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Das System Signa
27. März 2019 René Benko Lesezeit 12 min
Karstadt, Kaufhof, Kika, Kurier und Krone: René Benko dreht zurzeit an vielen Rädern. Was passiert aber, wenn er als Investor in eine Stadt kommt, er dort denkbar schlechte Startbedingungen vorfindet, es Kritik und Widerstände gibt? Das zeigt sich selten so gut wie am Beispiel Bozen. Die Erzählung einer Eroberung.
Dieser Artikel gehört zum Projekt René Benko und ist Teil 3 einer 8-teiligen Recherche.
Bozens Zentrum, Benkos Spielwiese || Bild: Ricardo Herrgott

Es sind Schlagzeilen, die der Genialität des Investors schmeicheln. „Benkos neuer Coup“, titelt erst jüngst der heimische Boulevard. „Milliardär baut Haus für ‚Ötzi‘“ prangt am Titelblatt der Tageszeitung Österreich. Daneben das Konterfei von René Benko, lächelnd und siegesgewiss. Es ist eines seiner neuesten Projekte und für den 41 Jahre alten Tiroler doch nur ein Nebenschauplatz, das ihm schöne Berichterstattung beschert. In Bozen will er die bekannteste und meistbesuchte Mumie der Welt umquartieren und dabei, wie Der Spiegel vermeldet, „ordentlich mitverdienen“.

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Eine Leiche am Berg

Dort, wo „Ötzi“ landen soll, führt derzeit eine einzige Straße hin. Sie ist schmal und so schlecht wie der Ruf des Hügels, auf dem sie endet. Der Virgl ist der Hausberg von Südtirols Landeshauptstadt und ein Ort im Schatten. Vom einst beliebten Ausflugsziel blieb nur ein langsam verfallendes Gasthaus, das zuletzt gerade noch dunkle Gestalten mit Drogen hochlockte. Es gehört jetzt samt dem halben Berg René Benko und ist Teil seines Masterplans. Dessen Gewinner und Verlierer stehen schon fest, noch bevor der erste Bagger losfuhr.

Dabei sind Benkos Pläne in Bozen bloß „Peanuts“ im Vergleich zu dem, woran der politisch bestvernetzte Investor sonst dreht. Allein im Vorjahr jagte ein Deal den nächsten. Auf die Übernahme der Möbelkette Kika-Leiner folgte die Fusion der deutschen Kaufhausriesen Kaufhof und Karstadt und der Einstieg ins heimische Mediengeschäft mit einem Anteil an Kurier und Kronen Zeitung. Umtriebig nannte das Wirtschaftsmagazin trend zuletzt seinen „Mann des Jahres“ und untertrieb damit schon fast ein wenig. Seiner Signa-Holding wurde zuletzt ein Jahresgewinn von über einer Milliarde Euro bescheinigt. Dagegen nimmt sich das gesamte Investitionsvolumen in Bozen mit rund 600 Millionen Euro klein aus und verändert dort doch auf einen Schlag alles. Das Beispiel Bozen ist insofern lehrreich, weil sich selten auf so kleinem Raum zeigt, wie der Investor René Benko agiert. Wie er auf Kritik und Widerstände reagiert. Und was ihn zu einem idealtypischen Unternehmer einer neuen Zeit prädestiniert.

