Vizekanzler Heinz-Christian Strache steht im Bundeskanzleramt hinter einer Plexiglaswand und gibt Auskunft über die Lockerung der Corona-Maßnahmen im Sport. Nach ihm preist Innenminister Herbert Kickl die Polizeipferde, die sich in Wien gerade bei den Kontrollen zur Einhaltung der Distanzvorschriften in den Bundesgärten bewähren. Darauf folgt Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein, hinter der harte Wochen liegen, nachdem ihr die Leitartikelschreiber der Republik ausrichteten, sich in der Coronakrise als „völlige Fehlbesetzung“ erwiesen zu haben.
Keine Frage, die Wirklichkeit heute wäre eine andere, hätte der 17. Mai 2019 nicht die Führung der Republik nachhaltig verändert. Knapp ein Jahr nach Veröffentlichung der folgenreichen Nacht von Ibiza ist spätestens durch die alles überdeckende Corona-Krise längst der Überblick in all den Ermittlungen verlorengegangen, die Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus losgetreten haben. Die „Soko Tape“, wie die Fahndertruppe intern heißt, blieb aber trotz des Virus nicht tatenlos. Im Gegenteil. Er habe Soko-Mitarbeiter, „die haben den Zahnputzbecher neben dem Computer stehen“, sagt Dieter Csefan, der Büroleiter zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität im Bundeskriminalamt auch im Podcast . „Die schlafen de facto im Büro.“
Die Zahl der Verfahren, in denen aktuell ermittelt wird, ist – wie Addendum-Recherchen ergaben – auf 35 angestiegen. Am 4. Juni 2020 soll im Nationalrat der Ibiza-Untersuchungsausschuss starten. Geplant sind insgesamt 42 Befragungstage, 26 davon noch im heurigen Jahr. Die Abgeordneten wollen sich dabei besonders den Postenbesetzungen und politischen Entscheidungen zur Zeit der türkis-blauen Bundesregierung widmen.
Addendum versucht daher zuvor ein Update in einer Causa, bei der die Gefahr besteht, die Übersicht zu verlieren – auch, weil etliche ihrer Akteure mit Nebelgranaten hantieren.
Der 24. Juli 2017. Eine Finca im Landesinneren von Ibiza. Der Tag war heiß. Und auch am Abend hat sich Heinz Christian Strache rasch warm geredet. Ein Thema bestimmte über Stunden das Gespräch, das versteckte Kameras filmten: die Krone, Österreichs größte Tageszeitung. Der vermeintlichen Oligarchen-Nichte schwärmte Strache bald von seinem Vorbild Ungarn vor. Dort konzentriere sich die mediale Macht im Umfeld von Premier Viktor Orbán. So etwas schwebte Strache auch in Österreich vor. Er präsentiert dem Lockvogel seinen Plan: „Wenn sie die Krone kauft, hat sie ein Imperium.“ Denn „wer die Kronen Zeitung hat, ist der bestimmende Faktor auf dem Zeitungsmarkt“.
Fast schon hellseherisch prognostizierte Strache: „Und der Nächste, der auf alle Fälle kommt, ist der Benko, der will nämlich sowieso die Krone haben.“ Ein paar Monate später, im Jahr 2018, kommt Immobilieninvestor René Benko, Berater der Signa-Gruppe, dann tatsächlich und steigt bei Krone und Kurier ein. Ein Deal, der der Signa am Ende bis zu 170 Millionen wert sein könnte. Wie kam Strache zu einer derart profunden Prognose? Womöglich, weil er im Ibiza-Sommer 2017 René Benko auf dessen Yacht „Roma“ traf, wie er später in der Finca ausführte: „Der Benko ist gerade da auf der Insel, ich war bei ihm am Schiff.“ Benko ließ das dementieren und auf Strache verweisen, der das später mit reiner „Prahlerei“ entschuldigte. Sonderbar blieb bloß, dass Signa-Investor Hans Peter Haselsteiner in einem Krone-Interview die Stippvisite auf der „Roma“ bestätigte: „Der Herr Strache ist dort einfach erschienen, und über Bord schmeißen hat ihn René nicht gut können.“
In Sachen „Krone“ schien Strache jedenfalls gut informiert zu sein. So wurde auf Ibiza ein weiterer österreichischer Investor ins Spiel gebracht: Heinrich Pecina. „Wir haben da einen sehr, sehr engen freundschaftlichen Zugang mit unserem Pecina. Der Typ ist wirklich ein Großer.“ Heinrich Pecina ist ein Gudenus-Vertrauter mit besten Beziehungen zu Ungarns Premier Orbán. Mit ihm gab es im Sommer 2016 ein Treffen am Pecina-Hof in Maria Ellend. Viktor Orbán und sein Staatssekretär waren nicht die einzigen Gäste: Johann Gudenus brachte seinen Freund, den damaligen FP-Chef Heinz-Christian Strache mit.
