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Wolfgang Brandstetter: Der Mann für alle Fälle
25. November 2017 Justiz Lesezeit 11 min
Universitätsprofessor, Strafverteidiger, Justizminister, Vizekanzler: Wolfgang Brandstetter hat nicht nur viele Talente, er hatte auch viele prominente Klienten. Schon vor seiner Amtszeit pflegte er ein enges politisches und mediales Netzwerk.
Dieser Artikel gehört zum Projekt Justiz und ist Teil 11 einer 27-teiligen Recherche.

Von kundigen Beobachtern wird der unter Kanzler Christian Kern amtierende Vizekanzler und Justizminister als einer der einflussreichsten Ressortchefs der jüngeren Vergangenheit gesehen. Der neuen Regierung wird er aber nicht mehr angehören, er gab am Freitag seinen Rückzug aus der Politik bekannt.

Dabei ist Wolfgang Brandstetter so etwas wie ein Mann für alle Fälle.

Enge Wegbegleiter bescheinigen dem Niederösterreicher neben einem hohen Maß an fachlicher Kompetenz ein präzises Gespür dafür, im richtigen Moment die richtige Tonlage zu treffen. In Brandstetters Umfeld hört man, er sei „herzlich im Ton, aber unnachgiebig in der Sache“.

Der Netzwerker

Kritiker sagen, der leutselige Minister, der für Besucher im Büro gerne seinen Wurlitzer anwirft, sei ganz anders, als er auf den ersten Blick wirke. Überliefert ist etwa, dass es im Palais Trautson, dem Sitz des Ministeriums, schon einmal zu lautstark ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten mit einem Sektionschef gekommen sei.

Auf den Gängen des Parlaments wiederum ist zu hören, der 60-Jährige reagiere eher dünnhäutig, wenn er zu seiner Vergangenheit als Strafverteidiger und somit zu einigen illustren Mandanten gefragt werde. Schon lange vor seiner Amtszeit wurde Brandstetter in Juristenzirkeln nachgesagt, ein enges politisches und mediales Netzwerk zu pflegen, das sich von Raiffeisen bis zur BAWAG, von der ÖVP bis zur SPÖ spannt.

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„Mehr Ruhe in die Justiz bringen“

2013 nahm Wolfgang Brandstetter auf der Regierungsbank Platz. Er kündigte an, als „unabhängiger und überparteilicher“ Justizminister „mehr Ruhe in die Justiz bringen“ zu wollen. Damals war Michael Spindelegger ÖVP-Chef und Vizekanzler. Der machte seinen (parteifreien) CV-Freund (Norica Wien) und ehemaligen Juridicum-Kollegen zum Minister.

Spindelegger und Brandstetter waren Assistenten bei Ordinarius Winfried Platzgummer am Wiener Institut für Strafrecht. Das war 1982. Brandstetter ist der Rechtswissenschaft zunächst erhalten geblieben und brachte es selbst bis zum Ordinarius für Strafrecht, zunächst, 1998, an der Uni Wien, ab Februar 2007 dann auf der Wiener Wirtschaftsuniversität. Für seine Zeit als Minister ließ er sich karenzieren.

Politiker oder Nicht-Politiker?

Als Politiker wollte er zu Beginn seiner Amtszeit nicht gesehen werden. Und doch stieg er im Mai 2017 sogar zum Vizekanzler auf, nachdem Reinhold Mitterlehner die Politik verlassen hatte und der designierte Mitterlehner-Nachfolger Kurz diese Rolle nicht spielen wollte.

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Zentrale Erkenntnisse:

  • Brandstetter vertrat gemeinsam mit Kollegen Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer in der Swap-Affäre.
  • Der damalige Strafverteidiger und jetzige Minister soll bei einem Sektionschef interveniert haben.
  • Brandstetter spricht von „Anpatzversuchen“.
  • Auch der Wiener Anwalt Gabriel Lansky soll laut Recherchen im Ministerkabinett Informationen zur Swap-Causa eingeholt haben.
  • Ein ehemaliger Generalprokurator sollte sich ebenfalls im Justizministerium über den Fall erkundigen.
  • Kulterer soll dem Beamten im Ruhestand 12.000 Euro gezahlt haben.
Ex-Kanzler Werner Faymann und sein Verteidiger Wolfgang Brandstetter

Vor seiner Zeit als Justizminister war Brandstetter neben seiner Uni-Tätigkeit auch ein gefragter Strafverteidiger. Seit 1993 steht er auf der Liste der Strafverteidiger, die von den Oberlandesgerichten geführt wird. Die Möglichkeit, mit universitärer Lehrbefugnis auch ohne Rechtsanwaltsprüfung vor Gericht als Verteidiger aufzutreten, wurde 2008 abgeschafft. Jene Juristen, die damals aber schon auf der Liste standen, durften weiterhin als Verteidiger arbeiten.

