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Wo sich Unwetter häufen
31. August 2020 Klima Lesezeit 7 min
Starke Niederschläge, Hagel, Blitze: Am vergangenen August-Wochenende zogen wieder starke Unwetter über Österreich. Ein Überblick, welche Regionen und Gemeinden besonders häufig von extremen Wetterereignissen getroffen werden.
Dieser Artikel gehört zum Projekt Klima und ist Teil 15 einer 15-teiligen Recherche.
Bild: Manfred Valentin Ramminger / imageBROKER

Überflutungen in Niederösterreich, Sturm und Hagel in der Steiermark, Muren nach Starkregen in Kärnten: Diesen Sommer fühlt es sich an, als ob ein schweres Unwetter auf das nächste folgt. Aber für welche Regionen und Gemeinden sind diese Extremwetterereignisse kein Einzelfall? Wo häufen sich Gewitter schon immer? Und wo bündeln sich starke Niederschläge? Zur Beantwortung dieser Fragen haben Meteorologen des Wetterdienstes UBIMET für Addendum exklusiv Daten von Messstationen, Satelliten und Radar der vergangenen 13 Jahre ausgewertet (2007–2019). Es zeigen sich klare regionale Muster, welche Gemeinden häufiger von Unwettern getroffen werden. Die Ergebnisse der Spezialauswertung des Unternehmens hinter der Österreichischen Unwetterzentrale sehen Sie in drei Teilbereiche aufgeschlüsselt:

1. Schwere Gewitter: Grazer Becken als Hotspot
2. Überdurchschnittlich viele Gewitter in Kärnten und der Steiermark
3. Starke Niederschläge vermehrt in Südkärnten, Salzkammergut, Bregenzerwald

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Schwere Gewitter mit Hagel ziehen regelmäßig schwere Schäden für die Landwirtschaft nach sich.

Schwere Gewitter: Steirisches Randgebirge als Hotspot

Stiwoll in der Steiermark: 706 Einwohner, rund um das Gemeindeamt sind Gasthaus, Pfarre und Fußballplatz im Dreieck angeordnet. Unweit davon steht das Gebäude der freiwilligen Feuerwehr. Das Beseitigen von Sturmschäden, Auspumpen von Kellern und Bergen umgestürzter Bäume ist für sie keine Seltenheit: Stiwoll ist jene Gemeinde, die am häufigsten von schweren Unwettern getroffen wird. An elf Tagen pro Jahr gab es im langjährigen Schnitt Unwetter mit schwerem Sturm oder Hagel. Das ist doppelt so häufig wie der bundesweite Durchschnitt. Dagegen sind schwere Gewitter am Alpenhauptkamm die Ausnahme, wie die Visualisierung der durchschnittlichen Zahl der schweren Gewittertage je Gemeinde zeigt. Klicken Sie die Gemeinde, um zu erfahren, wie häufig Gewitter mit Sturm oder Hagel Ihre Gemeinde treffen, oder geben Sie den Namen der Gemeinde im Suchfeld ein.

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Das steirische Randgebirge und das Grazer Becken bieten geografisch den idealen Nährboden für schwere Gewitter. Die Lavanttaler Alpen im Westen, das Grazer Bergland im Norden sowie das oststeirische Hügelland im Süden sind in Kombination mit der warmen, feuchten Luft aus dem Mittelmeerraum gute Voraussetzungen. Die Randlage am Ost- und Südostrand führt dazu, dass es permanent Nachschub energiereicher Luft aus flachen Regionen gibt – das erleichtert die Entstehung von Wärmegewittern.

Für das Entstehen von Gewittern sind im Allgemeinen drei Bedingungen notwendig: hohe Luftfeuchtigkeit, eine labile Schichtung der Atmosphäre sowie günstige Umstände für das Aufsteigen der Luft. Das kann beispielsweise das Aufeinandertreffen von bodennaher Luft mit einer Front sein. Für besonders schwere Gewitter muss es zusätzlich eine Änderung von Windgeschwindigkeit und -richtung mit der Höhe geben. Häufig sind solche Bedingungen für heftige, langlebige Gewitter von den Fischbacher Alpen in Richtung Oststeiermark vorzufinden. Ähnlich verhält es sich um die Glein-, Kor- und Packalpe, wo Gewitter über das Hügelland der West- und Südweststeiermark in südliche und östliche Richtungen ziehen.

