Hinweis: Basierend auf den Daten von Project Drawdown.
In den kommenden zehn Jahren will die EU 1.000 Milliarden Euro in den Klimaschutz investieren. Wenig Einigkeit herrscht aber bei der Frage, was genau mit diesem Geld passieren soll. Denn nicht jede Maßnahme ist gleich effizient, wenn es darum geht, Treibhausgase zu reduzieren. Addendum hat auf der Basis wissenschaftlicher Berechnungen ein „Klima-Quiz“ programmiert. Probieren Sie es aus und „investieren“ Sie: Was sind die besten Optionen zur Rettung des Klimas?
Mit dem 1.000-Milliarden-Plan sollen im Rahmen des European Green Deal unter anderem der Energiesektor, das Transportwesen oder die Lebensmittelwirtschaft umgebaut werden. Was dahintersteckt, kennt man: Windräder, Solardächer, Elektro-Autos oder Bio-Schnitzel. Aber sind diese und andere Ansätze tatsächlich auch jene, die aus wissenschaftlicher Sicht den größten Nutzen für das Klima versprechen?
Für die Entwicklung des Weltklimas ist es völlig irrelevant, von welchem Staat aus Treibhausgase in die Atmosphäre entweichen. Einzig die globale Gesamtbilanz wird über Erfolg oder Misserfolg bei der Erreichung der Pariser Klimaziele entscheiden. Es könnte daher weitaus sinnvoller sein, einen Teil der österreichischen Klimaschutz-Gelder nicht in Österreich, sondern in Bangladesch oder im Kongo zu investieren. Jedenfalls dann, wenn sich dort durch bestimmte Maßnahmen pro Euro mehr Kilogramm CO2-Äquvivalent einsparen lassen.
Eine Gruppe von Wissenschaftlern hat unter dem Namen Project Drawdown eine Rangliste von rund 80 konkreten und aktuell bereits verfügbaren Klimaschutzmaßnahmen ausgehend von ihrem Klimagas-Einsparpotential erstellt. Sie reichen vom Einsatz alternativen Zements über den Ausbau von Homeoffice bis zur Förderung sogenannter Waldweiden. Etliche der genannten Optionen werden in der Öffentlichkeit wenig bis gar nicht diskutiert.
Beispiel: Überall auf der Welt, wo Menschen ausreichend Zugang zu Bildung und Geburtenkontrolle haben, sinkt die durchschnittliche Zahl der Kinder pro Frau. Je weniger Kinder auf die Welt kommen, desto langsamer wächst die Bevölkerung und desto weniger schnell wächst der Energie- und Ressourcenbedarf der Menschheit als Ganzes.
Eine Million Euro in die Schulausbildung indischer oder nigerianischer Mädchen zu investieren, könnte der Atmosphäre also eine größere Menge an Treibhausgasen ersparen als die Installation von Windrädern in Tirol.
Kältemittel aus der Gruppe der sogenannten FCKW beziehungsweise Fluorchlorkohlenwasserstoffe erlangten in den 1980er Jahren zweifelhafte Berühmtheit, weil sie die Ozonschicht der Erde zu zerstören drohten. Mittlerweile wurden sie in Kühlschränken und Klimaanlagen durch die FKW, also die Fluorkohlenwasserstoffe ersetzt. Diese schonen zwar die Ozonschicht, ihr Potenzial als Treibhausgas liegt aber um bis zu 9.000 Mal höher als das von Kohlendioxid. Da 90 Prozent dieser Emissionen am Ende der Lebenszeit der Geräte entsteht, bergen Investitionen in die fachgerechte Entsorgung von Kühlschränken und Klimaanlagen vor allem in Entwicklungsländern enormes Potenzial in Sachen Klimaschutz.
Auch die Bekämpfung von Lebensmittelverschwendung oder die Reduktion des Fleischkonsums gehören laut Project Drawdown zu den wichtigen und effektiven, aber aktuell noch eher wenig diskutierten Optionen des Klimaschutzes.
Eine Auswahl der Project-Drawdown-Optionen hat Addendum mit den Kosten für die jeweilige Maßnahme verrechnet. So wird ersichtlich, wie viel Kilogramm CO2-Äquivalent für jeden dort investierten Euro rein rechnerisch eingespart werden könnte. Beim Spielen des Klima-Quizs geht es darum einzuschätzen, bei welcher von jeweils zwei Investitions-Möglichkeiten der Euro besser angelegt ist. Sprich: Mit welcher Investition sich mehr CO2 einsparen ließe.
Project Drawdown ist eine im Jahr 2014 von den US-Amerikanern Amanda Ravenhill und Paul Hawken gegründete Non-Profit-Organisation. Deren Ziel ist es, mit wissenschaftlichen Methoden die vielversprechendsten Lösungsansätze zur Bekämpfung des Klimawandels herauszufinden und weltweit bekanntzumachen.
Der Umweltaktivist, Unternehmer und Buch-Autor Hawken veröffentlichte 2017 auch den New-York-Times-Bestseller Drawdown – The Most Comprehensive Plan Ever Proposed to Reverse Global Warming. (Deutschsprachiger Titel: Drawdown – Der Plan wie wir die Erderwärmung umkehren können)
Drawdown lässt sich mit Absenkung übersetzen. Gemeint ist ein Zeitpunkt in der Zukunft, ab dem der Treibhausgasgehalt der Atmosphäre nicht weiter steigt, sondern beginnt zu sinken.
Eigenen Angaben zufolge haben mehrere Dutzende wissenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für Project Drawdown rund 100 aktuell verfügbare und existierende Lösungsansätze überprüft. Sie studierten dazu die wissenschaftliche Literatur und errechneten modelhaft, wie viele Gigatonnen (eine Gigatonne entspricht einer Milliarde Tonnen) CO2-Äquivalent Treibhausgase sich in den drei Jahrzehnten zwischen 2020 und 2050 einsparen lassen, wenn die Lösung auf ein bestimmtes Maß skaliert beziehungsweise ausgeweitet wird. Rund 80 Lösungen haben es in die aktuelle, fortlaufend überprüfte und aktualisierte Liste geschafft.
Die Liste führt neben anderen Größen das errechnete Einsparpotential in Gigatonnen sowie die Kosten für die Einführung der Maßnahme an.
Dabei sind zwei Szenarien berücksichtigt: Szenario 1 geht von einer Begrenzung des Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur von 2 Grad aus. Szenario 2 geht von einer Begrenzung von 1,5 Grad aus.
Für das Klima-Quiz wurden nur Optionen berücksichtigt, für die Project Drawdown Kosten berechnet hat. Optionen, wie etwa eine stark pflanzenbasierte Ernährung, die im Prinzip keine direkten Kosten verursachen, sind im Quiz daher nicht enthalten – auch wenn sie ein enormes Einsparpotential in sich bergen.
Berechnungen, die einen Zeitraum von 30 Jahren einschließen, sind mit Unsicherheiten behaftet. Es ist nahezu unmöglich, dass die kalkulierten Zahlen der Realität exakt in dieser Form standhalten würden.
Project Drawdown selbst weist darauf hin, dass die relative Bedeutung jeder einzelnen Maßnahme je nach geografischen, ökologischen, ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen stark variieren kann.
Ziel des Klima-Quizs ist die spielerische Entdeckung vor allem wenig bekannter Optionen des Klimaschutzes und damit die Schaffung einer Diskussionsgrundlage.