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Alle gegen Benko

Dessen erste Merkmale: Er hat einen langen Atem, Einfallsreichtum und genügend Geld. Denn mittlerweile ist es mehr als zehn Jahre her, dass Bozen in sein Augenmerk rückte. Damals stand in Benkos Heimatstadt Innsbruck gerade sein Kaufhaus Tyrol vor der Fertigstellung. Benko schwebte ein ähnlicher Shoppingtempel für Bozen vor. Doch seine Startvoraussetzungen dort waren um einiges schlechter. Der Investor aus dem Norden hatte südlich der Alpen anfangs fast alle gegen sich. Die alteingesessenen Kaufleute in den historischen Lauben sowieso, aber auch wesentliche Honoratioren der Stadt aus Politik und Gesellschaft. Auch bei vielen Bewohnern kam Widerstand auf, als sie erfuhren, dass große Teile des Bahnhofsparks Benkos Shoppingcenter weichen sollten. Begleitet vom medialen Trommelfeuer der bestimmenden Verlagsgruppe Südtirols, sah es nicht gut für Benko aus. „Es gefiel vielen nicht, dass da einer kommt und sich in ein traditionell gewachsenes Gefüge hineinsetzen will, wo es ganz klare Machtverhältnisse und Seilschaften gibt“, erklärt Christoph Franceschini, Aufdeckerjournalist bei der unabhängigen Plattform salto.bz: „Es begann ein Kampf zwischen Giganten, bei dem es um wirtschaftliche Interessen, aber auch um Macht ging und letztlich darum, wer im Land das Sagen hat.“

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Wie gelang es René Benko also, die Dinge zu seinen Gunsten zu drehen? Aus einer Stadt, die ihm gelinde gesagt nicht gerade zugetan war, „Benko City“ zu machen, wie das Südtiroler Wochenmagazin ff kürzlich coverte. Und vom einfachen Bauherrn eines Einkaufszentrums zum Mann zu werden, der sich den wohl bekanntesten nicht mehr lebenden Südtiroler, der „Ötzi“, auf den eigenen Berg holt.

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Die Benko-Gegner Thomas Rizzoli und Sylvia Hofer

„Benko, der Wohltäter“

Eine erste mögliche Antwort auf diese Frage führt zu zwei Menschen, die sich von Beginn an gegen Benko stellten und – im Unterschied zu vielen anderen in Bozen – bis heute auf diesem Standpunkt geblieben sind. Sylvia Hofer ist Gemeinderätin der Südtiroler Volkspartei und ihr erschienen die Dimensionen von Benkos Projekt von Anfang an zu groß, ohne zu ahnen, dass noch weit mehr folgen sollte. „Sein Einkaufszentrum fügt der Stadt auf einen Schlag über 100 Geschäfte und damit 20.000 Quadratmeter oder ein Drittel mehr an Gesamtverkaufsfläche hinzu“, sagt sie, „das führt zu massiven Kaufkraftabflüssen und sprengt alle Dimensionen. Und dafür soll noch dazu ein Großteil des Bahnhofsparks, eine der wenigen Grünflächen in der Innenstadt, geopfert werden.“ Die meisten ihrer Kollegen im Gemeinderat sahen das anfangs ähnlich. Bis die Kampagne der Signa begann. „Die Entscheidungsträger der Stadt wurden fortan von der Signa ganz intensiv betreut und die Bevölkerung zugleich mit Hochglanzbroschüren überschwemmt, in denen Benko als Wohltäter gepriesen wurde“, sagt Hofer.

„Eine perfekt geschmierte Maschinerie“

Ihr pflichtet Thomas Rizzolli bei.  Er ist Unternehmer in vierter Generation und betreibt unter anderem ein Schuh- und Lederwarengeschäft in den historischen Lauben. Als er sich mit Gleichgesinnten zusammenschloss, um Benkos Großkaufhaus zu verhindern, titulierte sie das gegnerische Lage bald nur mehr verächtlich als „Lauben-Lobby“ oder „Lauben-Mafia“. „Wir wurden als Negativlinge dargestellt, als Verhinderer und Neider. Das war eine psychologisch und marketingtechnisch perfekt geschmierte Maschinerie, die dich in eine Ecke drängt. So gut kann ein einzelner Mensch gar nicht sein, damit er sich gegen diese Unmacht geballter professioneller Kommunikation erwehren kann“, erinnert sich Rizzolli. Plötzlich entstanden vermeintlich unabhängige Bürgergruppen, auch eine Pro-Benko-Partei wurde aus der Taufe gehoben, um bei der Gemeinderatswahl anzutreten. Rizzolli und Gemeinderätin Hofer mussten beobachten, wie sich der Wind in der Politik langsam drehte und die Widerstände schwanden. Auch der Bürgermeister bezog bald klar Position pro Benko.

