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Viele Experten sagen, dass eine Rückkehr zur „Normalität“, also eine Beendigung einschränkender Maßnahmen und verordneter Verhaltensregeln, erst mit der Anwendung eines Impfstoffs gegen SARS-CoV-2, den Erreger von COVID-19, möglich sei. Jüngst hat sich Frank Ulrich Montgomery, der Vorsitzende des Weltärztebundes, sogar für eine Impfpflicht ausgesprochen. Diese sollte ihm zufolge nicht durch einen direkt ausgeübten Zwang, sondern über Einschränkungen für Nicht-Geimpfte durchgesetzt werden, sobald ein Impfstoff zugelassen wurde. Kritiker bezeichnen dieses Modell oft als Impfpflicht durch die Hintertür. Als Zeitrahmen für die Zulassung ist häufig von 12 bis 18 Monaten die Rede.
Derzeit wurden laut Aufzeichnungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durch pharmazeutische Unternehmen weltweit 124 Impfstoffkandidaten gegen SARS-CoV-2 angemeldet. Die überwiegende Mehrheit davon befindet sich weit zurück in einer präklinischen Phase. Zehn Kandidaten wurden bislang für eine frühe klinische Phase zugelassen, nämlich vorwiegend für die Phase 1 oder 2. Die erste Phase dient der Testung der allgemeinen Verträglichkeit an einer geringen Teilnehmerzahl. Hier wird auch festgestellt, ob sich der Impfstoff im Körpergewebe oder in den menschlichen Zellen wie erwartet verhält. Die zweite Phase soll in Erfahrung bringen, ob nach der Verabreichung des Impfstoffs überhaupt eine Immunisierung eintritt und wie die Dosierung angesetzt werden sollte. In diesem Stadium nehmen in der Regel unter 1.000 Freiwillige teil. Es gibt Fälle, in denen die zweite klinische Phase mehrere Jahre gedauert hat, um die Erkenntnisse zu Dosierung und Immunantwort abzusichern. Denn bereits in der zweiten klinischen Phase ist es üblich, ausreichende Follow-up-Zeiträume einzuhalten. Das sind längere Perioden nach Verabreichung eines Arzneistoffs, in deren Verlauf das Befinden der Patienten aus Sicherheitsgründen regelmäßig kontrolliert wird, bevor das Prozedere voranschreitet.
Im Hinblick auf Sicherheit ist jedoch die dritte klinische Phase die wichtigste. Nur ein Impfstoff – und zwar ein genetischer – hat es bisher an den Beginn der dritten klinischen Phase geschafft. In diesem Stadium wird untersucht, ob der Impfstoffkandidat zu einer zufriedenstellenden Langzeiteffizienz führt, also ob die Immunisierung ausreichend lange anhält. Im Hinblick auf die Sicherheit ist diese Phase 3 besonders wichtig, da dabei auch mögliche Langzeitnebenwirkungen registriert werden sollen, also negative Folgen für die Gesundheit, die zeitverzögert eintreten. Die Follow-up-Phasen sind in diesem klinischen Stadium von größter Bedeutung. Daher dauert die Phase 3 üblicherweise vier bis sechs Jahre, manchmal länger. Es liegt auf der Hand, dass jede Verkürzung dieser Phase zwangsläufig zu einem Anstieg des Risikos führt, weil Langzeitnebenwirkungen dann übersehen werden können. Die ausreichend langen Follow-up-Zeiträume sind das A und O der Arzneimittelsicherheit. Unterm Strich werden in die dritte klinische Phase normalerweise mehrere tausend Teilnehmer einbezogen, aber nicht alle auf einmal, sondern sukzessive unter einem langfristigen Monitoring. Zusicherungen, dass der neue Impfstoff „sicher“ sein werde, sind als bloße Lippenbekenntnisse zu bewerten, sofern zugleich von nur zwölf bis 18 Monaten Wartezeit die Rede ist. Es gibt nur schnell oder sicher. Beides zugleich ist ein Ding der Unmöglichkeit.