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Anders verhält es sich zum Alpenhauptkamm, wo die lange Schneebedeckung seltener zulässt, dass sich feuchte, bodennahe Luft aufheizt und aufsteigt. Die sogenannte Konvektion gelingt nicht. Als Beispiel: Über die Tiroler Gemeinden Sölden, Ischgl oder Galtür zogen gemäß der UBIMET-Daten im langjährigen Schnitt nur ein bis zwei schwere Gewitter im Jahr. „Diese Trockentäler sind von allen Seiten durch die Berge von der Feuchtigkeitszufuhr abgeschnitten, deshalb sind schwere Gewitter selten“, erklärt Manfred Spatzierer, Chefmeteorologe von UBIMET. Auch im niederösterreichischen Weinviertel und Marchfeld sind schwere Unwetter im langjährigen Schnitt die Ausnahme. Dort ist die allgemeine Trockenheit ausschlaggebend.

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Gewitter entladen sich speziell im Süden des Landes häufiger.

Gewitter vor allem in Kärnten und der Steiermark

Bad Bleiberg, Nötsch im Gailtal, Hohenturn: Diese drei Kärntner Nachbargemeinden sind Österreichs Hotspot für Gewitter. Im langjährigen Schnitt gab es in diesen drei Gemeinden in Südkärnten mehr als 32 Gewittertage pro Jahr. Zum Vergleich: In und um Wien sind es nur halb so viele. Voraussetzung für einen Gewittertag ist das Auftreten eines Blitzes fünf Kilometer rund um das Gemeindezentrum. Leichte Frühlingsgewitter sind also ebenso enthalten. Das regionale Muster von Gewittertagen ähnelt jenem mit schweren Gewittertagen stark.

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Starke Niederschläge treten üblicherweise in Staulagen gehäuft auf. Nicht so wie hier im Bezirk Melk, wo es zu Überflutungen kam.

Starke Niederschläge vermehrt in Südkärnten, Salzkammergut, Bregenzer Wald

Geflutete Keller, überschwemmte Straßen: Sintflutartige Niederschläge haben in diesem Sommer etwa im Bezirk Melk in Niederösterreich zu schweren Schäden geführt. Und das, obwohl die Gemeinde traditionell nicht zu einer Region gehört, die häufig von starkem Niederschlag betroffen ist. Üblicherweise gab es etwa in Mank im langjährigen Schnitt an 1,8 Tagen mehr als 40 Liter Niederschlag pro Quadratmeter innerhalb von 24 Stunden. In den Gemeinden Kötschach-Mauthen und Dellach in Oberkärnten sind diese Phänomene sechsmal häufiger. An rund zwölf Tagen fielen in diesen Gemeinden im Durchschnitt pro Jahr mehr als 40 Liter pro Quadratmeter Regen oder Schnee. Verantwortlich dafür, dass manche Gemeinden häufiger von starken Niederschlägen innerhalb kurzer Zeit getroffen werden, sind Staulagen vor Bergen, wie die Karte zeigt.

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Die Alpen zwingen die Luft zu einer Aufwärtsbewegung, um diese Staulagen zu überwinden. So kommt es zu einer Abkühlung der Luftmasse. Wenn diese Luft feucht genug ist, kommt es zuerst zur Wolkenbildung, danach zum Niederschlag. In Österreich dominieren zwei Stau-Regionen: Nord und Süd.
Die heimische Nordstau-Region reicht von Westen nach Osten: vom Bregenzerwald, dem Arlberg ostwärts bis zu den Voralpen in Niederösterreich und zum Wienerwald. Der Stau entsteht, sobald die Luftströmung aus Norden oder Süden ein west-ost-orientierter Gebirgszug trifft. Eine 2.000 Meter hohe Gebirgskette etwa bildet einen Stau, der 100 Kilometer in die entgegengesetzte Windrichtung zurückreicht. Der Südstau beeinflusst vor allem Regionen von Osttirol über Kärnten bis in die südliche Steiermark.

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Gewitter seltener, dafür heftiger

Mit einer Zunahme der Gewittertage aufgrund des Klimawandels rechnet Experte Spatzierer eher nicht. Im Gegenteil: „Tendenziell rechnen wir mit einer Abnahme flächendeckender extremer Niederschlagsereignisse und einer Zunahme von längeren Trockenperioden. Dafür werden die Gewitter, die dann am Ende solcher trockenen Perioden auftreten, punktuell umso heftiger ausfallen.“ 

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