Neben dem Einstieg in den Zeitungsmarkt gelang es der vermeintlich wohlhabenden Dame auf Ibiza, Strache beim Thema Wasserprivatisierung – nach anfänglicher Zurückhaltung – aus der Reserve zu locken. Zwar erläuterte Strache im Video, der Staat solle das Wasser nicht gänzlich privatisieren. Es aber über einen Betreiber „privatwirtschaftlich“ managen lassen, wäre aus seiner Sicht durchaus lohnenswert. Ein Geschäft mit Gewinnern auf beiden Seiten. Dabei lag Strache besonders daran, dass der „Benefit für den privaten Betreiber“ stimmen solle. Denn, so Strache: „des hat Sex. Des hat Sex, genau.“
Was Strache im Video unerwähnt ließ, war die engmaschige Beziehung einflussreicher FPÖ-Leute zum burgenländischen Traditionsunternehmen Güssinger Mineralwasser. Mittlerweile ist Güssinger wirtschaftlich in schwieriges Fahrwasser geraten. Ursache ist ein seit geraumer Zeit schwelender und mit durchaus harten Bandagen geführter Disput zwischen einem russischstämmigen und einem bulgarischen Geschäftsmann mit offenkundig besten Kontakten in hochrangige FPÖ-Kreise. Vordergründig ist es ein Rechtsstreit über Geschäftsanteile und Schuldübernahmen. Hinter den Kulissen geht es um politische Zugänge und finanzielle Zuwendungen.
So hat die vormalige freiheitliche EU-Abgeordnete Barbara Kappel vor Ermittlern der Soko Ibiza (Tape) ausgesagt, im November und Dezember 2018 für den EU-Wahlkampf Bargeld in Höhe von 55.000 Euro in mehreren Tranchen entgegengenommen zu haben. Kappel behauptet, das Bargeld an den FPÖ-Klub weitergereicht zu haben, Strache dementiert und der bulgarische Geldgeber spricht von einem Darlehen. Eine gewisse Nahebeziehung zwischen Kappel und dem bulgarischen Geschäftsmann legen Fotos nahe, die Addendum vorliegen. Sie zeigen Kappel und den Bulgaren bei einem Auslandsaufenthalt in Washington datiert mit Dezember 2018.
Höhepunkt der Grabenkämpfe zwischen den beiden östlichen Geschäftsleuten rund um Güssinger war eine handgreifliche Auseinandersetzung im Wiener Hotel Coburg. Während sich Ex-FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus mit dem russischen Mehrheitseigentümer von Güssinger traf, bekam er von einem Vertreter der bulgarischen Gegenseite eine Ohrfeige verpasst. Der Kampf ums Wasser geht ins Körperliche, während aktuell bekannt wurde, dass ein Sanierungsplan für das Unternehmen gescheitert ist.
Erratum: In einer früheren Version des Artikels war der Besuch von Beate Hartinger-Klein bei einer Veranstaltung des Glock Horse Performance Center auf den Juli 2017 datiert. Richtig ist jedoch der Juni 2018. Hartinger-Klein nahm auf eigene Kosten daran teil. Von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der verbotenen Geschenkannahme gegen sie wurde abgesehen, da kein Anfangsverdacht bestand. Wir bedauern dieses Missverständnis und überweisen auf Wunsch von Hartinger-Klein eine Spende von 2.500 Euro an den Corona-Hilfsfonds der Diakonie Österreich.
