Die angenehme Wärme, das knisternde Holz und die archaische Lust am Feuer sind für viele Österreicher Hauptgründe, sich einen Holzofen zuzulegen. Insgesamt werden österreichweit geschätzte 1,5 Millionen Holzöfen privat genutzt, allein in den vergangenen zehn Jahren kamen 270.000 hinzu. Neben dem besonderen „Wohlfühleffekt“ wird Heizen mit Holz als besonders nachhaltige Form der Energienutzung propagiert. Für den Kauf eines Holzofens gibt es teilweise öffentliche Förderungen von Bundes- bis Gemeindeebene. Auch wer seine alte Ölheizung gegen ein „klimafreundliches Heizsystem“ wie einen Holzofen eintauscht, darf sich über Fördergelder freuen. Aber was fördern wir da eigentlich? Und wie nachhaltig ist der Holzofen wirklich?
Eines der Hauptargumente der Holzofen-Verkäufer ist die Umweltfreundlichkeit des nachwachsenden Brennstoffes. Heizen mit Holz, heißt es, sei CO2-neutral, weil beim Verbrennen nur so viel CO2 freigesetzt wird, wie zuvor im Holz gespeichert wurde. Laut einer Studie der Europäischen Akademie der Wissenschaften hilft Holz kurzfristig aber nicht bei der Erreichung der Klimaziele: „Sich bei der Erreichung der europäischen Klimaziele auf Biomasse zu verlassen, erhöht das Risiko, das 1,5 Grad-Ziel zu verfehlen.“ Die CO2-Neutralität ergebe sich erst dann, wenn der gefällte Baum wieder vollständig nachgewachsen ist und das Kohlendioxid somit wieder aus der Atmosphäre entfernt wurde. Das könne bis zu 100 Jahre dauern. Auch Axel Friedrich, deutscher Umweltexperte und ehemaliger Abteilungsleiter für „Umwelt und Verkehr“ beim deutschen Umweltbundesamt, sieht das CO2-Argument der Holzindustrie kritisch: „Die Ruß- und Methanemission aus Holzöfen sind so hoch, dass sie den Vorteil des CO2-gebundenen Holzes wieder kompensieren.“
Der Schein vom umweltfreundlichen Holzofen wirft also einen langen, dunklen Schatten. Experten warnen auch vor ultrafeinen Staub- und Rußpartikeln, die durch den Verbrennungsprozess bei Holzöfen emittiert werden. „Die Schadstoffe, die in den Innenraum gehen, sind besonders gefährlich“, sagt Hans-Peter Hutter vom Lufthygiene-Institut der Meduni Wien. Ihm bereiten vor allem die ultrafeinen Staubpartikel Sorgen. Diese würden bei den derzeit gängigen Testverfahren gar nicht gemessen, obwohl sie nachweislich gesundheitsschädlich sind. Bei längerer Exposition sind diese schädlich für die Gesundheit, insbesondere Atemwegserkrankungen sind die Folge.
In Deutschland hat man die Problematik inzwischen erkannt. Dort müssen ältere Feuerungen seit einigen Jahren gesetzlich ausgetauscht werden. In Österreich gibt es diesbezüglich keine Regelungen, die den Austausch oder die Nachrüstung der alten Feinstaubschleudern anordnen.
Jährlich werden 6,5 Millionen Festmeter klassisches Brennholz verheizt. Importiert wird davon ca. 500.000 fm/Jahr, das sind ungefähr 7,7 Prozent vom Brennholzbedarf.
Damit Holzöfen in Österreich überhaupt in Umlauf gebracht werden dürfen, müssen sie strenge Normen und Prüfkriterien einhalten. Geprüft werden die Öfen dabei auf ihren Wirkungsgrad sowie auf ihren Emissionsausstoß. Auch für Staub gibt es einen Grenzwert, der einzuhalten ist; nicht jedoch für den besonders gefährlichen Mikrofeinstaub.
Die Messergebnisse am Prüfstand, wo die Holzöfen zertifiziert werden, würden aber wenig über den tatsächlichen Emissions-Ausstoß der Öfen aussagen, kritisieren Experten. Diese würden im Alltagsbetrieb deutlich höhere Schadstoffmengen ausstoßen, als die derzeit von der Industrie verwendeten Standardtests anzeigen.
„Im Normalbetrieb stellen wir fest, dass die Öfen ein Vielfaches an Emissionen haben wie bei der Zulassungsmessung“ erklärt Axel Friedrich, der schon bei der Aufklärung des VW-Diesel-Skandals eine führende Rolle spielte. Er sieht in den realitätsfernen Prüfungen einen „Skandal“ und spricht in Anlehnung an die damals entstandene Wort-Neuschöpfung „Dieselgate“ von einem „Woodgate“.
Einer der Orte, wo die Schadstoff-Messungen durchgeführt werden, ist die Ofenprüfstelle der TU Wien. Hermann Hofbauer, Leiter für zukunftsfähige Energietechnik, prüft dort Holzöfen und führt Emissionsmessungen und Brennstoffanalysen durch. „Es ist richtig, dass wir am Prüfstand nach Normen prüfen, die nicht exakt das widerspiegeln, was in der Praxis abläuft. Das liegt daran, dass wir versuchen, bei den Prüfungen möglichst gleich vorzugehen.“ Unter Fachleuten ist das Problem schon länger bekannt. Die Emissionsgrenzwerte wurden 2015 zwar verschärft, das ändert aber nichts daran, dass die tatsächlichen Werte den Labormessungen deutlich abweichen. Bräuchte es hier neue gesetzliche Rahmenbedingungen? „Das wäre dringend notwendig“, so Hofbauer. „Hier müsste man auch die Normen weiterentwickeln, um praxisnähere Tests durchzuführen.“