Prominente Klienten

Und Brandstetter zählte zu den prominentesten Vertretern seiner Zunft. Die strafrechtliche Vertretung von Mandanten in öffentlichkeitswirksamen Causen zählte zumindest in den letzten Jahren vor seinem Wechsel in die Regierung zu seinem Kerngeschäft. Die Liste seiner Klienten ist lang, sie reicht von Spitzenpolitikern wie Ex-Bundeskanzler Werner Faymann über die ehemaligen Hypo-Vorstände Wolfgang Kulterer und Tilo Berlin bis zu Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer und dem ehemaligen kasachischen Botschafter Rakhat Aliyev. Auch im Libro-, im BAWAG-, im Kaprun- und im Wiener Baukartellprozess war Brandstetter als Strafverteidiger involviert.

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„Seine Meinung hat Gewicht“

Aus Sicht seiner Mandanten machte Brandstetter seine Arbeit ausgesprochen gut. Beobachter attestieren ihm ein eloquentes und schlagfertiges Auftreten vor Gericht. Dabei kommt dem Juristen seine Reputation als Hochschullehrer zugute. So schilderte etwa Eva Danninger-Soriat, die Staatsanwältin im Strafverfahren nach dem Kaprun-Unglück (Brandstetter vertrat damals den technischen Direktor), dass sich der damalige Richter ihr gegenüber von Brandstetter beeindruckt gezeigt habe: „Doktor Brandstetter ist ja auch Universitätsprofessor am Strafrechtsinstitut in Wien, und seine Meinung hat natürlich Gewicht.“

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„Ziel muss sein, das Weisungsrecht des Ministers abzuschaffen“

Seine berufliche Vergangenheit war es auch, die ihn zu Beginn seiner Amtszeit veranlasste, das umstrittene Weisungsrecht zu thematisieren. „Ziel muss sein, das Weisungsrecht des Ministers abzuschaffen“, sagte Brandstetter in einem Kurier-Interview im Dezember 2013. Anlass waren Diskussionen über eine mögliche Befangenheit des Neo-Ministers aufgrund seiner früheren Arbeit als Verteidiger.

Eliminiert wurde das Weisungsrecht freilich bis heute nicht. Brandstetter erklärte dazu auf Addendum-Anfrage, er habe „2014 ein Beratungsgremium zur Reform der Berichtspflichten und des Weisungsrechts“ eingerichtet. Die Diskussion der Experten habe ergeben, dass eine Abschaffung des Weisungsrechts verfassungsrechtlich „nicht zu empfehlen sei“. Daher sei der Weisungsrat eingerichtet worden. An dessen Spitze steht heute der Leiter der Generalprokuratur, Franz Plöchl.

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Der „Weisungsrat“ wurde unter Justizminister Brandstetter im Jahr 2015 beschlossen und nahm mit 1. Jänner 2016 seine Arbeit auf. Er heißt eigentlich „Beirat für den ministeriellen Weisungsbereich“ und wird, wie der Name schon sagt, für den Justizminister beratend tätig, wenn es darum geht, welche Weisung das Ministerium in heiklen Verfahren an die Staatsanwaltschaft gibt. Den Äußerungen des Weisungsrates muss der Justizminister nicht folgen. Er hat jedoch dem Nationalrat und dem Bundesrat darüber zu berichten. Der Weisungsrat wird insbesondere in Fällen der Befangenheit des Justizministers oder bei außergewöhnlichen Interessen der Öffentlichkeit aktiv. Die Leitung des Weisungsrates liegt beim Leiter der Generalprokuratur. Derzeit hat diese Funktion Dr. Franz Plöchl inne.

Brandstetter, Lansky und die Hypo

Plöchl sollte in seiner vormaligen Funktion als Leiter der Strafrechtssektion im Justizressort noch in einem anderen Zusammenhang, gemeinsam mit Wolfgang Brandstetter, Erwähnung finden. Einige von Brandstetters Mandanten waren in die Causa Hypo Alpe Adria involviert. Dazu zählten neben der Kärntner Landesholding der ehemalige Wirtschaftsprüfer der Bank, Karl-Heinz Moser, sowie die einstigen Hypo-Vorstände Tilo Berlin und Wolfgang Kulterer.