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Ex-Bürgermeister Luigi Spagnolli, ein Benko-Befürworter

„Benko fiel vom Himmel“

Der Angesprochene heißt Luigi Spagnolli und stand bis 2015 an der Spitze Bozens. „Der Benko ist für uns zur richtigen Zeit vom Himmel gefallen“, gibt er unumwunden zu, rührt in seinem Cappuccino und setzt zu einem Exkurs über Bozens schwierige Rolle an. Die Landeshauptstadt hat die Zahl ihrer Einwohner bis 1970 durch die erzwungene Italienisierung innerhalb von 50 Jahren verfünffacht und galt fortan als Fremdkörper im mehrheitlich deutschsprachigen Südtirol. Alle bräuchten sie zwar, aber nur Wenige seien bereit, in ihr auch zu investieren. „Im Unterschied zu anderen Hauptstädten sind wir nicht der Ort, an dem sich die Besitzer des Landes konzentrieren.“ Insofern war Spagnolli froh, als er Benko kennenlernte, ihm dieser gleich das Du-Wort anbot und Projekte für die Stadt präsentierte.

„Ich weiß nicht, ob er der perfekte Unternehmer ist. Es ist auch nicht meine Pflicht, das zu kontrollieren“, sagt Spagnolli, „dafür gibt es die Finanzpolizei. Ich habe überhaupt kein Interesse, zu erfahren, woher sein Geld stammt. Aber wenn es einer schafft, den Schlüssel zu finden, damit die reichen Leute zu ihm kommen und sie ihm dadurch die Möglichkeit geben, selbst reicher zu werden, dann ist er genial.“ Für den Bürgermeister zählte, dass Benko über das Geld verfügt, um seine Projekte auch umzusetzen, während die Lauben-Lokalbesitzer mit ihrem Ansinnen eines kleineren, lokaler geprägten Einkaufszentrums kaum weiterkamen. Es war damals die Zeit, in der René Benko in Begleitung des einflussreichen Alt-Landeshauptmanns Luis Durnwalder durch Bozen tourte, um Werbung für sein Shoppingcenter zu machen. Später gesellte sich auch Niki Lauda dazu, einer seiner Mitinvestoren bei der Signa. Die Runde endete in einer Bozener Diskothek, wo Benko den Jungen der Stadt sein Projekt schmackhaft machen wollte. Nach einer Patt-Abstimmung im Gemeinderat sollte eine Bürgerbefragung den Weg für das Einkaufszentrum samt Hotel, Büros und Tiefgarage ebnen. Es zeigte sich, dass sich die Kampagne der Signa bezahlt gemacht hatte: knapp zwei Drittel der Teilnehmer stimmten dafür.

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Heinz Peter Hager, Benkos Statthalter in Bozen

Zum Schweigen verpflichtet

Und die Gegner? Müssen schweigen. Nachdem sie mit Klagen auch vor Gericht unterlegen waren und ihnen hohe Prozesskosten drohten, verpflichteten sie sich gegenüber der Signa in einer Vereinbarung, fortan jegliche Kritik einzustellen und künftig in der Öffentlichkeit nur noch positiv von Benkos Projekt zu sprechen. Unter der Zusicherung absoluter Anonymität erhebt einer aus der Gruppe dennoch das Wort. Er bittet in sein Lokal und schildert, wie fassungslos er und seine Partner angesichts der Methoden waren, mit denen sie niedergerungen worden seien. Es klingt so, als wäre die Vergangenheit des Unternehmertums auf deren Zukunft getroffen, die feinen alten Sitten und Gebote auf die Kaltschnäuzigkeit der Moderne.

