Ja, wir leiten ein amtswegiges Prüfverfahren gegen die Post ein“, kündigte die Leiterin der österreichischen Datenschutzbehörde, Andrea Jelinek, im Ö1-Mittagsjournal vom 8.1.2019 an. Grund dafür sind Recherchen von Addendum zum Datenhandel der Post , die aufdeckten, dass die Post bei den Datensätzen von rund 2,2 Millionen Österreichern auch die Parteiaffinität speichert und an politische Wahlwerber weiterverkauft.
Die Datenschutzbehörde wird sich den Fall also genauer anschauen und prüft, ob ein Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten ist. Zuallererst muss aber die Post im Beschwerdeverfahren gegenüber der Behörde innerhalb von zwei bis drei Wochen zu den Vorwürfen Stellung beziehen, dass sie eben vermeintlich sensible Daten von Bürgern sammelt und weiterverkauft. Danach hat die Post die Möglichkeit, die Rechtsverletzung bis zum Abschluss des Verfahrens von der Datenschutzbehörde zu beseitigen. „Seit Mai 2018 reden wir hier von über 1.000 Beschwerdeverfahren. Im Gegenzug reden wir aber von nur 120 Verwaltungsstrafverfahren, die anhängig gemacht worden sind“, erklärt der stellvertretende Leiter der Datenschutzbehörde Matthias Schmidl gegenüber Addendum.
Das Statement der Post dazu: „Alle rechtlichen Grundlagen, Gewerbeordnung und DSGVO werden strengstens eingehalten.“
Was die umstrittenen „Parteiaffinitäten“ betrifft, stellt der Sprecher der Post, Michael Homola, in einer Nachfrage übrigens klar, dass diese weiterhin vermarktet werden: „Da wir uns, wie mehrmals mitgeteilt, vollkommen rechtskonform verhalten, werden wir auch weiterhin Parteiaffinitäten vermarkten.“
„Als Rechtsgrundlage gilt die Gewerbeordnung, die die für den Adresshandel relevante Norm ist – sowohl die Gewerbeordnung als auch die Datenschutzgrundverordnung werden auf das Strengste eingehalten. Laut Gewerbeordnung (GewO) § 151 Abs. 5 dürfen Daten (Name, Adresse, Geburtsdatum etc.) ermittelt werden. Laut § 151 Abs. 6 GewO dürfen diesen erhobenen Daten von Personen weitere Marketinginformationen auf Grund von Marketinganalyseverfahren zugeschrieben werden. Dies bedeutet, dass zu Name, Adresse und Alter etc. weitere Daten auf Grund von Analysen hochgerechnet werden dürfen, solange diese Daten für Werbezwecke verwendet werden. Das sind eben jene Daten wie zum Beispiel Bioaffinität oder Parteiaffinität. Ebenfalls laut § 151 Abs. 6 GewO dürfen diese errechneten Daten an Dritte übermittelt werden.“
Addendum-Artikel zu Datenhandel der Postmit Parteiaffinitäten wurde veröffentlicht
Prüfverfahren der Datenschutzbehörde wurde eingeleitet
Die Post kündigt an, die Datensätze zur Parteiaffinität zu löschen
Entscheidung der Datenschutzbehörde, ob ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wird oder nicht.
Sollte die Datenschutzbehörde zum gleichen Schluss wie die zitierten Datenschützer von epicenter.works kommen – dass diese Form der Speicherung und Weitergabe der Parteiaffinität nicht legal ist – drohen der Post Strafen. Der mögliche Strafrahmen variiert, je nachdem welche Norm anzuwenden ist (Art. 83 DSGVO oder § 62 DSG) zwischen 20.000.000 Euro oder 4 Prozent des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes – je nachdem welcher Betrag höher ist – und 50.000 Euro. „Wenn sensible Daten ohne ausreichende Rechtsgrundlage verarbeitet werden, dann steht diese Strafe im Raum“, so Matthias Schmidl von der Datenschutzbehörde.
Die Datenschutzbehörde weist jedoch darauf hin, dass bei der Verhängung einer Geldstrafe „das Gebot der Verhältnismäßigkeit“ zu wahren ist. Die Dauer von solchen Verfahren betrug laut Behörde (bei alleiniger Zuständigkeit) übrigens zuletzt durchschnittlich vier Monate.
Es bleibt also abzuwarten, wie die Datenschutzbehörde den Fall und besonders die Speicherung der Parteiaffinität von Millionen Österreichern einschätzt.
Ob Sie von der Post als ÖVP-, SPÖ-, FPÖ-, grün- oder NEOS-affin eingeschätzt werden und an wen diese Daten weiterverkauft wurden, können Sie ganz einfach selbst herausfinden – mit einem Ansuchen an den Datenschutzbeauftragten.
Im sogenannten Auskunftsbegehren muss die Post innerhalb eines Monats offenlegen, welche Informationen sie über die jeweilige Person gespeichert hat, wo Daten gesichert werden und an wen die Daten weitergegeben worden sind.
So kommen Sie zu den Daten:
Weiters kann es vorkommen, dass die Identität per Mail oder Telefon nochmals überprüft wird. Erfahrungsgemäß drängt die Post auch – ohne rechtliche Grundlage – auf Übermittlung eines Ausweises. Verweigert man die Übermittlung berechtigterweise, schickt sie die Auskunft als eingeschriebene Sendung. Wenn Sie innerhalb der kommunizierten Frist keine Antwort erhalten, können Sie sich an die Datenschutzbehörde wenden.
Offenlegung: Addendum hat im Dezember 2018 Adressen bei der Österreichischen Post gemietet und an diese die Addendum-Zeitung verschickt.