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Die Sommermonate in der Gemeinde waren in den vergangenen zehn Jahren um °C wärmer als jene vor fünfzig Jahren (1971-2000) – die Höchsttemperaturen liegen häufiger im Bereich über °C. Diese Verschiebung vom Ausnahmesommer zur Regel wird in dieser Grafik deutlich.

Der durchschnittliche Sommer in wurde wärmer

Verteilung der durchschnittlichen Tageshöchstwerte in den Sommermonaten in der Referenzperiode 1971–2000 im Vergleich zu 2008–2018.

Für diese Grafik hat Addendum die Temperaturen zwischen 1971 und 2000 als Ausgangspunkt gewählt und diese in drei etwa gleich große Gruppen geteilt: kalt, normal, warm. Der Vergleich mit den Höchsttemperaturen der Periode 2008–2018 hebt hervor, wie der Anteil der als „warm” eingestuften Tage von auf Prozent stieg.

Pannonisches Klima vs. Salzkammergut

Die deutlichsten regionalen Veränderungen gab es im östlichen Dreiländereck, wo Österreich an Tschechien und die Slowakei grenzt – einer Region die seit jeher zu den wärmsten Österreichs zählt. Die durchschnittlichen Höchsttemperaturen in den Sommermonaten zwischen 2008 und 2018 sind dort um rund 2,5 °C gestiegen – etwa in den Gemeinden Drösing, Hohenau an der March oder Neusiedl an der Zaya. Das Plus von mit °C ist im bundesweiten Vergleich . Für ganz Österreich gilt: In keiner Gemeinde ist der durchschnittliche Sommer kälter geworden. Am moderatesten war der Temperaturanstieg im Salzkammergut.

Wo die mittleren Höchsttemperaturen im Sommer am stärksten gestiegen sind

Differenz der durchschnittlichen Tageshöchstwerte in den Sommermonaten in der Referenzperiode 1971–2000 im Vergleich zu 2008–2018. Je dunkler das Rot, desto höher die Differenz.

Diesen Berechnungen liegen historische Temperaturdaten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) zugrunde. Addendum hat aus dem Datensatz, in dem Temperaturen mit einer Auflösung von 1×1 Kilometer enthalten sind, die jeweiligen Gemeindezentren gefiltert und die Daten jeweils für diesen Punkt aufbereitet (genaueres zur Methodik). Diese Vorgehensweise haben wir sowohl für das Klima der Vergangenheit als auch für jenes der Zukunft gewählt.

Das Klima der nächsten Generation

Denn die ZAMG, das Grazer Wegener Center für Klima und globalen Wandel sowie die Universität Salzburg haben in einem umfassenden Projekt berechnet, wie sich die wichtigsten Klimaindizes verändern. Die Modelle haben die Wissenschafter für zwei Zeiträume ausgewertet und für zwei Szenarien analysiert:

  • Für die nächste Generation von 2021–2050 sowie für das Klima in etwa 50 Jahren von 2071–2100
  • Sowie für ein Szenario mit gleichbleibenden Treibhausgasemissionen (+4,5 °C-Szenario) sowie einem Szenario mit Einhaltung der Pariser Klimaziele (+1,3 °C)

Dass der Klimawandel jede Gemeinde in unterschiedlichem Maß trifft, spiegelt sich auch in diesen Szenarien wider. So haben die Wissenschafter für 2071–2100 ohne weitere Klimaschutzmaßnahmen einen Anstieg der mittleren Lufttemperatur um mehr als 5,4 °C für viele Vorarlberger Gemeinden berechnet – etwa in Schoppernau oder Tschagguns. In manchen Gemeinden im niederösterreichischen Waldviertel wird dahingegen ein Plus von rund 3,6 °C erwartet - etwa in Waldkirchen an der Thaya oder Dobersberg. In soll die mittlere Sommertemperatur um rund °C steigen. Im bundesweiten Vergleich ist das . Die Zahlen zeigen allerdings nur ein Szenario.

Klimaschutz vs. weiter wie bisher

Hier können Sie sehen, wie sich die mittlere Temperatur in den Sommermonaten in Ihrer Gemeinde im Vergleich zu allen anderen Gemeinden verändern könnte. Visualisiert werden die mittleren Temperaturen für die nahe und ferne Zukunft für den Fall, dass die Ziele des Pariser Abkommens eingehalten werden sowie für den Fall, dass keine Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt werden. Gemeinden weiter links in der Verteilung sind durchschnittlich kälter, Gemeinden weiter rechts zählen zu den wärmeren Gemeinden Österreichs.