Für Heinz Peter Hager sind die Unterlegenen nichts anderes als „Krämer“ und „Erbsenzähler“, die „keine Vision von einer Standortinvestition haben“*. Hager ist Wirtschaftsprüfer, Aufsichtsratspräsident der Südtiroler Volksbank und Benkos Statthalter in Bozen. „Unsere jüngsten Umfragen zeigen, dass mittlerweile siebzig Prozent der Bozener unser Projekt befürworten“, sagt der groß gewachsene Mann im schwarzen Anzug mit sanfter Stimme. Daher erscheint es ihm als „legitimer Anspruch von uns, dass sie (die einstigen Gegner – Anm.) unser Projekt als positiv empfinden. Dem haben sie auch zugestimmt“. Im Interview berichtet Hager, Benko vor fast zwanzig Jahren kennengelernt zu haben und zu einem seiner engsten Weggefährten geworden zu sein, weshalb er auch den Vorsitz in einer seiner zwei Privatstiftungen führt. Von den Gerüchten, erst manch Freundschaftsdienst hätte den Pro-Benko-Umschwung in der Politik gebracht, distanziert er sich: „Intelligente Menschen haben die Fähigkeit, auch Meinungen zu ändern, sonst gar nichts. Ich bin von der Kraft guter Projekte überzeugt, die vernünftig kommuniziert werden.“

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Lieber Kampf als Kritik

Von seiner Kanzlei im noblen Palais Pock führt Hager hinüber ins Palais Menz, das erste Haus, das Benko in Bozen erwarb. Dort knipst er die Lampen an und Bozens Zukunft tritt ans Licht. Renderings und Schaumodelle zeigen all die Objekte, die entstehen sollen. Vom Einkaufs- und Bürozentrum Waltherpark über Luxuswohnungen im Gries Village zu einem Büroturm neben der Handelskammer, weiter zum neuen Busbahnhof, bis hin zur Talstation für eine futuristische Seilbahn, die hoch führt auf den Virgl, wo die jährlich 300.000 Besucher des „Ötzis“ ihn künftig in einem gläsernen Museum bewundern sollen. „Südtirol ist ein wohlhabendes Land“, sagt Hager, „wir haben hier wenig Wettbewerb. Es gibt nicht viele Einkaufszentren und einen großen Bedarf an hochwertigen Wohn- und Büroflächen. Am Ende wird die Rechnung aufgehen.“ Als er den Showroom verlässt, um die paar Meter rüber ins Büro der Signa zu gehen, grüßen ihn die Menschen, nicken ihm höflich zu, einer zieht gar den Hut vor ihm. Hager ist der Statthalter eines mächtigen Mannes, eines Multimilliardärs und in Bozen derjenige, bei dem die Fäden zusammenlaufen. Er ist auch der, der eine zerstrittene Stadt vor sich hertreibt, ihr Stück für Stück, Projekt um Projekt mehr Gestaltungsvollmacht entzieht und sie in den Händen eines privaten Investors konzentriert. Kritik daran oder gar Widerstand kommt in Hagers Universum kaum vor, denn sie ist für ihn „entweder interessens- oder ideologiegebunden, sonst gibt es da nichts. Nur mit scheinheiliger und geschäftsgebundener Kritik tun wir uns schwer, da haben wir lieber den offenen Kampf.“

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Kaufhaus, Luxuswohnungen, Seilbahn – die Signa-Projekte in Bozen
Der Signa-Showroom für das Einkaufszentrum Waltherpark

