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Kulturpolitik in der Krise
23. April 2020 Coronavirus Lesezeit 3 min
Bisher 38 Milliarden Euro an Unterstützungsgeldern hat die Regierung zugesichert, um die österreichische Wirtschaft durch die Krise zu bringen. Für den Kulturbetrieb sieht es hingegen düster aus, vor allem freischaffende Künstler befinden sich oft in einer prekären Lage.
Dieser Artikel gehört zum Projekt Coronavirus und ist Teil 63 einer 106-teiligen Recherche.
Bild: Helmut Fohringer | APA

Die Kunst- und Kulturszene ist in Aufruhr, nicht zuletzt aufgrund der missglückten Pressekonferenz von Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek und Vizekanzler und Kulturminister Werner Kogler vergangenen Freitag, bei der mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet wurden. Auch die begrifflichen Verwirrungen der Staatssekretärin, die unter anderem wiederholt von Trainings statt Proben sprach, sorgten bei vielen Künstlern für Unmut.

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Während die Regierung der Wirtschaft des Landes bisher 38 Milliarden Euro an Unterstützungsgeldern zugesichert hat, sieht es für den Kulturbetrieb düster aus, vor allem freischaffende Künstler sehen sich in ihrer wirtschaftliche Existenz bedroht. Sie können allenfalls auf Gelder aus dem COVID-19-Härtefallfonds oder des Künstlersozialversicherungsfonds hoffen.

Verantwortlich dafür ist eine Klausel in den Verträgen, die sogenannte Force Majeure oder höhere Gewalt. „Dabei handelt es sich um ein außerordentliches, außergewöhnliches, elementares, nicht vorhersehbares Ereignis“, erklärt Jurist Patrick O. Kainz.

Zu den Betroffenen dieser Klausel zählt auch der Opernsänger Günther Groissböck, gemeinsam mit Kollegen fordert er eine einheitliche rechtskonforme europaweite Regelung in Sachen Bezahlung für freischaffende Künstler. Andernfalls werde man vor Gericht ziehen, droht Groissböck im Kulturtalk bei ServusTV am Mittwochabend. „Man kann sich nicht auf unserem Rücken gesundsparen.“

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Die Risikoverteilung, wer im Falle höherer Gewalt im Ernstfall „draufzahlen“ muss, gestaltet sich im Arbeitsrecht und somit für die angestellten Künstler ähnlich:

Damit die Force Majeure bei angestellten Künstlern nicht zum Tragen kommt, wurde eine Gesetzesänderung vorgenommen, demnach haben sie trotz höherer Gewalt weiterhin Anspruch auf ihr Gehalt. Bei freischaffenden Künstlern hat man diese Gesetzesänderung nicht vollzogen.

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Kulturbetrieb ab September?

Laut Kulturstaatssekretärin könnte der Kulturbetrieb im September wieder starten. Daran glauben allerdings die wenigsten, denn die Auflagen für Veranstaltungen und Proben lösen bei vielen lediglich Kopfschütteln aus. So müsse pro Zuschauer 20 Quadratmeter Platz zur Verfügung stehen. Das wäre vielleicht organisatorisch möglich, aus wirtschaftlicher Sicht allerdings sinnlos.

Ab Mitte Mai soll es jedenfalls Erleichterungen für Museen und Bibliotheken geben, sie dürfen wieder aufsperren. Überraschend ist daher die Aussage, dass die Bundesmuseen dennoch bis Juli geschlossen bleiben. Im Kunsthistorischen Museum sind alle Mitarbeiter in Kurzarbeit, im Naturhistorischen Museum hingegen nur etwa ein Drittel der Belegschaft. „Die 350 Mitarbeiter bauen Urlaube und Zeitausgleich ab“, sagte Vizedirektor Herbert Kritscher vor zwei Wochen dem Standard. „Die Wissenschafter und andere Beschäftigte arbeiten weiter, die leben ja im Museum.“ Lediglich 120 Mitarbeiter, die in erster Linie für die Besucher zuständig sind, wurden für die Kurzarbeit angemeldet.

Auch ein Blick auf die Bundestheater, zu denen die Staatsoper, die Volksoper und das Burgtheater zählen, zeigt, dass es staatsnahen Betrieben in dieser Krise deutlich besser geht als allen anderen. Die Häuser bekommen insgesamt 162 Millionen Euro an Subventionen, zusätzlich werden auch hier aufgrund des Kurzarbeitermodells 80 Prozent der Personalkosten vom Staat übernommen. Laut dem Geschäftsführer der Bundestheater-Holding Christian Kircher sind auch seine Häuser von hohen Verlusten betroffen, insgesamt geht er von etwa 21 Millionen aus. „Auch wir sind von der Krise stark betroffen, aber wir sind natürlich in der privilegierten Situation, dass wir auch nach dieser Krise wieder aufsperren werden, die Frage ist, in welcher Form.“

Bislang hat die Regierung bei vielen Künstlern eher für Verwirrung statt für Klarheit gesorgt. Was fehlt, ist auch eine durchführbare Strategie für den Herbst, damit der Kulturbetrieb wieder hochfahren kann und die prekäre Lage der freischaffenden Künstler ein baldiges Ende nimmt. 

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Der Artikel wurde am 24. April um 19 Uhr aktualisiert.

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