Der legendärste Moment des Ibiza-Videos entstand, als Johann Gudenus in der Finca die Kampfstellung einnahm, die Finger zu einer Pistole formte und „Glock, Glock, Glock“ ausrief. Es war der Versuch, der vermeintlichen Oligarchen-Nichte zu veranschaulichen, wer einer der Gönner sei, die in die FPÖ-nahen Vereine einzahlen. Zuvor hatte Strache von „ein paar sehr Vermögenden“ gesprochen, „die zahlen zwischen 500.000 und eineinhalb bis zwei Millionen“. Es seien „Idealisten“, die „Steuersenkungen“ wollen, „Gaston Glock als Beispiel“.
Noch vor Veröffentlichung des Ibiza-Videos rief Strache den Waffenproduzenten Glock persönlich an, um ihn vor dem zu erwartenden Fallout zu warnen. Dieser ließ mitteilen, dass es „weder mit der FPÖ noch mit anderen Parteien Gespräche über Spenden oder sonstige Zahlungen“ gegeben hätte. Bisher wurden auch keine Zuwendungen von Glock an FPÖ-nahe Vereine bekannt. Im April 2018, wurde Glocks Ehefrau Kathrin in den Aufsichtsrat der staatlichen Flugaufsichtsbehörde AustroControl bestellt. NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper stellte mehrere Anfragen, die auf eine unzureichende Befähigung Glocks abzielten. „Mangels hinreichender Anhaltspunkte für eine mangelnde fachliche Qualifikation“ wurde aber von Ermittlungen abgesehen, wie Justizministerin Alma Zadić antwortete. Ermittlungen gegen Strache wegen des Verdachts der verbotenen Geschenkannahme waren Stand Februar 2020 im Laufen.
„Heidi Horten ist ein Beispiel“, ließ Strache in seiner Aufzählung der Gönner weiter verlauten. Die Milliarden-Erbin dementierte dies, und Strache entschuldigte sich später. Während keine Geldflüsse zur FPÖ nachgewiesen werden konnten, veröffentlichte die ÖVP im Sommer 2019 Zahlen, wonach Horten die Partei in den Jahren 2018 und 2019 mit Spenden in der Höhe von 931.000 Euro bedacht hat. Diese waren konform mit der damaligen Gesetzeslage, wenngleich die Stückelung von 49.000 Euro pro Monat den Verdacht nahelegte, dass so die gesetzliche Meldepflicht für Großspenden umgangen werden sollte.
Der Strache-Sager „Novomatic zahlt alle“ wurde in der Post-Ibiza-Phase zum Stehsatz, den der Glücksspielkonzern sogar selbst in seiner Werbung ironisch gebrauchte. Wenig später kam jedoch heraus, dass die Novomatic insgesamt 200.000 Euro in das vom Ex-FP-Abgeordneten Markus Tschank gegründete „Institut für Sicherheitspolitik“ (ISP) einzahlen wollte und einen Teil des Geldes bereits überwiesen hatte. Der Glücksspielkonzern bestritt jeglichen Zusammenhang mit einer möglichen Parteienfinanzierung. Auch das Verteidigungsministerium überwies jährlich 200.000 Euro, und damit Steuergeld, an den Verein. Fahnder gehen davon aus, dass das ISP gegründet wurde, „um Gelder für Strache respektive die FPÖ zu lukrieren“, wie „Der Standard“ berichtete. Die Ermittlungen laufen. Für die Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.
Auf Ibiza gewährte Heinz-Christian Strache zu vorgerückter Stunde auch Einblick in eine verborgene Welt. Wie Spiegel und Süddeutsche im Dezember des Vorjahres berichteten, begann der FP-Chef in der Finca über Verbindungen zu Oligarchen zu plaudern: Ihor Kolomoiskyj und andere „ukrainische Freunde“ hätten, so Strache, „Milliarden gehabt und scheißen sich jetzt an, weil sie den Fehler gemacht haben, die Kohle nicht rauszubringen“.
Straches Ausspruch klingt verwirrend. Mehr Sinn ergibt er erst, wenn neues Licht auf eine alte Causa fällt. Nämlich die des mutmaßlichen Mandatskaufs, bei der im Jahr 2013 der politisch völlig unbedarfte niederösterreichische Unternehmer Thomas Schellenbacher plötzlich auf einem FP-Ticket in den Nationalrat einzog. Der Weg dorthin war holprig: Erst schickte Strache seinen damaligen Bodyguard mit einem rückdatierten FPÖ-Mitgliedsantrag zu Schellenbacher, damit dieser überhaupt auf die Bundesliste gehievt werden konnte; dann irrte Strache bei der öffentlichen Vorstellung seines künftigen Abgeordneten und sprach ihn mit „Schellhammer“ an; und schließlich reichte der neunte Listenplatz doch nicht für dessen Einzug, wodurch erst drei vor ihm gereihte Mandatare verzichten mussten.
