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Stirbt unsere Justiz einen stillen Tod?
„Die Justiz stirbt einen stillen Tod.“ Dieser Aussage von Justizminister Clemens Jabloner folgte ein im November veröffentlichter „Wahrnehmungsbericht“ zur Lage der Justiz. Stirbt die Justiz also wirklich? Und wenn ja: Was sind die Ursachen, die dahinter liegen?
Das Projekt Justizreform ist eine 3-teilige Recherche.

Viele Übergangsminister legten ihre Amtszeit ruhig an, nicht so Clemens Jabloner. Der ehemalige Präsident des Verwaltungsgerichtshofs nutzt seine Amtszeit als Interimsminister, um auf die Probleme aufmerksam zu machen, die er in der Justiz ortet. Der Satz, der von seinem Interregnum bleiben wird, ist vermutlich: „Die Justiz stirbt einen stillen Tod.“ Der Aussage folgte ein im November veröffentlichter „Wahrnehmungsbericht“ zur Lage der Justiz. Stirbt die Justiz also wirklich? Und wenn ja: Was sind die Ursachen, die dahinter liegen? Die Antwort auf die erste Frage lautet: noch nicht jetzt, aber vielleicht bald.

Gerichte im Notfallmodus

8.000 Stellen (oder 4,8 Prozent der Angestellten) hat die Verwaltung seit 1999 eingespart, langfristig schwerer wiegt die Altersfrage: 45 Prozent der Beamten sind über 50 Jahre alt. Das trifft auch das Justizsystem. Die Justizwache allein hat eine Viertelmillion Überstunden geleistet, und trotzdem beginnen die schlechter besetzten Nachtdienste in vielen Justizanstalten bereits um 15 Uhr. Diverse Bezirksgerichte schalteten bereits im Sommer in einen Notfallmodus. Vor allem Kanzleikräfte fehlen.

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Hohe Gebühren, wenig Nutzen (für die Justiz)

Dabei ist die Justiz mit 2,2 Prozent des Gesamtbudgets eigentlich nur ein kleiner Posten. Noch dazu einer, der sich fast selbst finanzieren würde. Kein anderer Staat in Europa nimmt so viel mit Gerichtsgebühren ein wie Österreich – die Gerichtsgebühren sind höher als die Kosten, die die Justiz (ohne die Gefängnisse) pro Jahr verursacht. In Finnland etwa machen Gerichtsgebühren nur 8 Prozent der Kosten aus, in Österreich sind es 117 Prozent. Aber für den Bürger erschweren diese Gebühren den Zugang zum Recht , insbesondere bei hohen Streitwerten: Ab 350.000 Euro werden sie prozentuell berechnet, ohne Deckelung. Warum hat die Justiz dann trotzdem ein Budgetproblem? Die österreichischen Gerichtsgebühren fließen zurück ins Budget und sind nicht zweckgebunden: Die Justiz hat nichts davon.

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Justiz 3.0: Bitte warten

Ein Ansatz, die Kosten für die Justiz zu reduzieren oder zumindest Justizpersonal zu entlasten, heißt „Justiz 3.0“ – die Digitalisierung der Justiz . Aber selbst der Digitalisierungsbeauftragte des Justizministeriums sagt: „Das Projekt ist ins Stocken geraten.“ Gerade einmal 0,37 Prozent aller Akten des Jahres 2019 waren bis Oktober des Jahres voll digital. Aber dass künstliche Intelligenz und Algorithmen in Zukunft die Justiz im großen Rahmen entlasten werden, glauben die Akteure im Justizsystem sowieso nicht. Die von Menschenhand geschaffenen Probleme der Justiz werden auch in Zukunft Menschen bewältigen müssen. 

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