ist eine Stimme bei der Gemeinderatswahl in fusionierten Gemeinden seit der Reform weniger wert.
Geschrumpfte Landesregierung, kleinerer Landtag, weniger Gemeinderäte. Die steirischen „Reformpartner“ setzten den Sparstift auch bei sich selbst an – dem politischen Betrieb. Auf Ebene der Gemeinden hieß das: rund 5.000 statt 7.500 Gemeinderäte, darunter ein Drittel weniger Vorstandsposten in den Kommunen. Neben der Hoffnung auf Einsparungen schwang eine weitere mit: mehr Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters.
Denn: Die hohe Verantwortung und der große zeitliche Aufwand für das Bürgermeisteramt galten als abschreckend und schwer mit einem weiteren Beruf zu vereinbaren. Die vielen Teilzeit-Ortschefs sollten durch Vollzeit-Bürgermeister ersetzt werden. Ein weiterer Effekt: niedrigere Ausgaben für gewählte Gemeindeorgane insgesamt. In einer Gemeinde wie Apfelberg (Bezirk Murtal) zum Beispiel mit seinen rund knapp 1.100 Einwohnern würden keine Bezüge mehr für 15 Gemeinderäte anfallen. Stattdessen wurde die Gemeinde bei Knittelfeld eingemeindet. In Summe hätten Fälle wie diese ein Sparpotenzial für mehrere Millionen. Hätten. Denn eingetreten sind sie nicht. Der politische Betrieb mit 5.000 Gemeinderäten kostet fast genauso viel wie mit rund 7.500.
Wie kann das sein? Im Jahr vor der Gemeindereform hob die Landesregierung die Gagen an. In kleinen Gemeinden (1.000 bis 2.000 Einwohner) sah das Gehaltsschema ein Plus von 53 Prozent vor. Brutto sollten es für Ortschefs 3.323 Euro statt 2.160 Euro sein. Wie aus der Grafik hervorgeht, führte das zu einem Anstieg der Ausgaben für den politischen Betrieb von 2013 auf 2014 um 13,2 Millionen Euro. Möglich wären hingegen Einsparungen von rund zehn Millionen Euro, wenn die Bezüge im bundesweiten Durchschnitt erhöht worden wären.
Weil die Zahl der Gemeinderäte im Jahr darauf drastisch sank, gingen auch die Ausgaben für die Mandatare zurück. Außerdem setzte das Land bis zur Landtagswahl Regierungskommissäre in der Gemeindeverwaltung ein. Die Kosten dafür trug es selbst, deshalb liegen die Kosten im Rumpfjahr 2015 nochmal unter dem Jahr 2016. In fusionierten Gemeinden liegen die Ausgaben von 20,5 Millionen Euro im Jahr 2016 knapp unter dem Niveau des Jahres 2013 von 22 Millionen Euro. Andererseits muss berücksichtigt werden, dass die Ausgaben für Gemeindeorgane in der Steiermark vor den Reformen im bundesweiten Vergleich unter dem Durchschnitt lagen. Ohne die Halbierung der Gemeindezahl wäre die Erhöhung der Gagen weitaus teurer geworden. Das zeigt sich an der Entwicklung der Ausgaben in nicht fusionierten Gemeinden: Die Kosten stiegen von 14 Millionen Euro (2013) auf 19,5 Millionen Euro (2017). Aber wie hat sich das Einsparen der Gemeinderäte in den Gemeinden selbst ausgewirkt?
„Für die Gemeinderäte, die jahrelang gerannt sind, war der Schritt natürlich schwierig, die waren ja mit Herzblut dabei. Mit der Fusion haben alle Apfelberger Gemeinderäte aufgehört – das sagt schon etwas aus“, sagt Harald Bergmann, Finanzreferent der Stadtgemeinde Knittelfeld. Ein eigener Ortsteilbürgermeister blieb trotzdem. Reinhard Schrotter sollte Bindeglied und direkter Ansprechpartner für den Ortsteil Apfelberg bleiben. Im Knittelfelder Gemeinderat hat er kein Stimmrecht, sondern beratende Funktion. Ist das ein erfolgreiches Modell, um den Kontakt zu den Bürgern nicht zu verlieren?
„In der ersten Zeit nach der Fusion sind noch viele Leute zu mir gekommen, das hat im Lauf der Zeit aber deutlich abgenommen, jetzt sitze ich manchmal allein in der Sprechstunde“, sagt Ortsteilbürgermeister Schrotter selbst. Und wie schätzt Knittelfelds Finanzreferent Bergmann die Rolle ein? „Ohne Ortsteilbürgermeister wäre die Welt auch nicht untergegangen. Das war ein Zuckerl, um die Fusion ruhiger drüberzubringen.“ Dass es die Funktion in der künftigen Gemeindeordnung nicht mehr geben werde, sei gut möglich.
Ohne Zweifel ist hingegen der Einfluss der Wähler auf die Zusammensetzung des Gemeinderats geringer geworden. Die Gleichung dahinter: weniger Gemeinderäte, weniger Repräsentativität für die rund 800.000 Wahlberechtigten.
ist eine Stimme bei der Gemeinderatswahl in fusionierten Gemeinden seit der Reform weniger wert.
Eine Stimme bei der Wahl im nächsten Jahr war also noch nie so wenig wert.
Auf der anderen Seite steigt mit der Gemeindegröße auch die Bedeutung jedes einzelnen Mandatars. Er repräsentiert mehr Wähler und ist für sie verantwortlich. Das hebt die Bedeutung des Bürgermandats und macht das Amt des Gemeinderats tendenziell attraktiver.
Zusätzlich bringt die Reduzierung der erforderlichen Gemeinderäte noch einen weiteren Vorteil: Speziell kleine Gemeinden tun sich oft schwer, die nötige Zahl an Volksvertretern zu motivieren und die Wahllisten zu füllen. Diese Problematik könnte mit allen Nebeneffekten – keine Einsparungen, Verlust des Wählereinflusses, geringerer Bürgerkontakt – behoben werden.
Woher stammen die Daten?
Die Statistik Austria hat Addendum für die Berechnung zu den Ausgaben für gewählte Gemeindeorgane eine Spezialauswertung zur Verfügung gestellt. Quelle dahinter sind die Rechnungsabschlüsse der Gemeinden. Die Zahl der Gemeinderäte je Gemeinde vor und nach der Gemeindestrukturreform wurde auf Basis der Steiermärkischen Gemeindeordnung festgesetzt. Die dafür wesentliche Einwohnerzahl einer Gemeinde geht aus Daten der Registerzählung der Statistik Austria hervor. Die Zahl der Wahlberechtigen im Jahr 2010 und 2015 für die Berechnung des potenziellen Einflusses einer Stimme kam von wahldatenbank.at.
Wie wäre es mit etwas Transparenz?
Den vollständigen Code zur Berechnung aller Ergebnisse inklusive der Rohdaten können Sie hier einsehen.
Das Bürgermeistergehalt hängt von der Gemeindegröße ab. In kleineren Ortschaften haben die Gemeindechefs daher – teils zwingend landesrechtlich geregelt – oft einen anderen Hauptberuf.