Der Virologe Christian Drosten gehört zu denjenigen, die genetische Impfstoffe favorisiert haben. Er empfahl, die Aussetzung von Impfregularien für eine beschleunigte Zulassung in Erwägung zu ziehen, verwies aber in Entscheidungs- und Haftungsfragen auf den Staat. Ähnlich positionierte sich Bill Gates, der sich für genbasierte Vakzine ausspricht, in die er schon zuvor vielfach investiert hat. Auch Gates verwies in einem BBC-Interview bezüglich Entscheidung und Haftung auf die öffentliche Hand, empfahl aber zugleich deutliche Verkürzungen bei der Zulassung: „Es wird Abstriche geben. Wir werden weniger Sicherheitstests als typischerweise haben“, sagte er wörtlich. Auch er sprach von 18 Monaten oder weniger.
Englisches Originalzitat: „There will be a trade-off, we will have less safety testing than we typically would have“. BBC Breakfast (2020), Interview mit Bill Gates vom 12.04.2020 (Youtube)
Genetische Impfstoffe basieren auf dem Transfer von Nukleinsäuren. Das sind die chemischen Bausteine der Gene. Etwa die Hälfte aller 124 bei der WHO gemeldeten Kandidaten sind genetische Impfstoffe. Relevant ist vor allem, dass auch 50 Prozent der Kandidaten, die es bisher in die klinischen Phasen geschafft haben, genbasiert sind. Das sind fünf von zehn. Darunter befinden sich ein DNA-Impfstoff, zwei RNA-Impfstoffe und zwei sogenannte virale Vektorimpfungen, bei denen gentechnisch veränderte Viren als Überbringer der genetischen Information eingesetzt werden. Streng genommen verfügen sogar sechs genetische Impfstoffe gegen COVID-19 über eine formale Zulassung für die klinische Testung, denn ein weiterer RNA-Impfstoff eines britischen Unternehmens scheint in der Liste der WHO nicht auf. Folglich muss man attestieren, dass mehr als die Hälfte der Kandidaten, die zur klinischen Testung zugelassen wurden, derzeit genbasiert sind. Vor allem aber ist der einzige Impfstoff, der in Windeseile an den Beginn der dritten klinischen Phase vorgerückt ist, ein genetischer Kandidat. Die derzeitige Nummer 1 ist also eine Gentechnologie. Pharmakonzerne haben großes Interesse, diese neuen Biotechnologien auf dem Fundament der aktuellen globalen Krise durchzusetzen. Parallel dazu findet deutliches mediales Lobbying für diese Kandidaten statt.
Genetische Impfstoffe sind wenig erprobt und wurden noch nie breitenwirksam eingesetzt. Sie wirken völlig anders als konventionelle Methoden. Bei den genetischen Impfstoffen kommt es zu einer Manipulation der Proteinbiosynthese in unseren Zellen. Das heißt, unser Körper wird dahingehend manipuliert, dass er selbst ein virales Protein herstellt, zum Beispiel eines, das dem Stachelprotein an der Hülle des Coronavirus ähnelt. Unsere Zellen werden sozusagen als Kopiermaschinen für virale Antigene benutzt. Dazu muss die genetische Information für das virale Protein in unsere Zellen eingeschleust werden. Drei verschiedene Methoden stehen hierbei zur Verfügung.
Das Einschleusen der Information kann einerseits durch RNA geschehen – die sogenannte Ribonukleinsäure. Das Coronavirus ist ein RNA-Virus. Sein Genom liegt also als RNA vor und nicht als DNA. Für die Impfung wird die virale Boten-RNA oder mRNA (englisch „messenger RNA“) synthetisch hergestellt. Dabei handelt es sich um Transkripte, also Abschriften von bestimmten viralen Genabschnitten. Diese Abschriften beinhalten die Information für den Bau des Proteins. Natürlich muss die mRNA für die Impfung so manipuliert werden, dass sie unserer eigenen ausreichend ähnelt, denn sie soll ja „versehentlich“ in unsere Proteinherstellung eingebunden werden. Dazu muss man wissen, dass auch in unseren eigenen Zellen laufend mRNA erzeugt wird. Denn unsere DNA wird zuerst in mRNA überschrieben – man nennt das Transkription – und danach dient diese mRNA als Kopiervorlage für die Herstellung von Proteinen. RNA-Impfungen tricksen unsere Zellen aus, sodass die winzigen „Proteinfabriken“ der Zelle die Proteine des Virus herstellen.
