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CBD in Österreich: Umkämpft und unkontrolliert
30. September 2018 Cannabis Lesezeit 6 min
In Österreich gibt es zwischen 80 und 100 CBD-Shops, sie vertreiben Öle, Tees oder Cremes auf Hanfbasis. Das Geschäft nimmt zu, bewegt sich aber in einem rechtlichen Graubereich, Kontrollen des Gesundheitsministeriums gibt es nicht. Ob die Produkte deshalb legal bleiben werden, weiß derzeit niemand.
Dieser Artikel gehört zum Projekt Cannabis und ist Teil 6 einer 7-teiligen Recherche.
Bild: Magu CBD

Seit der Eröffnung des ersten österreichischen CBD-Shops im Jahr 2017 ist der Markt regelrecht explodiert. Zum Verkauf stehen in diesen Läden verschiedenste Öle, Salben, Tees und auch CBD-Blüten, die meistens aus osteuropäischer Produktion, manchmal auch aus Österreich stammen. Im Gegensatz zu den sogenannten Head und Grow Shops, werden in diesen Geschäften keine Hanfpflanzen zum Verkauf angeboten. Vom Vorhaben der türkis-blauen Regierung, die den Verkauf dieser Stecklinge verbieten will, sind die Betreiber der CBD-Shops also nicht betroffen.

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Wie viele Geschäfte es in Österreich genau gibt, weiß allerdings niemand. Schätzungen zufolge sind es inzwischen 80 bis 100. Zählt man alle Händler mit, die nicht ausschließlich CBD-Produkte verkaufen, sollen es sogar 200 bis 300 sein. Man findet sie selbst in kleinen Dörfern mit nur wenigen hundert Einwohnern. Genaue Zahlen dazu gibt es deshalb nicht, weil der Handel mit Cannabidiol nicht einheitlich deklariert werden muss. Im Firmenverzeichnis der Wirtschaftskammer tauchen die Verkäufer ohne durchschaubares System und unter allen möglichen Bezeichnungen auf.

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Viel Umsatz, genaue Zahlen fehlen

Auch genaue Umsatzzahlen können nicht festgemacht werden. Schaut man aber in die USA, lässt sich erahnen, wie hoch das Potenzial ist. Dort soll das Marktvolumen von CBD-Produkten bis voraussichtlich 2020 auf über zwei Milliarden Dollar anwachsen. Gegenüber 2016 wäre das ein Wachstum von 700 Prozent.

CBD-Shops befinden sich in Österreich freilich immer noch in einer rechtlichen Grauzone, auch ob die Produkte legal bleiben werden, weiß niemand. Eine gesetzliche Zulassung und damit einhergehende Kontrolle durch das Gesundheitsministerium gibt es nicht. Wann eine solche kommen wird, ist ebenso unklar. Stattdessen sind Konsumenten darauf angewiesen, dass die Angaben der Verkäufer der Wahrheit entsprechen und die Produkte halten, was sie versprechen. Das ist aber offenbar nicht immer der Fall.

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Was ist Cannabidiol?

Cannabidiol (CBD) ist eines von 113 sogenannten Cannabinoiden in der Hanfpflanze Cannabis sativa bzw. indica und wirkt im Gegensatz zum bekanntesten Wirkstoff der Hanfpflanze, Tetrahydrocannabinol (THC), kaum psychoaktiv. CBD werden zahlreiche medizinische Wirkungen zugesprochen. Unter anderem soll es entkrampfend, entzündungshemmend, angstlösend und gegen Übelkeit wirken.

Entsprechende Präparate werden unter anderem bereits bei Epilepsie eingesetzt, um Symptome zu lindern. Mehreren Studien zufolge soll CBD zudem bei manchen Krebsarten das Wachstum der Krebszellen hemmen können. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat CBD zudem einen möglichen therapeutischen Nutzen für Menschen mit Alzheimer, Multipler Sklerose, Depressionen und weiteren Krankheiten.

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CBD als „neuartiges Lebensmittel“?

Laut Alexander Lacina, Geschäftsführer der CBD-Kryptofirma CBDoken ist die Frage nach der Legalität bzw. Illegalität hingegen schon geklärt: Alle Produkte mit mehr als drei Prozent CBD fallen unter die EU-Verordnung zu neuartigen Lebensmitteln. Deshalb dürften die meisten angebotenen Artikel gar nicht mehr verkauft werden, sagt Lacina; denn neuartige Lebensmittel  können erst nach einer Sicherheitsbewertung auf den Markt gebracht werden.

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Für CBD trifft dies allerdings nur dann zu, wenn der CBD-Gehalt im Endprodukt den in der Pflanze natürlich vorkommenden CBD-Gehalt überschreitet. Wie viel Prozent CBD als natürlich gelten, wird durch die Verordnung allerdings nicht festgelegt. Der österreichische Hanfbauer Michael Freisinger geht bei einer guten Ernte von etwa 2,5 bis drei Prozent aus.

Außerdem muss das Produkt ausdrücklich als Lebensmittel verkauft werden. Denn „die Entscheidung, ob Cannabidiol als medizinisches Produkt, als Nahrungsmittel oder Nahrungsergänzungsmittel zugelassen wird, obliegt den EU-Mitgliedstaaten“, so Edward Bray, Pressesprecher der Europäischen Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA), gegenüber Addendum.