Am intensivsten dürfte das Mandatsverhältnis mit Wolfgang Kulterer gewesen sein. Es betraf die SWAP-Verluste in den Jahren 2007 und 2008. 300 Millionen Euro waren damals verspekuliert und in der Bilanz der Hypo nicht ordnungsgemäß verbucht worden. Brandstetter zählte neben dem bekannten Wiener Anwalt Gabriel Lansky sowie Alexander Klaus von der Kärntner Kanzlei BKQ Quendler, Klaus & Partner zum Team der Kulterer-Verteidiger. Addendum liegen Aktenvermerke vor, die nahelegen, dass ein wesentlicher Teil in der Vorbereitung auf den Prozess darin bestanden hat, über unterschiedliche Zugänge und Gesprächskanäle Informationen über den Stand der Ermittlungen zu bekommen.

Der gute Kontakt

In einem Gesprächsprotokoll vom 20. August 2007 über eine Besprechung in Wien ist festgehalten, dass sich die Teilnehmer (Kulterer, Klaus, Brandstetter und Lansky) einig waren, „dass das Justizministerium den gegenständlichen Akt zu einem sogenannten ‚vorlagepflichtigen’ Akt macht, also festlegt, dass jeder wesentliche Schritt der Staatsanwaltschaft Klagenfurt der vorherigen Genehmigung durch das Justizministerium bedarf. Prof. Brandstetter erklärt, dass er zu Sektionschef Plöchl einen guten Kontakt hat, welcher Sektionschef dann letztlich für die Umsetzung dieser Aspekte verantwortlich wäre.“ Ziel war es offensichtlich, dass die Staatsanwaltschaft Klagenfurt den zuständigen Sektionschef Franz Plöchl, der die Fachaufsicht innehatte, über jeden Ermittlungsschritt auf dem Laufenden hält. Dafür sollte Brandstetter seinen Einfluss geltend machen.

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Unbekannt, in Bearbeitung, abgefertigt

Wir konfrontierten Plöchl mit dem Inhalt des Protokolls. Dieser antwortete auf die Frage, ob es stimme, dass er mit Brandstetter schon in dessen Zeit als Strafverteidiger „in gutem Kontakt“ gestanden sei: „Stimmt nicht. Es gab keinen guten Kontakt.“

Wie dem auch sei: Am 30. April 2008 kam die Runde der Kulterer-Verteidiger erneut zu einer Besprechung im Beisein ihres Mandanten zusammen. Brandstetter führte da laut einem Aktenvermerk aus, „dass Sektionschef Plöchl zunächst die Sache nicht kannte. Bei der nächsten Nachfrage war der Akt in Bearbeitung. Dann war auf einmal der Akt schon abgefertigt.“ Das verdeutlicht, dass Brandstetter mit Plöchl in der Sache jedenfalls in Kontakt war.

„Einseitige Anpatzversuche“

Der ehemalige Sektionschef Franz Plöchl ist nunmehr Leiter der Generalprokuratur und damit auch Vorsitzender des Weisungsrates, der unter anderem Empfehlungen zu all jenen Fällen abzugeben hat, in denen der Minister aufgrund seiner früheren Tätigkeit befangen ist.

Brandstetter möchte sich unter Verweis auf seine berufliche Verschwiegenheitspflicht nicht zu den geschilderten Besprechungen äußern: „Über Inhalte ehemaliger Mandatsverhältnisse darf ich aus berufsrechtlichen Gründen grundsätzlich keine Angaben machen. Es sei aber der Hinweis gestattet, dass derartige einseitige Anpatzversuche nicht neu sind und seit meinem Amtsantritt immer wieder durch diverse Medien kursieren.“

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Ein verärgerter Kabinettschef

Bei der erwähnten zweiten Besprechung kam es laut Aktenvermerk jedenfalls zu einem weiteren interessanten Vorgang. Gabriel Lansky schaltete sich in die Diskussion ein und „erklärt, dass Kabinettschef Dearing darüber, dass die Sache an ihm vorbeigegangen ist, verärgert war“.  Lansky hatte sich offensichtlich im Kabinett der damaligen Justizministerin Maria Berger kundig gemacht, ob man dort über die Vorgänge in Sachen Kulterer informiert war. Albin Dearing wusste aber offenkundig nichts davon.