Dasselbe Ziel verfolgen über einen etwas komplizierteren Mechanismus die DNA-Impfungen. (DNA steht übrigens für Desoxyribonukleinsäure.) Aber auch diese führen dazu, dass unsere Zellen am Ende mRNA des Virus beinhalten und das virale Antigen herstellen. Die dritte Variante der Gen-Impfstoffe, die viralen Vektorimpfungen, sind noch komplizierter. Dabei wird genetisch manipulierte RNA oder DNA in ein Transportvirus eingesetzt und dieses führt über genetische Integrationsmechanismen zur Freisetzung der Information in unseren Zellen, wieder mit dem Ergebnis, dass am Ende wir selbst das Protein des Coronavirus herstellen.
Wenn alles nach Plan läuft, bildet unser Immunsystem Antikörper gegen die Proteine des Coronavirus, die unsere eigenen Zellen in ihren zellulären Proteinfabriken produziert haben.
An den soeben beschriebenen genbasierten Impfstoffen laborieren Pharmakonzerne schon seit 20 Jahren herum. Noch nie war ein erfolgreicher Kandidat dabei. Im renommierten New England Journal of Medicine wurde über Versuche mit RNA-Impfstoffen gegen SARS und MERS berichtet, die abgebrochen werden mussten, weil sich im Tierversuch zeigte, dass es zu einer schwerwiegenden Autoimmunreaktion mit Entzündungen des Lungengewebes kam. Dies wurde auf eine Überreaktion der T-Helferzellen des Typs 2 zurückgeführt, welche die Stärke einer Immunreaktion regulieren. Man beachte, dass es sich dabei um einen gescheiterten RNA-Impfstoff gegen Coronaviren handelte, denn sowohl SARS als auch MERS werden von Erregern aus dieser Virenfamilie ausgelöst.
Auch bei den DNA-Impfstoffen sind ungewollte Autoimmunreaktionen das größte Risiko. Aber zusätzlich kommt bei diesen Impfstoffen noch die Gefahr der möglichen unbeabsichtigten Aufnahme genetisch manipulierter DNA in unseren Zellkern hinzu. Diese Möglichkeit wurde sogar von Forschern festgehalten, die selbst an DNA-Impfstoffen arbeiten, zum Beispiel im Asian Pacific Journal of Tropical Biomedicine. Wenn die manipulierte DNA in unseren Zellkern gelangt, kann es dort zu einer Aktivierung von Onkogenen oder zu einer Deaktivierung von antikarzinogenen Abschnitten unseres Genoms kommen. In beiden Fällen würde das Krebsrisiko steigen, und dies könnte erst zeitverzögert evident werden. Pharmazeutische Interessenvertreter verharmlosen dieses potenzielle Risiko oft. Nicht selten vergleichen sie die DNA-Impfungen mit der Aufnahme von DNA aus Lebensmitteln. Dieser Vergleich ist aber unzulässig. Die DNA der Impfung ist so verändert, dass sie – wie beschrieben – unsere genetischen Abläufe austrickst und in die Proteinherstellung unserer Zellen eingebunden wird. Durch diese Integrationsprozesse ist das Risiko viel höher als bei der Aufnahme von Lebensmitteln. Das trifft auch dann zu, wenn die genetisch manipulierte DNA mittels eines viralen Vektors, also eines Transportvirus, eingebracht wird.
Ein bislang favorisierter RNA-Kandidat der Oxford Vaccine Group in Zusammenarbeit mit dem Pharmaunternehmen Astra-Zeneca ist jüngst gescheitert, weil sich in Primatenversuchen gezeigt hat, dass er zu keiner Immunität führte. Pikanterweise hatte dieser Kandidat bereits davor eine formale Zulassung für die erste klinische Testung erhalten und wurde an Menschen verabreicht. Das ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass die üblichen Sicherheitsprozedere und Wartezeiten entgegen aller Beteuerungen von Interessenvertretern bereits jetzt nicht ausreichend berücksichtigt werden. Die Bill und Melinda Gates Stiftung rangiert unter den Investoren dieses RNA-Impfstoffs.