Satire vor Gericht

Wie ein solcher ausgehen kann, zeigt sich im „Bunker“, einem Jugendzentrum am anderen Ende von Bozen. Dort sitzt Michael Schlauch, ein junger Mann, der Software-Entwickler und diplomierter Wirtschaftsingenieur ist und hier auch Jugendliche betreut. Ihm vorzuwerfen, mit der „Lauben-Lobby“ unter einer Decke zu stecken, greift also nicht. Vielmehr interessiert sich Schlauch für Fragen der Stadtentwicklung und begann sich so, näher mit Benkos Projekt zu befassen. „Sein Shoppingcenter ist auf eine reine Kaufkraftumverteilung aus der Altstadt hin zu ihm ausgelegt. Das bietet keinen Mehrwert für Bozen und macht auch die Schätzungen zu mehr Arbeitsplätzen und Investitionen unwahrscheinlich“, sagt er. Insofern wunderte sich Schlauch über die Jubelpropaganda der Signa, über die scheinbar unabhängige Bürgergruppe, die schlagartig entstand und das Foto Hagers, das er auf deren Seite entdeckte. In Foren stieß er auf Huldigungen Benkos, die ihm derart surreal erschienen, dass er beschloss, dem noch einen draufzusetzen.

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Michael Schlauch betrieb eine Satire-Seite zu Benko

Im Internet baute er eine Satireseite als Gegenstück zur offiziellen Werbeseite der Signa. Darin persiflierte er den „Retter Benko“, ließ Geld über Bozen regnen, regte eine urbanistische Debatte über die Zukunft der Stadt an und postete auch einen Link. Wer die Zeile „mehr über unseren Heilsbringer erfahren“ anklickte, landete auf der Google-Startseite, die nach wie vor Suchergebnisse zu einer Episode vor Gericht zum Vorschein bringt, die Benko aus seiner Biografie gestrichen haben möchte. Seine Anwälte wollen den dunklen Punkt aus dem Jahr 2014 nicht mehr medial berichtet wissen, da die Sache längst aus allen Registern getilgt sei. So verwundert es nicht, dass kürzlich versucht wurde, dem Spiegel die Berichterstattung darüber zu verbieten. Und so dauerte es nicht lange, bis auch Michael Schlauch Post vom Gericht erhielt. Die Signa und Hager hatten ihn wegen der Satireseite geklagt. Das Verfahren wurde nach vier Jahren Laufzeit am 21.3.2019 eingestellt und Michael Schlauch in allen Punkten freigesprochen. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig.

„Wir haben uns auch Respekt verdient“, antwortet Hager auf den Vorwurf, mit Kanonen selbst auf kleinste Spätzchen zu schießen, „wir lassen uns nicht von jedem auf den Kopf steigen. Am Ende hast du Kopfweh.“ Wenn jemand etwas zu besprechen habe, solle er zu ihm kommen. Dass die Betreiber der Satireseite aber nicht die Kommunikation mit Hager, sondern mit jenen suchten, welche die Entwicklung der Stadt interessiert, erschließt sich ihm nicht. „Wenn man das so macht, dass wir durch den Kakao gezogen werden: nicht mit mir.“

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Toni Ebner, Chefredakteur der Tageszeitung „Dolomiten“

„Ötzi“ auf Benkos Berg

Was es heißt, Heinz Peter Hager zum Gegner zu haben, musste auch einer erfahren, vor dem sich in Südtirol sonst eher die anderen fürchten. Toni Ebner ist Chefredakteur der Dolomiten, der marktbeherrschenden Tageszeitung des Landes. Deren Mutter, die Athesia-Verlagsgruppe, ist im Besitz der Familie und dominiert den Medienmarkt Südtirols. René Benko kennt Ebner schon lange und beschreibt ihn „als einen Menschen, der die Fähigkeit hat, zu riechen, wo ein gutes Geschäft läuft.“ Insofern ist ihm klar, dass Benko von Beginn an einen Masterplan Bozen verfolgte. „Sicher ist, dass Baugenehmigungen ausgestellt worden sind, die kein Südtiroler Unternehmer je bekommen hätte.“