Wie ein Durchschnittssommer der Zukunft in aussehen könnte

Entwicklung der mittleren Lufttemperatur in den Sommermonaten in der nahen und fernen Zukunft im Vergleich zur Referenzperiode 1971–2000.

Während die Berechnungen für das Klima der nächsten Generation bis zum Jahr 2050 je Klimaszenario bereits kleine Unterschiede zeigen, ergeben sich für die Klimaperiode ab 2071 große Differenzen. So würde die mittlere Tagestemperatur in ohne Klimaschutzmaßnahmen zwischen - °C zulegen, bei Einhaltung des Pariser Abkommens aber nur zwischen -°C. Das Angeben der Ergebnisse der Klimaszenarien in Form von Bandbreiten halten Wissenschafter insgesamt für zielführender als die Angabe eines mittleren Werts. Denn jede Projektion bringt ihre Unsicherheiten mit sich. „Wir müssen damit rechnen, dass die tatsächlichen Änderungen auch ausserhalb der angegebenen Bandbreiten unserer Berechnungen aus dem Projekt ÖKS15 liegen können“, sagt etwa Heimo Truhetz, Klimaforscher am Wegener Center in Graz.

Was heißt das in Hitzetagen?

Die Auswirkungen eines Anstieges der durchschnittlichen Sommertemperaturen im niedrigen einstelligen Bereichen sind schwer zu fassen. Darin enthalten sind Wetterextreme, die den Durchschnitt nach oben treiben – etwa lange Dürreperioden, Tropennächte oder Hitzetage. Eine bessere Einordnung erlaubt deshalb der Blick auf die Entwicklung der Hitzetage mit mehr als 30 °C. Je weiter links Ihre Gemeinde in dieser Grafik hervorgehoben wird, desto seltener sind Hitzetage im Vergleich zu anderen Gemeinden Österreichs.

Wie sich die Zahl der Hitzetage entwickelt

Mittlere Zahl der Hitzetage in in den Sommermonaten in der nahen und fernen Zukunft im Vergleich zur Referenzperiode 1971–2000 je Szenario.

Zusammengefasst: In den nächsten 30 Jahren sind zwischen den beiden Klimaszenarien nur geringfügige Unterschiede vorhanden. Im Vergleich zum Ausgangspunkt (1971–2000: Hitzetage) ist die Zahl bereits höher. Deutliche Effekte zeigen sich für die Periode nach 2071. Hier errechnete die Klimaforscher der ZAMG bis Hitzetage für , wenn das Pariser Abkommen eingehalten werden würde. Ohne Klimaschutzmaßnahmen wäre mit einer Zunahme um bis Hitzetagen zu rechnen. Besonders betroffen in Österreich insgesamt: das Alpenvorland, das Flach- und Hügelland sowie das Klagenfurter Becken. In Mittelgebirgslagen wäre die Zahl der Hitzetage ohne Klimaschutzmaßnahmen so hoch wie in Wien heute.


Wo bis 2100 mehr Hitzetage berechnet sind

Zunahme der Hitzetage in Österreich für den Zeitraum 2071–2100 im Vergleich zur Referenzperiode 1971–2000. Je heller, desto geringer der Anstieg. Je dunkler, desto höher der Anstieg.

Paris-Szenario

Business-as-usual-Szenario

Welche gesundheitlichen Folgen ziehen diese Veränderungen nach sich?

Mitunter zu dieser Frage hat das „Austrian Panel on Climate Change“ im Vorjahr eine umfassendes Werk veröffentlicht. Konsens darin: Selbst ein moderater Temperaturanstieg ist mit einer erhöhten Sterblichkeitsrate verbunden. Ältere Menschen, Kinder und Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind besonders gefährdet. Vor allem in Städten kommen viele Faktoren zusammen. Aufgrund der hohen Bebauungsdichte, des hohen Versiegelungsgrades (Hitzeinseln, weniger Grünflächen) und zusätzlicher Wärmequellen ist der Temperaturanstieg besonders hoch. In Wien sind die durchschnittlichen Tageshöchstwerte im Sommer bereits jetzt höher als in anderen Gemeinden Österreichs, Hitzetage häufiger und Tropennächte keine Seltenheit. Weil urbane Regionen wie die Bundeshauptstadt in den nächsten Jahrzehnten weiter an Einwohner gewinnen sollen und die Alterung der Gesellschaft voranschreitet, steigt hier das Risiko gesundheitlicher Folgen.