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In Österreich steht diese Entscheidung noch aus. CBD und die daraus hergestellten Produkte gelten also nur dann als neuartige Lebensmittel, wenn sie als solche verkauft werden – und dafür bräuchten sie eigentlich eine Zulassung. Seriöse Händler achten allerdings darauf, klarzustellen, dass ihre Produkte nicht zum Verzehr empfohlen werden und es sich ausschließlich um Aromaprodukte handle. Darüber, wie die Produkte verwendet werden können, gibt man keine Auskunft. Wenn Kunden zum Beispiel die Blüten rauchen oder Öle konsumieren, geschieht dies auf eigene Gefahr.

Auf der Suche nach CBD-Produkten stößt man jedoch durchaus auf Händler, die ihre Produkte als Nahrungsergänzungsmittel anpreisen, manchmal beinhalten diese bis zu 20 Prozent CBD. Das natürliche Level dürfte damit überschritten sein, die Produkte müssten somit als neuartige Lebensmittel gelten – und dürften nicht verkauft werden.

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Legal oder illegal, das ist hier die Frage

Vorübergehende Rechtssicherheit brachte eine Novelle der Suchtgiftverordnung im Jahr 2017 mit sich. Unter anderem wurde damit klargestellt, dass es sich bei den aktuell verkauften CBD-Produkten nicht um Suchtgift handle, solange der THC-Gehalt den Grenzwert von 0,3 Prozent nicht übersteige. Zudem muss das CBD ausnahmslos aus einer Pflanze aus dem EU-Saatgutkatalog stammen.

Eigentlicher Beweggrund für die gesetzliche Klarstellung war jedoch nicht der Wunsch, CBD leichter verkäuflich zu machen. Stattdessen ging es dem Gesetzgeber darum, dass die Gewinnung und gewerbliche Nutzung von Hanffasern und -samen nicht durch die Weiterverarbeitung zu CBD-Produkten wie Ölen oder auch Blüten erschwert werden sollte.

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Wer sichergehen will, muss selbst testen

„Durch die Goldgräberstimmung rund um CBD sind leider auch unseriöse Anbieter auf den Markt gekommen“, erzählt Stefan Wolyniec, Geschäftsführer des Hanfshops Bushplanet im Interview mit Addendum. Teilweise würden inzwischen Produkte auf den Markt kommen, für die CBD-Reinsubstanz aus China importiert und in billigem Speiseöl aufgelöst wird, um dann als Diskont-Produkt verkauft zu werden, sagt Wolyniec.

Juri Alan Scotland von Magu CBD teilt diese Sorge. Denn wenn Händler wirklich sichergehen wollen, dass die verkauften Produkte die angegebene Menge CBD enthalten und keine Rückstände von Schwermetallen aufweisen, müsse man selbst testen. Bei regelmäßigen Tests komme man so schnell auf Kosten in Höhe von knapp 1.000 Euro pro Charge und Produkt.

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Ob alle Händler ihre Waren auf chemische Rückstände und Schwermetalle überprüfen, ist jedoch unklar. Nach Scotlands Kenntnis testen nur die AGES und das Labor Dr. Wagner mittels EU-zertifizierter Prüfmethode. Auch Magu CBD lässt seine Produkte mit diesem Verfahren testen.

Stefan Wolyniec und Martin Bauer von Bushplanet haben gemeinsam mit Branchenkollegen aus ebendiesem Grund den Wirtschaftsverband Cannabis Austria gegründet. Auf freiwilliger Basis sollen so eigene Regelungen entwickelt werden, um Qualitätsstandards sicherzustellen. Das Ziel ist, hierbei ein sicheres Produkt für die Konsumenten garantieren zu können.

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Als „neuartiges Lebensmittel“ gelten per EU-Verordnung alle Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, die vor dem 15. Mai 1997 nicht in nennenswertem Umfang in der Europäischen Union für den menschlichen Verzehr verwendet wurden.

Die Firma CBDoken führt Kryptowährung und den Verkauf von Cannabidiol zusammen, mit dem Ziel, die Produktpreise für Konsumenten zu senken. Das soll, vereinfacht gesagt, mit einem Gutscheinmodell bewerkstelligt werden. Für jede Flasche CBD-Öl, die zum Verkauf steht, existiert ein sogenannter Voucher-Token. Dieser Gutschein wird dann an die Blockchain gebracht, wo er frei gehandelt werden kann. Durch Angebot und Nachfrage soll sich dann der Preis selbst evaluieren und transparent sein.

Ungewisse Zukunft

Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) wies nach einer Addendum-Anfrage die Verantwortung bezüglich der gesetzlichen Bestimmungen zu Cannabidiol von sich. Zuständig sei das Gesundheitsministerium.

Auf Anfrage von Addendum teilte das Ministerium lediglich mit, dass sich die Prüfung der rechtlichen Situation rund um Cannabis in der Finalisierung befinde. Weitere Fragen blieben mit Verweis auf die Einstiegsfrage unbeantwortet.

Auch unter den Brancheninsidern, mit denen Addendum im Laufe der Recherchen sprach, besteht Konsens darüber, dass eine gesetzliche Regelung notwendig ist. Denn dann wüssten die Wirtschaftstreibenden, in welchem gesetzlichen Rahmen sie sich bewegen, was genau sie dürfen und was nicht. Zudem könnten sie genauere Auskunft über die verkauften Produkte geben. Gleichzeitig gehen damit Befürchtungen einher: Immerhin gab kürzlich Andreas Schiefer, Landesgremialobmann der Trafikanten, den Wunsch bekannt, dass CBD ausschließlich in Trafiken verkauft werden solle. 

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