Die Tests sind das erste Nadelöhr in der Corona-Krise: Nach wie vor dauert es teilweise bis zu drei Tage, bis potenzielle COVID-19-Patienten getestet werden, obwohl dafür im Idealfall ein Zeitraum von 24 Stunden eingehalten werden sollte. Je nach Bundesland werden diese Tests nach wie vor von der Rettung oder dem Ärztefunkdienst durchgeführt – neben ihren eigentlichen Arbeiten. Nur teilweise und nicht in allen Bundesländern wurden eigene Teams gebildet, die Tests bei Patienten durchführen. Offiziellen Angaben zufolge, sind in den Labors nun ausreichend Kapazitäten vorhanden. Dass diese bei einer potenziellen zweiten Welle mit mehreren hundert Neuerkrankungen pro Tag ausreichen würden, ist unwahrscheinlich. Denn im Moment kommen die Labors teilweise noch immer nicht nach.
Wird eine Person auf eine meldepflichtige Krankheit getestet, muss das Ergebnis innerhalb von 24 Stunden im Epidemiologischen System (EMS) eingemeldet werden. Der Mangel an COVID-19-Testlaboren führte im Frühjahr oft zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung: Die Frist für die Einmeldung konnte nicht eingehalten werden. Wenn ein Labor einmeldet, kann es sein, dass der Bezirk des Labors erfasst wird und nicht der des Patienten, daher erkennt das EMS nicht immer die richtigen Standorte. Aus diesem Grund mussten die jeweiligen Gesundheitsämter die Daten der Patienten anschließend kontrollieren und gegebenenfalls korrigieren. Zu Zeiten, in denen mehr als 1.000 Neuerkrankungen pro Tag gemeldet wurden, konnte es aufgrund dieser Fehlerbehebungen auch zu einer negativen Zahl an Neuerkrankungen in einzelnen Bezirken kommen. Es entstand der Eindruck, dass die Statistiken unglaubwürdig oder zumindest ungenau sind.
Neben der ersten Frist zum Einmelden des Ergebnisses in das EMS scheiterten die Gesundheitsämter im Frühjahr im zeitgerechten Ausstellen der Absonderungsbescheide. Die Quarantäne muss spätestens 24 Stunden nach dem Laborergebnis verhängt werden. Meldet das Labor jedoch nicht rechtzeitig ein und sind die Gesundheitsämter überarbeitet, wird diese Frist nicht immer eingehalten. Immerhin müssen die Gesundheitsämter eine Person auch innerhalb von 24 Stunden nach dem Ansuchen um einen Test anrufen und mit dem Contact Tracing beginnen. Innerhalb weiterer 24 Stunden sollten alle Kontakte gefunden und benachrichtigt werden. In einigen Gesundheitsämtern hat das Finden aller Kontaktpersonen aber bis zu zwei Tagen gedauert, also so lange, wie es ab dem ersten Anruf des Patienten mit dem Ansuchen um einen Test dauern sollte. Die Wartezeiten auf die Tests sind hier noch gar nicht eingerechnet.
Positiv getesteten Patienten werden in das epidemiologische Meldesystem (EMS) eingemeldet. Wer ein negatives Testergebnis hat, wird aber nicht in allen Bundesländern automatisch informiert. In Wien wurde dafür eine eigene Stelle eingerichtet. In manchen Bezirken riefen die Patienten im Frühjahr in den Gesundheitsämtern an, um ihre Testergebnisse zu erfahren. Die Gesundheitsämter erhielten aber nicht immer die negativen Befunde von den Laboren. Sie waren außerdem mit dem Abarbeiten der positiv Getesteten ausgelastet. Ihnen mussten Bescheide ausgestellt und regelmäßig nachtelefoniert werden, um Symptome und Kontaktpersonen zu erfassen. Manche Gesundheitsämter zogen im Frühjahr Personal aus anderen Abteilungen zur Hilfe, in Vorarlberg wurde eine eigene Taskforce gegründet, in Teilen Niederösterreichs die Anzahl der Mitarbeiter vervierfacht. Mitarbeiter, die aufgrund der (Ausgangs-)Beschränkungen nicht normal arbeiten konnten, wie etwa bei der Ordnungswache oder in Stadtbibliotheken wurden teilweise zur Unterstützung eingeteilt und halfen mit, Telefonlisten abzuarbeiten.
Pläne für dauerhafte Personalaufstockungen wurden von keinem der Gesundheitsämter, von denen Antworten vorliegen, gemeldet. Mehr Mitarbeiter stehen also nur dann zur Verfügung, falls es noch einmal zu einem Lockdown kommen sollte und sie andernorts abgezogen werden könnten. Einzelne Amtsärzte sprechen von rund 100 Überstunden im Monat im Frühjahr.
Hinter der Recherche
Addendum hat versucht, die Arbeitsbedingungen in den Gesundheitsämtern zu erheben und einen Fragebogen an alle 96 Ämter des Landes ausgeschickt, um herauszufinden wo die Probleme beim Nachvollziehen des Epidemieverlaufes lagen. Die Antworten fielen allerdings spärlich aus. Einige Ämter gaben an, keine Zeit für Antworten zu haben, die Arbeitslast sei nach wie vor zu groß. Andere schickten die Anfrage an die Landesstellen weiter, in zwei Bundesländern wurde zentral geantwortet, zwei weitere verwiesen auch auf dieser Ebene auf die hohe Arbeitslast, die keine Zeit für Antworten lassen würde. Wieder andere Bundesländer versprachen Antworten, konnten aber auch nach mehrmaligen Urgieren nicht zum Antworten gebracht werden. Interessant ist ebenfalls, dass manche Personen sich anonym meldeten. Sie stellten Informationen zur Verfügung, hatten aber Sorge, dass höherrangige Stellen mit ihren Berichten Probleme haben und fürchteten offenbar Konsequenzen.