Wien

Einwohner
2019: 1,9 Mio.
2048: 2,2 Mio.
Anteil über 65-Jähriger
2019: 16 %
2048: 22 %
Hitzetage
im Paris-Szenario: +3-11 Tage (2071-2100)
ohne Klimaschutz-Maßnahmen: +19-39 Tage (2071-2100)

Graz

Einwohner
2019: 289.000
2050: 356.000
Anteil über 65-Jähriger
2019: 17 %
2050: 25 %
Hitzetage
im Paris-Szenario: +4-9 Tage (2071-2100)
ohne Klimaschutz-Maßnahmen: +19-43 Tage (2071-2100)

Salzburg

Einwohner
2019: 154.000
2050: 161.000
Anteil über 65-Jähriger
2019: 20 %
2050: 25 %
Hitzetage
im Paris-Szenario: +2-9 Tage (2071-2100)
ohne Klimaschutz-Maßnahmen: +13-35 Tage (2071-2100)

Statistisch betrachtet steigt die Zahl der Todesfälle pro Tag oberhalb einer Tagesmaximaltemperatur von 20–25 °C. So starben etwa während der Hitzewelle im August 2003 in zwölf europäischen Ländern innerhalb von zwei Wochen fast 40.000 Menschen mehr als im langjährigen Durchschnitt. Für Österreich wird bei einem moderaten Klimawandelszenario mit 1.060 Todesfällen pro Jahr gerechnet. Das größte Risiko gibt es wiederum in den Ballungszentren. Weniger Hitzestress darf sich aber keine Gemeinde erhoffen. 


Methodik

Was ist die Datenbasis für die historischen Sommertemperaturen?
Der sogenannte SPARTACUS-Datensatz der ZAMG besteht aus rund 61.000 Feldern. Weil eine Aufbereitung der Daten auf dieser Ebene sehr lange Ladezeiten auf Smartphones nach sich ziehen würde – wir hätten eine Eingabe der jeweiligen Wohnadresse und dem darauffolgenden Matchen auf das jeweilige Feld vorgesehen gehabt – haben wir nur den Mittelpunkt jeder Gemeinde als Referenz für die gesamte Gemeinde gewählt. Das vereinfacht das Laden der Daten, führt aber zu Unschärfen. Das Klima einer Gemeinde, deren Grenzen sowohl Berg- als auch Tallagen umfasst, wird dadurch nicht umfänglich dargestellt. In den meisten Fällen wurde das Gemeindeamt als Zentrum einer Gemeinde definiert. Quelle für die verwendeten Geokoordinaten waren OpenStreetMap und Wikidata.

Warum ist der Anstieg der durchschnittliche Höchsttemperatur der vergangenen zehn Jahren in etwa so hoch wie die veröffentlichte Änderung gemäß der Projektion für den 30-jährigen Zeitraum 2021–2050?
Wir vergleichen hier eine dreißigjährige Referenzperiode (1971–2000) mit einer zehnjährigen, aktuelleren Periode. Dadurch ist die Berechnung sensibler auf natürliche Schwankungen im Klima und die Abweichungen sind größer.

Welche Schwächen hat der SPARTACUS-Datensatz, mit dem die bisherige Temperaturveränderung der Höchsttemperaturen im Sommer berechnet wurde?
STARTACUS basiert auf räumlich interpolierte Stationsdaten. An Orten, die über keine Station verfügten, geben die ZAMG-Forscher einen mittleren absoluten Fehler von ca. 1 °C an (siehe hier Fig. 1).