Lansky recherchierte weiter, was im Aktenvermerk so beschrieben wird: „Dr. Lansky ruft während der Besprechung Dr. Müller an, der erklärt, dass Sektionschef Plöchl in der Sache sehr wohl involviert war. Der zuständige Referent namens L. hat die Sache rasch abgewickelt und zwar so, dass sie nicht über den Tisch der Ministerin gegangen ist.“ Der Rechtsanwalt wollte offenbar erkunden, ob und wie sich Plöchl mit der Causa befasst hatte.

12.000 Euro für den Ex-Generalprokurator?

Bei dem erwähnten Dr. Müller handelt es sich laut Addendum vorliegenden Informationen um den ehemaligen Generalprokurator Otto F. Müller, der schon im Fall um den (mittlerweile verstorbenen) kasachischen Ex-Botschafter Rakhat Aliyev im Auftrag der Kanzlei Lansky Erkundigungen über Verfahrensstände eingeholt haben soll.

In der Causa um die SWAP-Geschäfte dürfte er jedenfalls sehr aktiv gewesen sein, wie eine von Kulterer erstellte Aufstellung zu den Verfahrenskosten zeigt. Dort ist vermerkt, dass „Dr. Otto F. Müller – Strafverteidiger“ 12.000 Euro für Leistungen im Vorverfahren von Kulterer überwiesen bekommen haben muss. Was Müller, der laut Justizministerium seit 1994 im Ruhestand ist, für Kulterer genau getan hat, ist nicht überliefert. An den Besprechungen hat er laut Gesprächsprotokollen nicht teilgenommen. Laut einer Honorarnote aus dem Februar 2008 hat die Kanzlei Lansky dem Mandanten Wolfgang Kulterer einige Telefonate zwischen dem Rechtsanwalt und Müller verrechnet.

Gabriel Lansky wollte sich auf Addendum-Anfrage mit Verweis auf seine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht nicht zu all dem äußern. Otto F. Müller und Wolfgang Kulterer waren nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

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Von seiner objektiven Beurteilung der Bilanzierung ist der Sachverständige natürlich nicht abzubringen.
Wolfgang Branstetter über Gutachter Fritz Kleiner

Zuerst Kulterer vertreten, dann die Hypo beraten

Die Kanzlei von Gabriel Lansky (LGP) hat zunächst Wolfgang Kulterer vertreten, später aber die Gegenseite beraten: Wie eine interne Unterlage der Finanzprokuratur zeigt, wurde der verstaatlichten Hypo im Jahr 2010 „aus dem Büro des StS Mag. Schieder“ die LGP empfohlen. Andreas Schieder war damals SPÖ-Staatssekretär im Finanzministerium. Lansky wurde später auch tatsächlich mit der forensischen Aufarbeitung der Hypo-Geschäfte in der Ukraine beauftragt.

Ein knappes Jahr davor, also 2007, hatte das Kulterer-Verteidigerteam den von der Staatsanwaltschaft beauftragten Gutachter Fritz Kleiner im Fokus. Brandstetter kannte Kleiner aus dem BAWAG-Prozess . In einem Vermerk der Kanzlei BKQ vom 30. April 2007 heißt es: „Prof. Brandstetter berichtet, dass sich der Gutachter Fritz Kleiner im Bawag-Verfahren durch die Verteidiger kaum provozieren ließ und sein Gutachten stur verteidigte.“

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„In Vorsatzfragen neutral“

In einem E-Mail von Alexander Klaus an Kulterer, Brandstetter und Lansky vom 2. November 2007 ist wiederum festgehalten: „Prof. Brandstetter hat mich darüber informiert, dass er am Rande des BAWAG-Prozesses mit Dr. Kleiner gesprochen hat. (…) Prof. Brandstetter hat nach seiner Einschätzung bei Dr. Kleiner erreicht, dass sich dieser in Vorsatzfragen völlig neutral verhalten wird. Von seiner objektiven Beurteilung der Bilanzierung ist der Sachverständige natürlich nicht abzubringen. Prof. Brandstetter hat Dr. Kleiner jedenfalls klar gemacht, dass er bei Fortsetzung des Verfahrens mit dem Erfordernis weiterer gutachterlicher Stellungnahme (sic) sowie letztlich Auftritten in einer Hauptverhandlung rechnen müsste. Dies kommt Dr. Kleiner letztlich ungelegen, da er derzeit mit dem BAWAG-Verfahren, das ihn inhaltlich eher überfordert, ausgelastet ist und im nächsten Frühjahr die Herberstein-Sache zu verhandeln ist. Prof. Brandstetter hat den Eindruck, dass sich Dr. Kleiner insoweit in einem ,Mehr-Fronten-Krieg‘ befindet und der nicht ungern wenigstens eine ,Front‘ bereinigen würde. Vielleicht kann uns diese Situation helfen.“ 

