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In St. Corona am Wolfgang­see
31. Juli 2020 Coronavirus Lesezeit 2 min
St. Gilgen am Wolfgangsee verbietet Veranstaltungen aufgrund eines Corona-Clusters im Nachbarort, trotz wackliger Rechtsgrundlage und weiterlaufendem Tourismusbetrieb.
Dieser Artikel gehört zum Projekt Coronavirus und ist Teil 103 einer 106-teiligen Recherche.
Bild: Tobias Steinmaurer | Apa

Die Corona-Krise hat wiederholt gezeigt, wie wichtig die Abstimmung der einzelnen Maßnahmen zwischen Bund und Ländern ist. Die Gemeinden haben sich bisher zum Großteil darauf beschränkt, das umzusetzen, was auf höheren Ebenen beschlossen wurde. Eine Ausnahme bildete Ramsau in der Steiermark, wo der Bürgermeister versuchte, die Ortschaft per Verordnung von der Außenwelt abzuriegeln – was von der Gemeindeaufsicht des Landes umgehend kassiert wurde.

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Nun regt sich jedoch ein ähnlich unabhängiger Geist am Wolfgangsee. Nachdem in der Nachbargemeinde St. Wolfgang ein SARS-CoV-2-Cluster aufgetreten war, beschloss der Bürgermeister von St. Gilgen eigenmächtig ein vollständiges Veranstaltungsverbot bis zum 6. August. Die Gastronomiebetriebe des Ortes laufen indes weiter, dort gilt nur eine von der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung verordnete Maskenpflicht für die Mitarbeiter.

Die Bezirkshauptmannschaft ist als Gesundheitsbehörde auch für die Vollziehung des Epidemiegesetzes wie des COVID-19-Maßnahmengesetzes zuständig. Die ortspolizeiliche Verordnung des Bürgermeisters hat hingegen eine eher eigenwillige Rechtsgrundlage. Das Veranstaltungsverbot stützt sich darin unter anderem auf die Ermächtigung zur Erlassung ortspolizeilicher Verordnungen in „§ 118 Abs 4 und Abs 6 Bundesverfassungsgesetz“, gemeint ist wohl Art 118 Abs 4 und Abs 6 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

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Sankt Wolfgang am Wolfgangsee
Bild: Daniel Scharinger | Apa
Corona-Warntafel in Sankt Wolfgang am Wolfgangsee
Bild: Daniel Scharinger | Apa

Abgesehen davon dürfen ortspolizeiliche Verordnungen Bundes- und Landesrecht nicht widersprechen. Die derzeit geltenden Gesetze und Verordnungen erlauben jedoch die Abhaltung von Veranstaltungen mit Mund-Nasen-Schutz und Abständen. Ein Verbot durch die Gemeinden sehen sie jedoch nicht vor.

Der Alleingang führt zu einer durchwachsenen Situation, was die COVID-19-Maßnahmen in St. Gilgen betrifft. Während die Gäste in den Lokalen ein Glas Wein auch ohne Mundschutz trinken dürfen, müssen geplante Kulturveranstaltungen trotz Maskenpflicht und Abständen abgesagt werden. Die lokale Maßnahme führt zu Verdrängungseffekten. Das Kindermusikfestival St. Gilgen findet nun im nahen Bad Ischl statt.

Besondere Durchsetzungskraft besitzt das Verbot aber ohnehin nicht. Der verordnende Bürgermeister hat vergessen, die „Nichtbefolgung als Verwaltungsübertretung zu erklären“, wie es das Bundes-Verfassungsgesetz vorsieht. Insofern ist die Abhaltung von Veranstaltungen in St. Gilgen derzeit zwar verboten, aber nicht strafbar. 

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