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Razzia (Bild: Philipp Horak)
Zocken im Hinterzimmer
11. Oktober 2017 Glücksspiel Lesezeit 3 min
Dieser Artikel gehört zum Projekt Glücksspiel und ist Teil 8 einer 23-teiligen Recherche.
Bild: Philipp Horak | Addendum

Seit 1. Jänner 2015 sollte es in Wien keine einarmigen Banditen außerhalb des Casinos geben. Die Automaten-Walzen sollten sich also nur noch in der Kärntner Straße 41 in der Wiener Innenstadt drehen. So will es zumindest das Gesetz. Es halten sich aber bei Weitem nicht alle ans Gesetz, weil das Geschäft mit den blinkenden und klingelnden Geräten so lukrativ ist. „Das ist wie eine Gelddruckmaschine. Sie können in dem Bereich kaum etwas falsch machen“, stellt auch Wilfried Lehner, der Leiter der Finanzpolizei, nüchtern fest. Er ist Chef jener Beamten, die das illegale Glücksspiel bekämpfen.

Scheinfirmen im Ausland als Betreiber

Mehr als 1.900 Glücksspielapparate haben die Finanzpolizisten heuer bei ihren 748 Kontrolleinsätzen (Jänner bis Mitte August) schon konfisziert und 31 Millionen Euro an Geldstrafen beantragt. Das bedeutet aber längst nicht, dass diese Summe auch eingetrieben werden kann. Die Aufsteller und Betreiber der Maschinen machen der Finanz die Arbeit schwer: Der Sitz ihrer Scheinfirmen befindet sich meist im Ausland, zum Beispiel in der Slowakei.

Andreas Holzer, der Leiter des Büros für Organisierte Kriminalität im Bundeskriminalamt, erklärt, man wisse aus Analysen von nationalen und internationalen Ermittlungen, dass „die Hinterleute, die die Errichtung und den Betrieb von illegalen Glücksspiellokalen organisieren, eindeutig der organisierten Kriminalität zuzurechnen sind. Es werden verschiedenste Firmenkonstrukte zur Verschleierung der tatsächlichen Eigentümer betrieben und Strohleute vorgeschoben. Der tatsächliche Gewinn fließt eindeutig der organisierten Kriminalität zu.“

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Andreas Holzer vom Bundeskriminalamt untersucht die organisierte Kriminalität im Glücksspiel.

Die Tätergruppen würden nicht nur dem illegalen Automatenspiel, sondern auch anderen widerrechtlichen Geschäften nachgehen, beispielsweise im Rotlichtmilieu. Im Drogen- und im Menschenhandel seien sie ebenfalls tätig. „Zum Schutz der illegalen Spiellokale sind Ressourcen notwendig, die solche Gruppen bieten können. Da hier sehr hohe Gewinne zu erzielen sind, wird versucht, Neueinsteiger zu vertreiben, was zum Teil zu Gebietskämpfen führt. Auch hier ist es für die Betreiber wichtig, entsprechenden Schutz der Lokale gewährleisten zu können. Es sind österreichische Täter, türkische und für den Bereich von Schutzgeldern auch tschetschenische Gruppen aktiv“, erläutert Holzer.

Die Finanzbeamten rücken zu ihren Kontrollen meist mit Polizei und Atemschutzgeräten aus, was für Beobachter martialisch anmutet. „Das Vorgehen ist gerechtfertigt und im Glücksspielgesetz auch vorgesehen“, sagt Holzer. Schließlich sei man häufig mit heftiger Gegenwehr konfrontiert: „Reizgaseinleitung über Nebelmaschinen, Stromabschaltungen bis zur Löschung von Software auf den Automaten bei einem Zugriff sind ein eindeutiger Hinweis auf Aktivitäten der organisierten Kriminalität. Hier müssen die Behörden entsprechend professionell agieren können.“

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Razzia in Wien-Favoriten am 24. September 2017

Illegale Gambling-Angebote in Hinterzimmern gibt es aber nicht nur in Wien. „In Westösterreich ist Vorarlberg sehr stark betroffen, hier finden aber auch die stärksten polizeilichen Anstrengungen statt, die bereits Erfolge zeigen. Illegales Glücksspiel wird jedoch in ganz Österreich betrieben“, berichtet Holzer. Im Fokus stehen freilich die Städte, sagt Finanzpolizist Lehner im Addendum-Interview . 

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