Welche Annahmen stehen hinter den Treibhausgasszenarien mit den Pariser Abkommen einerseits und dem Business-as-usual-Szenario andererseits?
Um das Pariser Klimaabkommen zu erreichen, müsste der jährliche globale Treibhausgas-Ausstoß nicht später als 2020 sein Maximum erreichen. Bis 2030 müsste das Emissionsniveau wieder auf jenes von 1990 gesenkt werden und bis 2050 weiter auf 20-30 % des Emissionsniveaus von 1990 sinken. Um das bevorzugte 1,5 °C Ziel zu erreichen, wäre eine deutlich raschere Reduktion der Treibhausgasemissionen nötig. Dahingegen werden beim RCP 8.5-Szenario keine Maßnahmen zum Klimaschutz unternommen und das Wirtschaftswachstum beruht weiter auf der Verbrennung fossiler Energieträger. Die Weltbevölkerung wächst weiter ebenso wie das Pro-Kopf-Wirtschaftswachstum. Technologische Veränderungen treten langsamer ein als bei anderen Szenarien. Dadurch steigt die weltweite Temperatur bis zum Ende des Jahrhunderts um bis zu 4,3 °C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.

Wie funktionieren diese Klimaprojektionen im Groben?
Um die volle Bandbreite möglicher zukünftiger Auswirkungen der globalen Erderwärmung darzustellen, werden in der Klimaforschung globale und regionale Klimamodelle sowie diverse statistische Verfahren eingesetzt. Um der Unsicherheit Rechnung zu tragen, die durch das zukünftige menschliche Handeln entsteht, wurden verschiedene Szenarien entwickelt. Diese Szenarien beschreiben unterschiedliche zukünftige Entwicklungen der Bevölkerung, der Weltwirtschaft, des technologischen Fortschritt, des menschlichen Handelns sowie die damit einhergehende Entwicklung klimarelevanter Treibhausgase und Aerosole und dienen als Randbedingung für die Klimamodelle. Die Wissenschaftler sprechen daher auch von Klimaprojektionen (mögliche zukünftige Klimazustände) und nicht von exakten Prognosen. Um der Vielfalt möglicher Klimaentwicklungen gerecht zu werden, werden für jedes Treibhausgasszenario viele Klimasimulationen mit unterschiedlichen Modellen gerechnet. Für jedes Treibhausgasszenario ergibt sich somit eine ganze Bandbreite an möglichen zukünftigen Entwicklungen. Um der topographischen Komplexität Österreichs bestmöglich gerecht zu werden, wurden in ÖKS15 13 regionale europaweite Klimaprojektionen aus dem Projekt EURO-CORDEX, einer Initiative des World Climate Research Programme, speziell für Österreich aufbereitet. Dafür wurden die Daten in einem ersten Schritt auf das Gitter von Beobachtungsdatensätzen interpoliert und anschließend pro regionaler Klimaprojektion mit einer speziellen Methode um systematische Fehler (eng. Biases) bereinigt.

Was ist der Unterschied zwischen Klima und Wetter?
Wetter ist die Laune, Klima ist die Persönlichkeit – das wäre die vereinfachte Antwort. Spezifischer ausgedrückt meint Wetter aktuelle Bedingungen – ist es heiß? ist es kalt? regnet es? – und Klima den statistischen Durchschnitt dieser Bedingungen über einen langen Zeitraum – typischerweise 30 Jahre oder mehr.

Selbst Wetterprognosen für die übernächste Woche sind oft inkorrekt – warum sollten Klimaprojektionen bis ans Ende des Jahrhunderts richtig sein?
Langfristige Wetterprognosen sind schwieriger als Klima-Projektionen , weil an jedem einzelnen Tag mehrere Szenarien eintreten könnten – Temperaturschwankungen um mehrere Grad Celsius, Gewitter oder auch Regenschauer. Zudem sind frühere Klimaprojektionen durch aktuelle Beobachtungen belegt worden und Klimamodelle für die Zukunft haben das Klima der Vergangenheit richtig reproduziert.

Welche Quellen werden für die Bevölkerungsprojektionen herangezogen?
Für Graz und Salzburg werden die Daten der Österreichischen Raumordnungskonferenz verwendet. Diese hat im Jahr 2018 für Bezirke bzw. Prognoseregionen eine kleinräumige Analyse erstellt. Für die Zahlen zu Wien wird auf Prognosen der Stadt selbst zurückgegriffen, weil diese aktueller gehalten sind.

Quellen und Berichte, die in diesen Artikel eingearbeitet sind oder oder in der Vorrecherche gelesen wurden ?

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