Warum also all der Aufwand für einen politischen No-Name? Eine mögliche Erklärung liegt in der Ukraine-Connection des Neo-Mandatars, die zu den später behaupteten Geldflüssen von 10 Millionen Euro an Strache und sein Umfeld geführt haben könnten. Zu einem vorstellbaren Indiz in diese Richtung werden dicke Bündel an Bargeld, welche aus einer Sporttasche lugen, die Strache zuzuordnen sei, wie Fotos belegen sollen. Für die Korruptionsstaatsanwaltschaft sind sie der Anlass, um Ermittlungen gegen Strache, Schellenbacher und den früheren FP-Volksanwalt Peter Fichtenbauer wegen des Verdachts auf Untreue aufzunehmen. Doch wer sind die ominösen Männer überhaupt, die hierzulande medial lange nur als „Investoren aus der Ukraine“ firmierten und so viel Geld in Strache und Co. investiert haben sollen? Addendum folgt ihrer Spur und landet über verschlungene Wege bei einem der mächtigsten und reichsten Unternehmer der Ukraine – eben Ihor Kolomoiskyj, jenem Oligarchen, den Strache auf Ibiza explizit nannte. Gegenüber Addendum weist dieser eine Verwicklung in die Causa von sich. Doch tiefer gehende Recherchen zeigen, dass durchaus Verbindungen zwischen ihm und der FPÖ bestehen.
Sprach Strache in der Airbnb-Villa auf Ibiza noch von Parteispenden à la „Novomatic zahlt alle“ und eher allgemein von möglichen Privatisierungen und dem Aufbrechen des Glücksspielmonopols des Bundes, trat später ein umfassenderes Sittenbild zu Tage.
Der staatsnahe Bereich, dem auch die Casinos Austria AG (CASAG) angehört und an der die Republik indirekt 33,24 Prozent hält, ist in guter österreichischer Tradition stets dem Einfluss von Politik und Wirtschaft ausgesetzt. Das zeigt sich besonders auch an der Dotierung der Vorstandsverträge und den Pensions- und Abfertigungsansprüchen. An der Spitze der CASAG steht seit 1. Mai 2019 die ehemalige Bundesparteiobmann-Stellvertreterin der ÖVP, Bettina Glatz-Kremsner.
Nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos ging eine äußerst konkret formulierte anonyme Anzeige ein, in der der Verdacht erhoben wurde, die Bestellung des Finanzvorstands der Casinos, Peter Sidlo, könnte Gegenstand eines politischen Deals gewesen sein. So erst wurden Hausdurchsuchungen bei Aufsichtsräten und Miteigentümern möglich. Als wahre Fundgrube für die Fahnder erwies sich dabei das beschlagnahmte Handy von Ex-Vizekanzler Strache. SMS- und Whatsapp-Kommunikationen wurden ebenso bekannt wie Auszüge aus Terminkalendern. Eine Nachricht, die Strache an Gudenus schickte, stärkt den Verdacht der Korruptionsstaatsanwaltschaft: „Hallo Joschi, ich habe mit meinen Freunden bezgl. Casinos gesprochen, sie wären bereit und auch fähig, den Deal zu machen …“
Im Raum steht der strafrechtlich relevante Vorwurf, dass Absprachen zwischen dem Casinos-Mitaktionär Novomatic und der damaligen FPÖ-Spitze rund um Strache und Gudenus erst zur Bestellung Sidlos geführt hätten. Ein beauftragter Personalberater hätte den FPÖ-Mann für nicht ausreichend qualifiziert gehalten, die FPÖ der Novomatic für deren Unterstützung aber Schützenhilfe bei der Vergabe von Glücksspiellizenzen angeboten.