Dass mehr als 50 Prozent der für klinische Testungen zugelassenen Impfstoffkandidaten gegen SARS-CoV-2 derzeit genetische Technologien sind und dass der einzige Kandidat, der es bisher an den Beginn der Phase 3 geschafft hat, ein solcher Gen-Impfstoff ist, macht zumindest hellhörig. Trägt das Lobbying für diese Art der Impfungen etwa bis in die Zulassungsstellen Früchte? Auffällig ist jedenfalls, dass die ersten drei Gen-Impfstoffe, die für klinische Testungen zugelassen wurden, von Unternehmen stammen, in welche die Gates-Stiftung in der jüngeren Vergangenheit signifikant investiert hat (siehe hier, hier und hier). Zeitgleich war Gates weltweit mit Lobreden insbesondere über RNA-Impfstoffe in den Nachrichtensendungen zu hören. Vielleicht nur ein Zufall.
Doch auch die übrigen Kandidaten bergen Risiken. 44 der 124 gemeldet Kandidaten – fast alle weit zurück im vorklinischen Stadium – sind Impfstoffe mit Protein-Untereinheiten. Diese haben geringe Aussichten, denn wenn man virale Proteine direkt einbringt, besteht die Gefahr, dass diese im menschlichen Körper denaturieren, also ihre Struktur verändern. In diesem Fall kann keine wirksame Immunität aufgebaut werden. Schnellschüsse werden hier keinen Erfolg bringen. Die nächstgrößere Gruppe sind mit zehn angemeldeten Kandidaten die Impfstoffe mit inaktiven Viren, die ebenfalls überwiegend in der präklinischen Phase sind. Diese benötigen Zusatzstoffe als Verstärker. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, sofern die Verträglichkeit ausreichend lange mit ungekürzten Follow-up-Phasen getestet wird. Weit zurückliegend mit nur drei von 124 Kandidaten rangieren die Lebendimpfstoffe – alle präklinisch. Auch hier gilt: Bitte nur unter Einhaltung der üblichen Langzeitbeobachtung in Phase 3, denn die lebenden Viren könnten mutieren und dadurch ihre ursprüngliche Gefährlichkeit zurückerhalten oder – im schlimmeren Fall – einen neuen evolutionären Strang mit Infektionspotenzial entwickeln.
Es ist generell fraglich, ob ein effizienter Impfstoff gegen ein Coronavirus gefunden werden kann. Dieses Vorhaben ist wie erwähnt schon oft gescheitert. Ein weiteres Beispiel dafür ist ein Passiv-Impfstoff mit Antikörpern gegen das Katzen-Coronavirus FIP. Die geimpften Katzen waren für die virale Infektion anfälliger als die ungeimpften. Sicher: Viele Impfstoffe gehören zu den erfolgreichsten Medikamenten der Medizingeschichte. Aber alle guten Impfstoffe haben eines gemeinsam: Sie wurden ausreichend lange unter Einhaltung aller nötigen Follow-up-Perioden zur Feststellung zeitverzögerter Nebenwirkungen getestet. Das Aussetzen von Impfregularien ist ein massiver Verstoß gegen das Vorsorgeprinzip. Wer von einem „sicheren“ Impfstoff spricht, kann nicht zugleich von zwölf bis 18 Monaten sprechen. Das sind reine Lippenbekenntnisse von Interessenvertretern.
Ist man mit dieser Position ein Verschwörungstheoretiker? Ein Aluhutträger? Nun, dann wäre man zumindest in guter Gesellschaft. Denn auch der international renommierte Virologe Professor Shibo Jiang von der Fudan Universität in Shanghai hat im Fachjournal Nature online für Zurückhaltung plädiert: „Beeilt euch nicht mit dem Einsatz von Impfstoffen und Medikamenten gegen COVID-19 ohne ausführliche Sicherheitstests.“ Und dem ist nichts hinzuzufügen.
Dipl.-Ing. Clemens Arvay ist Biologe und Sachbuchautor mit dem Schwerpunkt der Gesundheitsökologie.