Es sei daher keineswegs ein Zufall, sondern von langer Hand geplant, dass nun auf das Einkaufszentrum auch der Versuch folge, den „Ötzi“ auf seinen Berg zu holen. Die Besucherströme würden dadurch noch stärker weg von der historischen Altstadt hin zu Benkos Einkaufszentrum und der daneben geplanten Talstation seiner Seilbahn gelenkt. „Wenn jeder der 300.000 Ötzi-Besucher im Jahr künftig fünf Euro für die Fahrt rauf bezahlt, muss man sich nur ausrechnen, wie schnell sich die Seilbahn rentiert“, gibt Ebner zu bedenken. Dass auch die Athesia dem Land eines ihrer Gebäude in der Innenstadt für ein vergrößertes „Ötzi“-Museum angeboten habe, sei dabei kein Geheimnis. Doch Benko scheint den Ebners einen Strich durch die Rechnung zu machen. Die Werbemaschinerie der Signa ist erneut angerollt. Perfekte Präsentationen im Beisein des eingeflogenen Stararchitekten sind  erfolgt und auch politisch scheint alles auf bestem Weg. „Wenn der Bürgermeister und der Landeshauptmann zusammenspielen“, sagt Ebner, „dann wird der ‚Ötzi‘ zu Benko auf den Berg hinaufverlegt.“ Die Fachkommission des Landes hat jedenfalls Benkos Virgl-Projekt für die Mumie bereits zur besten Variante erklärt.

Noch aber ist es oben auf dem Virgl ruhig. Der Blick geht hinunter ins Tal, in das sich Bozen drängt. Er schweift hinüber zum Bahnhofspark, wo bald die ersten Bäume gefällt und die Arbeiten an Benkos Einkaufszentrum beginnen werden. Der Blick zieht dann nur ein paar Dutzend Meter weiter, wo einmal die Talstation der Seilbahn platziert wird und gleich daneben zum alten Bahnhof, der künftig auch neu entwickelt werden soll. Dann gleitet der Blick hinunter in den Süden, wo der Flughafen von Bozen liegt. Auch ihn hätte René Benko gerne in seinem Portfolio. Vor wenigen Wochen haben er und sein Investor Hans Peter Haselsteiner ein erstes Angebot zu dessen Übernahme gelegt. „Standortinvestition“, nennt Benkos Statthalter Hager das: „So kommt es, dass das, was der Region gut tut, am Ende auch unseren Investitionen gut tut.“ 

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Update:

Der Artikel wurde am 28.3.2019 aktualisiert, da der Betreiber der Satireseite, Michael Schlauch, mittlerweile freigesprochen wurde. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Addendum Investigativ Podcast

Das Projekt Benko war für uns auch Anlass für ein Experiment: Das Addendum-Investigativ-Team fasst die Recherchen rund um René Benko in der ersten Podcast-Ausgabe zusammen – mit Interviewausschnitten, Hintergründen und der komplexen Firmenstruktur simpel erklärt. Jetzt anhören (und bei Spotify und iTunes abonnieren):

*Offenlegung: Alle Aussagen Hagers stammen aus einem mit Tonband aufgezeichnetem Interview, das im Beisein eines Fotografen am 22.1.2019 stattfand. Addendum war bereit, dem anfänglichen Wunsch Hagers, dieses Interview zu autorisieren, nachzukommen. Hagers Sprecher ließ jedoch zwei eingeräumte Fristen verstreichen. Am 11.2. meinte er schließlich, von einem Hintergrundgespräch ausgegangen zu sein, obwohl Hager selbst in dessen Vorfeld schriftlich zu einem Interview eingeladen hatte. Eine letzte gesetzte Frist verstrich am 13.2. Am Sonntag, dem 17.2. schickte der Sprecher am Abend schließlich eine von Hager autorisierte Variante des Interviews. Ganze Fragen- und Antwortblöcke waren darin komplett gestrichen, andere umformuliert worden. Von den ursprünglich eingereichten 11.455 Zeichen blieben gerade noch 2.322 Zeichen übrig. Aus diesem Grund entschloss sich Addendum, in diesem Text direkt aus dem geführten Interview zu zitieren.

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