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Die Liechtenstein-Connection

Wolfgang Brandstetters berufliches Wirken beschränkte sich nicht nur auf Österreich. Lange Zeit war er Rechtskonsulent der Anlageberatungskanzlei Dr. Dr. Batliner & Partner in Liechtenstein. Der Jurist beriet die Kollegen in Vaduz in finanzstrafrechtlichen Fragen. Eine größere Öffentlichkeit nahm erstmals von der Kanzlei Notiz, nachdem ein Mitarbeiter sensible Daten an deutsche Medien weitergegeben hatte. Nach Ansicht des Whistleblowers folgte die Kanzlei Batliner in einigen Fällen nicht dem Willen von Stiftern, die ihr Vermögen nach ihrem Tod wohltätigen Organisationen vermachen wollten. In Deutschland war die Kanzlei Batliner in den CDU-Spendenskandal involviert. In der Schweiz waren Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung die Folge. Der Whistleblower, ein (mittlerweile verstorbener) Vorarlberger, wurde in Österreich zu einer Haftstrafe verurteilt. Für die Daten, die Fälle von Steuerhinterziehung belegen sollen, interessierten sich die österreichischen Steuerfahnder nicht.

Ein prominenter Mandant der Kanzlei Batliner war auch der kasachische Ex-Botschafter und später wegen Doppelmords angeklagte Rakhat Aliyev. Brandstetter hat laut Format mehr als 130.000 Euro Honorar auf ein Liechtensteiner Konto erhalten. Um den ehemaligen Schwiegersohn des kasachischen Staatspräsidenten soll sich Brandstetter besonders intensiv gekümmert haben: Aliyev war zwischenzeitlich an seiner Wohnadresse in Niederösterreich gemeldet.

Ein ehemaliger Partner von Batliner, der Rechtsanwalt Johannes Gasser, hat 2016 auf Anfrage des Profil eine Stellungnahme zur Tätigkeit von Brandstetter in Liechtenstein abgegeben. Darin heißt es unter anderem, dass  Brandstetter „jahrelang als internationaler Strafrechtsexperte in verschiedenen Causen für unsere Kanzlei tätig“ war. In Liechtenstein habe er „mehrere öffentliche Verhandlungen beim Landgericht Vaduz für uns absolviert“, ebenso wie in Deutschland. Brandstetters Tätigkeitsbereich habe sich auf strafrechtliche Beratung beschränkt – mit „Offshore-Firmenkonstruktionen war er als strafrechtlicher Rechtsberater nicht befasst.“

„Aus berufsrechtlichen Gründen keine Angaben“

Die Sachverständigenfrage war auch in einer weiteren Besprechung vom 8. Juli 2008 Thema: „Nach Diskussion wird beschlossen, im Sinne meiner (RA Klaus, Anm.) Vorschläge sowohl einen neuerlichen Ablehnungsantrag, als auch einen Antrag auf Bestellung eines anderen SV (Sachverständigen, Anm.) zu stellen. Beide Anträge werden von Prof. Brandstetter nicht mitunterzeichnet, damit er im Falle des Scheiterns der Anträge seine im BAWAG-Verfahren gegebene Gesprächsbasis zu Dr. Kleiner dazu nutzen kann, ihn allenfalls dazu zu bewegen, sich aus der gegenständlichen Rechtsfrage herauszuhalten.“ 

Brandstetter sagt auch zu diesen Vorgängen: „Über Inhalte ehemaliger Mandatsverhältnisse darf ich aus berufsrechtlichen Gründen grundsätzlich keine Angaben machen. Es sei aber der Hinweis gestattet, dass derartige einseitige Anpatzversuche nicht neu sind und seit meinem Amtsantritt immer wieder durch diverse Medien kursieren.“

Kulterer wurde letztlich wegen Bilanzfälschung, bei der es um einen Schaden von 300 Millionen Euro gegangen war, zu einer Geldstrafe verurteilt. 

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