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23. April 2020 Coronavirus Lesezeit 4 min
In den vergangenen Wochen wurden so viele Gesetze geändert, dass man leicht den Überblick verlieren kann. Wir haben sie grafisch aufbereitet und dabei einige Fehler gefunden.
Dieser Artikel gehört zum Projekt Coronavirus und ist Teil 61 einer 106-teiligen Recherche.
Bild: Georges Schneider | Apa

Der Artikel wurde am 13. Mai um 13 Uhr aktualisiert.

Der Nationalrat hat mit bisher 18 COVID-19-Paketen insgesamt 180 Gesetze geändert oder neu erlassen. Vier dieser COVID-19-Sammelgesetze wurden am 4. Mai vom Bundesrat beeinsprucht, der Nationalrat hat sich jedoch mit den Stimmen der Regierungsparteien und teilweise der Neos über diesen Einspruch hinweggesetzt. Damit sind nun alle 18 Pakete in Kraft. In der folgenden Grafik finden Sie daher einen Überblick diese Pakete und welche Gesetze durch die einzelnen Pakete verändert wurden.

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SPÖ und FPÖ haben im Bundesrat das 10., 12., 16. und 18. COVID-19-Sammelgesetz beeinsprucht. Die Beharrungsbeschlüsse des Nationalrats, mit dem diese Gesetze endgültig beschlossen wurden, wurden am 13. Mai getroffen.

In den folgenden beiden Grafiken finden Sie eine kurze Erläuterung, was in den einzelnen Gesetzen eigentlich geändert wurde. Um einen Überblick über diese Masse an Neuerungen bieten zu können, gliedert sie der Politometer nach Art der Änderung, Themenbereichen und Umfang. Da in den COVID-19-Pakten 1 bis 5 deutlich mehr Gesetze geändert oder neu beschlossen wurden, sind die Pakete 1 bis 5 und die Pakete 6 bis 18 getrennt dargestellt.

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Viele der Änderungen betreffen Fristen, die unterbrochen oder verlängert werden müssen, da aufgrund der Corona-Krise das soziale und wirtschaftliche Leben eingeschränkt ist. Thematisch ist das Feld der Fristverlängerungen sehr weit gefasst: Kraftwerke, die mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) arbeiten und dafür gefördert wurden, können nun später in Betrieb gehen, Anträge bei Gericht später gestellt und Prüfungen später abgelegt werden.

Andere Bestimmungen betreffen die Versorgungssicherheit. So werden bestimmte Einschränkungen im Gesundheitsbereich gelockert, Sanitäter von Zertifizierungen befreit oder der Gesundheitsminister ermächtigt, Ausnahmegenehmigungen für klinische Prüfungen zu erlassen. Um die Versorgung zu gewährleisten, wurde auch die Möglichkeit geschaffen, das Lkw-Wochenendfahrverbot aufzuheben. Außerdem darf beispielsweise die Abfallwirtschaft ihre Lagerkapazitäten überziehen.

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In der Eile vergessen

Bei all der Geschwindigkeit schlichen sich naturgemäß Fehler ein: Die Bundesländer wurden ermächtigt, „für den Fall einer Epidemie, Pandemie, terroristischen Bedrohung, kriegerischen Auseinandersetzung oder sonstigen Krisensituation“ bestimmte Ausnahmen im Spitalsbereich zu verfügen. Gleichzeitig wurde die Grundsatzbestimmung auf ein halbes Jahr befristet, was die Frage aufwirft, mit welchen kriegerischen Auseinandersetzungen der Nationalrat bis zum Ende des Jahres noch rechnet. Vermutlich wurde nachträglich das Außerkrafttreten der ursprünglich auf Dauer geplanten Bestimmung eingefügt, ohne den Wortlaut anzupassen. Bei den Erläuterungen zur Änderung des KWK-Gesetzes wurden die Erläuterungen zur vorhergehenden Änderung des Ökostromgesetzes kopiert, ohne den Inhalt zu ändern.

In das 2. COVID-19-Gesetz schlich sich eine rückwirkende Strafbestimmung ein, die – auch wenn sie keine tatsächlichen Auswirkungen haben konnte – eindeutig verfassungswidrig war. Bundespräsident Alexander Van der Bellen unterschrieb, auch wenn sein Vorgänger Heinz Fischer in einem gleich gelagerten Fall die Beurkundung eines Gesetzes verweigert hatte.

Das COVID-19-Maßnahmengesetz, auf dessen Grundlage viele Beschränkungen des Alltagslebens verordnet wurden, erhielt bereits beim Beschluss im Nationalrat einen § 2a, weil man die übrigen Bestimmungen in der Eile nicht mehr umnummerieren wollte. Auch bei der Übertragung ins Rechtsinformationssystem passierten Fehler. Die konsolidierte Fassung des COVID-19-Maßnahmengesetzes bekam aus Versehen einen doppelt mit „(2) (2)“ bezeichneten Absatz, der Absatz 1a wurde wiederum an der falschen Stelle eingefügt.

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Eigentlich sollten bereits 18 COVID-19-Gesetze beschlossen sein, vier hängen allerdings noch im Bundesrat fest. So gibt es nun ein 17. COVID-19-Gesetz, aber noch kein zwölftes. Ursprünglich wurden versehentlich zwei sechste Gesetze eingebracht, das zweite davon dann aber als 18. nummeriert.

Verpfuschter Kündigungsschutz

Bei einer Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes wurde vor Beschlussfassung aus einem Absatz wohl versehentlich eine Ziffer. Offenbar hätte die Möglichkeit geschaffen werden sollen, dass vom Virus besonders gefährdete Personen aufgrund eines ärztlichen Attests dienstfrei gestellt werden müssen und im Fall einer Kündigung vor Gericht gehen können. Im Gesetz steht aber Folgendes:

„Legt ein Betroffener seinem Dienstgeber dieses COVID-19-Risiko-Attest vor, hat er Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung und Fortzahlung des Entgelts, außer … eine Kündigung (, Anm.) die wegen der Inanspruchnahme der Dienstfreistellung ausgesprochen wird, kann bei Gericht angefochten werden.“ 

Dass sich nur freistellen lassen kann, wer nicht auf Wiedereinstellung klagen darf, ergibt freilich keinen Sinn.

Im Laufe der Krise nahm die Regelungswut zwar ab – mit den letzten neun Paketen wurden nur mehr 21 der insgesamt 161 Gesetze geändert oder erlassen – die Fehler aber blieben. In gleich drei Gesetzesanträgen vergaß man, dass im Wirtschaftsministerium derzeit eine Frau Ressortchefin ist und ermächtigte den „Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort“, Verordnungen zu erlassen. Genau genommen wurde auch dieser nicht existente Minister nur „ermächtig“ – man hatte das „t“ vergessen.

Bei anderen Bestimmungen vergaß man darauf, das Außerkrafttreten zu regeln, obwohl sie mit Ende des Jahres ohnehin gegenstandslos werden, weil beispielsweise die Verordnungsermächtigung ausläuft. So wird die Frist im Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, nach der gegen unfaire Postenbestellungen oder Kündigungen vorgegangen werden kann, bis 30. April gehemmt. Vizekanzler und Beamtenminister Werner Kogler kann bis Ende des Jahres eine weitere Stundung verordnen, danach wird die Bestimmung unanwendbar, bleibt aber in Kraft. Diese und andere legistische Karteileichen werden der Rechtsordnung wohl bis zur nächsten großen Rechtsbereinigung erhalten bleiben. 

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