Die Korruptionsstaatsanwaltschaft verdächtigt auch zwei ehemalige Finanzminister: Hartwig Löger und Josef Pröll. Ebenso beschuldigt, an dem Deal mitgewirkt zu haben, werden der gerade inthronisierte Vorstand der Staatsholding ÖBAG Thomas Schmid, der schon als Kabinettschef der Ex-Finanzminister Löger und Schelling das Thema Glücksspiel nicht aus der Hand gegeben hatte, sowie der Aufsichtsratschef der Casinos, Walter Rothensteiner. Ermittelt wird wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und bei Ex-Finanzminister Löger wegen Amtsmissbrauchs. Für alle genannten Personen gilt auch hier die Unschuldsvermutung, sämtliche Vorwürfe werden bestritten.
Drei Schatullen voller Gold, zwei Tresore und einen Skandal mehr – darauf stieß die Korruptionsstaatsanwaltschaft bei einer „freiwilligen Nachschau“ im abgelegenen Osttiroler Defereggental. Im sichergestellten Strache-Handy hatten die Fahnder zuvor Hinweise entdeckt, die auf den Ankauf größerer Goldbestände deuteten. Dieser „Schatz der FPÖ in der Alpenfestung“, wie Medien im Sommer 2019 titelten, war in der „Pension Enzian“ gebunkert und brachte den Blauen viel Häme ein. Die zwei Tresore wurden schließlich im Beisein des Wiener FP-Landesvorsitzenden Dominik Nepp geöffnet, darin drei versiegelte Metallkassetten ohne Schlüssel und ein Notariatsakt gefunden. Zwei der Kassetten würden dem Klub der Wiener Landtagsabgeordneten gehören, einer der Landesgruppe Wien, deren Obmann Heinz-Christian Strache zum Zeitpunkt des Ankaufs war. Die Goldbarren, deren Wert Nepp verschwieg, hätte die Partei rund um die Finanzkrise 2008 erworben, um bei einem möglichen Kollaps des Finanzsystems gerüstet zu sein. So ominös das alles klang, strafrechtliche Folgen hatte es nicht. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft fand keine Verbindung zu den Ibiza-Aussagen. „Mangels Anfangsverdachts der Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung wurden keine Ermittlungen über den Erwerb, die Herkunft, die Finanzierung oder die Bilanzierung der ,Edelmetallvorräte‘ gepflogen“, beantwortete Justizministerin Alma Zadić eine entsprechende Anfrage.
Die ersten Tage nach Erscheinen des Ibiza-Videos waren von der medialen Suche nach gemeinnützigen FPÖ-Vereinen geprägt. Fast jeden Tag tauchte auch ein neuer auf – vom „Institut für Sicherheitspolitik (ISP)“ bis „Austria in Motion“. Strache selbst lieferte auf Ibiza den Anlass für die hektische Suche, hatte er doch von Konstruktionen für Spender gesprochen, die es gerne diskreter mögen. Deren vorrangiges Ziel ist klar: Die Umgehung der Kontrolle durch den Rechnungshof.
Entsprechend kam es auf Anordnung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zu Ermittlungen der Soko Ibiza (Tape) gegen zahlreiche gemeinnützige Vereine im politnahen Bereich. Laut jüngsten Medienberichten ergaben die Ermittlungen, dass in Summe 1,2 Millionen Euro in die FPÖ-Vereine flossen. Folgt man der Ibiza-Erzählung Straches, hätte das Geld eigentlich zur Finanzierung des Wahlkampfs verwendet werden sollen. Doch Aktivitäten haben die Vereine kaum entfaltet. Das Geld blieb ohne große Bewegungen auf den Konten. Einzige Ausnahme war das ISP des Ex-FP-Abgeordneten Markus Tschank.
Dieser organisierte Veranstaltungen, gönnte sich selbst eine „Management-Fee“ von 30.000 Euro im Jahr, verrechnete Zusatzleistungen und Spesen. Zu den größten Spendern des ISP zählten das Glücksspielunternehmen Novomatic, Gesellschaften der Industriellenfamilie Turnauer und der Waffenhersteller Steyr Mannlicher. In der Kanzlei von Tschank und bei der Novomatic fanden im März deswegen Hausdurchsuchungen statt. Die Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen die Spender wegen mutmaßlicher Untreuehandlungen und gegen die Vereinsorgane wegen mutmaßlicher Beteiligung daran dauern an.