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„Die Bulgaren können ruhig schlafen“
6. März 2020 Neue Flüchtlings­welle Lesezeit 2 min
Zwei europäische Länder grenzen an die Türkei: Griechenland und Bulgarien. An der griechischen Grenze versuchen seit einer Woche tausende Migranten nach Europa zu kommen. An der bulgarischen Grenze nicht. Warum?
Dieser Artikel gehört zum Projekt Neue Flüchtlings­welle und ist Teil 13 einer 15-teiligen Recherche.
Bild: Hristo Rusev | AP

Seit letztem Samstagmorgen haben laut der griechischen Regierung 36.649 Menschen versucht, illegal von der Türkei nach Griechenland zu kommen. Dabei wurden 260 festgenommen. Ganz anders sieht die Bilanz in Bulgarien aus. Dem dortigen Innenministerium zufolge wurden seit Samstagmorgen zwei Personen an der illegalen Einreise gehindert.

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Es sind zwei verschiedene Welten, die sich auftun, wenn man derzeit die griechisch-türkische und die bulgarisch-türkische Grenzregion abfährt. Auf der griechischen Seite wird Tränengas eingesetzt und es herrschen teilweise kriegsähnliche Zustände.

Auf der bulgarischen Seite ist von der neuen Flüchtlingskrise nichts zu bemerken. Allein die verstärkte Polizeipräsenz lässt erahnen, dass auch in Bulgarien die Alarmbereitschaft erhöht ist.

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Bulgarische Grenzpolizisten am Grenzübergang Kapitan Andreevo

Während die Flüchtlingslager in Griechenland aus allen Nähten platzen, stehen sie in Bulgarien weitgehend leer. „Sollten bis zu 10.000 Menschen nach Bulgarien kommen, wird es kein Problem sein, sie aufzunehmen, unterzubringen, medizinisch zu untersuchen und für ihre erste Bedürfnisse aufzukommen“, sagte eine Expertin der Internationalen Organisation für Migration in Bulgarien vor wenigen Tagen.

Eine Sprecherin der staatlichen Agentur für Flüchtlinge teilt Addendum mit: „5.160 Menschen hätten derzeit in den Flüchtlingslagern Bulgariens Platz. Derzeit leben dort nur 362.“ Das größte Flüchtlingslager im Land, Harmanli, welches 2015 knapp dreitausend Flüchtlinge untergebracht hat, beherberge derzeit nur 108 Flüchtlinge.

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Harmanli, das größte Flüchtlingslager Bulgariens, steht weitgehend leer.

Festung Bulgarien

„Die Bulgaren können ruhig schlafen“, sagte der bulgarische Premierminister Bojko Borissow am Dienstag nach seinem Besuch beim türkischen Präsidenten Erdoğan in Ankara. Denn Bulgarien ist zum einen nicht Mitglied des Schengen-Abkommens und damit als Druckmittel Erdoğans gegen die EU weniger geeignet, zum anderen verbindet den bulgarischen Regierungschef eine langjährige Freundschaft mit dem starken Mann am Bosporus. Doch es gibt noch einen weiteren Grund, warum Migranten Bulgarien meiden, nämlich die Berichte von 2015: als Flüchtlinge mehrmals von der Polizei an der Einreise gehindert und anschließend zusammengeschlagen wurden. Oder Berichte von bulgarischen Bürgerwehren, die Flüchtlinge attackieren und sogar fesseln.

Dazu kommen noch die geografischen Gegebenheiten: Die griechisch-türkische Grenze auf dem europäischen Festland verläuft knapp 200 Kilometer entlang des Flusses Evros. Nur zwölf Kilometer sind mit einem Grenzzaun gesichert. Die 260 Kilometer lange Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei ist auf einer Länge von 201 Kilometern mit einem Zaun geschützt.

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„Die Lage ist sehr ruhig, es gibt keine Probleme“, sagt Ivan Sharenkov von der Internationalen Organisation für Migration in Bulgarien.

„Wir waren 2015 ein reines Transitland. Wenige Flüchtlinge wollten in Bulgarien bleiben. Dennoch haben wir daraus gelernt“, erzählt Sharenkov weiter, „wir haben einen Zaun, und wir haben genug Geld, um die Flüchtlinge, die wir haben, zu versorgen.“ 

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