René Benko gehört inzwischen zu den einflussreichsten Unternehmern Österreichs. Der immer noch junge Mann, der seine unternehmerische Karriere bereits als Schüler begann, hat zwar in der nicht leicht zu überblickenden Signa-Gruppe seit einer Verurteilung keine Organfunktion mehr, kontrolliert sein Imperium aber nach wie vor über ein Netz an Vertrauten in den entscheidenden Management- und Aufsichtsfunktionen. Einer dieser Vertrauten ist der ehemalige Bundeskanzler und SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer.
Ebenfalls enge Kontakte pflegt Benko zum amtierenden Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Das muss an sich kein Widerspruch sein, immerhin hat Alfred Gusenbauer seinerzeit gleichzeitig sowohl seinen Nach-Nachfolger als Kanzler und Parteichef, Christian Kern, als auch den gerade die ÖVP übernehmenden Außenminister Sebastian Kurz beraten. Österreich eben.
Die Umgebung von Sebastian Kurz legt Wert auf die Feststellung, dass Benko den Kanzler nicht berät, der Signa-Eigentümer war aber immerhin Mitglied jener Delegation, die Kurz am Wochenende zum Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten begleitete. Die Fähigkeit, Menschen mit Geld und Einfluss für sich und seine Idee zu begeistern, gehört genauso zu den großen Stärken des Unternehmers René Benko, wie seine Fähigkeit, groß zu denken: Die Signa-Holding ist auf dem Weg zum großen Mischkonzern, in dem neben dem Immobilienportfolio inzwischen der stationäre und digitale Handel eine Hauptrolle spielen.
Spätestens mit seinem 50-Prozent-Einstieg in das Auslandsgeschäft der deutschen Funke-Mediengruppe, die über die Mediaprint knapp 50 Prozent am Kurier und 50 Prozentan der Kronen Zeitung hält, hat sich der Unternehmer, der an sich nicht an die Öffentlichkeit drängt und großen Wert auf Privatheit legt, zur öffentlichen Person gemacht. Dass die lange schwelenden Auseinandersetzungen zwischen den deutschen Miteigentümern und der Familie des Krone-Gründers Hans Dichand in den vergangenen Tagen eskaliert sind, wird zumindest in der Berichterstattung der von Eva Dichand gegründeten Tageszeitung Heute nicht zuletzt den Ambitionen des Immobilienunternehmers zugeschrieben.
Auch für Addendum war Benkos Einstieg in das Mediengeschäft der Ausgangspunkt einer Recherche, in der es allerdings nicht darum ging, etwaige unlautere Motive des Unternehmers aufzudecken, sondern ausschließlich darum das Agieren Benkos und seiner Signa-Gruppe besser zu verstehen. Das ist schwer genug.
Im Zuge unserer Recherchen haben wir auch die Strukturen der Signa analysiert. In Unternehmensporträts wird das Firmennetzwerk meist sehr simpel dargestellt – eine Holding, einige Star-Investoren, eine Handvoll Tochterfirmen. Eine Firmenbuch-Durchforstung später stellt sich das Firmenkonstrukt allerdings nicht annähernd so einfach dar, sondern sehr viel komplexer. So komplex, dass wir es gar nicht in seiner Gesamtheit skizzieren konnten (wir haben es zumindest versucht, wie Sie auf diesem Bild sehen). Wie Benkos Imperium tatsächlich aussieht, wer die Entscheidungen trifft – oder eben nicht – und wer hinter dem Chrysler-Kauf steht, lesen und sehen Sie hier.
Das Projekt Benko war für uns auch Anlass für ein Experiment: Das Addendum-Investigativ-Team fasst die Recherchen rund um René Benko in der ersten Podcast-Ausgabe zusammen – mit Interviewausschnitten, Hintergründen und der komplexen Firmenstruktur simpel erklärt. Jetzt anhören (und bei Spotify und iTunes abonnieren):
Wir haben der Signa-Gruppe vor knapp einem Monat einen sehr umfangreichen Fragenkatalog übermittelt, um etliche Details der Struktur und der operativen Führung der Signa-Gruppe besser zu verstehen. Außerdem ging es in unseren Fragen um ein besseres Verständnis dafür, wo die Konzernstruktur endet und das private Geschäft des Gründers und seiner Familie beginnt. Schließlich wollten wir auch besser verstehen, warum manche der Investoren bekannt sind und andere besonderen Wert auf Diskretion legen. Im Zusammenhang mit dem jüngsten Deal der Signa in New York City, dem Erwerb des Chrysler-Buildings, erschien uns das besonders interessant.
Leider war es der Signa-Gruppe bisher nicht möglich, diese Frage zu beantworten. Wir hoffen, dass das in absehbarer Zeit doch der Fall sein wird, und werden unsere Leserinnen und Leser dann mit Updates zu unseren Recherchen auf dem Laufenden halten. Relativ unzweideutig hat der frühere Bundeskanzler Alfred Gusenbauer die Bitte um Antworten auf unsere Fragen quittiert. Er werde, erklärte Gusenbauer knapp, weder im Hintergrund noch im Vordergrund mit Addendum Gespräche führen. Fair enough, es besteht selbstverständlich keine Verpflichtung, mit uns zu sprechen.