromobilität kaum Erwähnung? „Die Technologie Wasserstoff und Brennstoffzelle als Elektromobilität ist technisch ausgereift und serientauglich, leider wird medial und seitens Politik und Industrie nur die Batterie als Elektromobilität propagiert und unterstützt, obwohl der Wasserstoff Vorteile hinsichtlich Energiedichte, Betankungsdauer und Reichweite hat“, kritisiert Manfred Klell, Geschäftsführer von Hycenta Research, einer Grazer Forschungseinrichtung für Wasserstoffantrieb. „Der Wille von Politik und Wirtschaft zu einer konsequenten Energiewende von fossil zu regenerativ und einer konsequenten Mobilitätswende von fossil zu elektrochemisch ist leider in Österreich nicht genügend ausgeprägt“, sagt Wasserstoffverfechter Klell.

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Batterie bevorzugt

Ähnlich argumentiert Heimo Aichmaier, Geschäftsführer der E-Mobilitäts-Interessenvertretung „Austrian Mobile Power“. Er wirft der Politik „Technology-picking“ vor, man habe sich auf das Batteriefahrzeug festgelegt. Deshalb erhielten die Käufer solcher Produkte im Vergleich mit den anderen alternativen Antriebsformen die höchste Förderung. „Wenn man Markt hebeln möchte, muss man die Wahl dem Nutzer überlassen und die Plugin-Hybride mit den Zero-Emission-Fahrzeugen steuerlich gleichstellen“, fordert Aichmaier. Wie Branchenvertreter Kriegler meint auch er, dass viele Konsumenten ein Plugin-Hybridfahrzeug bevorzugen würden. Beide empfinden die Förderungen der Regierung als nicht technologieneutral.

Das Verkehrsministerium verweist als Reaktion auf diesen Vorwurf auf „das Prinzip der Technologieneutralität auf dem Dekarbonisierungspfad“. Deshalb gebe es im Förderbereich eine Abstufung zwischen rein elektrischen und teilelektrischen Fahrzeugen, erklärt Hans-Jürgen Salmhofer von der Stabstelle Mobilitätswende und Dekarbonisierung im Verkehrsministerium. Was Heimo Aichmaier von „Austrian Mobile Power“ außerdem fehlt, ist ein „qualitatives Register verfügbarer Ladepunkte mit Informationen zur Zugänglichkeit“. Eine Verbesserung der Alltagstauglichkeit sei im Klimastrategiepapier der Regierung, das Anfang April präsentiert wurde, festgehalten, informiert Salmhofer.

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Verbrenner bleiben

Die Automobilbranche ist vor allem für die Steiermark ein wichtiger Arbeitgeber. Mit dem Mobilitätscluster „AC Styria“ vertritt Geschäftsführer Wolfgang Vlasaty die dort angesiedelten Unternehmen. Den Hype um das Batteriefahrzeug findet er befremdlich, er wünscht sich eine differenziertere Betrachtung: „Elektromobilität ist nur eine Stoßrichtung, in Zukunft wird es je nach Anwendungsfall unterschiedliche Antriebskonzepte geben.“ Verbrennungsmotoren wird es laut Vlasaty und Kriegler auch in den nächsten Jahrzehnten noch geben. Was herkömmlicheAntriebsformen angeht, so konzentriert sich laut dem „AC Styria“-Chef die Forschung auf alternative Kraftstoffe, damit niedrigere CO2-Werte bei älteren Pkws erzielt werden können: „Ein Fuhrpark wird üblicherweise 20 bis 25 Jahre betrieben. Selbst wenn wir nur Batteriefahrzeuge verkaufen würden, hätten wir nach wie vor noch 20 Jahre lang Verbrenner im Verkehr.“

Was allen Vertretern der Branche wichtig ist: „Nicht so sehr auf den Antrieb schauen, sondern woher die Energie dafür kommt“, betont Vlasaty. A3PS-Geschäftsführer Kriegler sieht Verbrenner noch lange im Betrieb, wenn große Leistungen wie etwa beim Lkw-Verkehr notwendig sind. Er bestätigt, dass Ingenieure sehr damit beschäftigt sind, Abgaswerte zu verbessern.

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Für jeden Anwendungsfall eine Antriebsform

Wie sieht also die private Autonutzung in einem Jahrzehnt aus? Sowohl Kriegler als auch Vlasaty von „AC Styria“ und Aichmaier von „Austrian Mobile Power“ prognostizieren einen Markt mit mehreren Antriebsformen, das Batterieauto wird ihren Einschätzungen zufolge nicht die dominante sein. Vielmehr würden sich Konsumenten überlegen, wofür sie einen Pkw nutzen – ob nur in der Stadt, für lange Strecken oder etwa nur am Wochenende – und darauf basierend eine Kaufentscheidung treffen.

Womit wir wieder beim Auto sind, mit dem wir sowohl in den Urlaub nach Sizilien als auch zum Zigarettenholen fahren wollen. Auf solche Ansprüche müssen sich die Autobauer in Zukunft beim Angebot der unterschiedlichen Antriebsformen einstellen. Dass wir in zehn Jahren schon von einem autonomen Fahrzeug abgeholt und zu unserer Destination transportiert werden, damit rechnen sie allerdings nicht. Vlasaty und Kriegler können sich teil- oder vollautomatisierte Modelle im urbanen Bereich vorstellen, jedoch nicht in ländlichen Regionen oder gar flächendeckend.

Dabei würde es nicht unbedingt an der Technologie scheitern, wie Krieglers Erfahrung zeigt. „Ich beschäftige mich seit 1988 mit E-Mobilität. Alle meine Prognosen darüber, wie schnell etwas gehen wird, waren zu optimistisch. Man muss Entwicklungen Zeit geben, bis die Rahmenbedingungen geschaffen sind. Viele Technologien sind erst in zehn, 15 Jahren am Markt relevant.“ 

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