loading...
An der Grenze – Update vom 28. Februar
An der Grenze – Update vom 28. Februar
28. Februar 2020 Neue Flüchtlings­welle Lesezeit 2 min
Auf den griechischen Inseln bereitet man sich nun auf einen möglichen Ansturm von weiteren Migranten vor. Viele Einheimische fürchten den endgültigen Kollaps, denn schon jetzt herrscht auf den Inseln Ausnahmezustand.
Dieser Artikel gehört zum Projekt Neue Flüchtlings­welle und ist Teil 3 einer 15-teiligen Recherche.

In der vergangenen Nacht gab die Türkei bekannt, dass sie syrische Flüchtlinge, die nach Europa wollen, nicht länger an der Ausreise hindern wird. Damit machte Premier Erdoğan seine oft wiederholte Drohung wahr, die „Tore zu öffnen“ und setzte die EU und vor allem Griechenland unter extremen Druck. Auf den griechischen Inseln bereitet man sich nun auf einen möglichen Ansturm von weiteren Migranten vor. Viele Einheimische fürchten den endgültigen Kollaps, denn schon jetzt herrscht auf den Inseln Ausnahmezustand.

Addendum-Reporter Georg Gassauer ist seit gestern als einziger ausländischer Journalist auf der Insel Samos . Er beschreibt die Stimmung als äußerst angespannt:

0
Kommentare
Kommentieren
Die Ankündigung aus der Türkei hat hier für große Aufregung gesorgt. Alle Bürger, mit denen ich bisher gesprochen habe, sind zutiefst besorgt.

Die Ankündigung kommt für Griechenland zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Nach den Parlamentswahlen im vergangenen Sommer versprach die neue griechische Regierung, strengere Maßnahmen in der Migrationsfrage zu ergreifen. Eine dieser Maßnahmen ist die Einrichtung geschlossener Lager auf den sogenannten Hotspot-Inseln der Ostägäis, nämlich auf Samos, Lesbos, Kos, Chios und Leros. Die Regierung erhofft sich, mit diesem Schritt Asylverfahren und Rückführungen künftig schneller abwickeln zu können. Da die neuen Lager eine viel größere Kapazität von Migranten aufnehmen sollen als die bereits bestehenden, stießen diese Pläne bei den Einheimischen allerdings auf heftigen Widerstand. Viele Insulaner vertrauen der Regierung nicht, sie fürchten, dass nur noch mehr Migranten auf ihre Inseln kommen und das alltägliche Leben noch stärker belasten als bisher.

Zurzeit befinden sich auf den Inseln mehr als 42.000 Migranten. Im September 2019 waren es noch 26.000, im April gar nur 14.000. Die Folge des Massenansturms: Das Aufnahmezentrum von Samos ist mit fast 8.000 Migranten hoffnungslos überfüllt. Ausgelegt ist es für etwa 700 Personen. Auf den Inseln Lesbos, Kos, Chios und Leros zeigt sich ein ähnliches Bild.

Die Spannungen zwischen Einheimischen und den Behörden erreichten diese Woche ihren vorläufigen Höhepunkt, nachdem die Regierung angekündigt hatte, die Besitzer der an das geplante Lager angrenzenden Grundstücke zu enteignen. Am vergangenen Mittwoch kam es auf den Inseln Samos, Lesbos und Chios zum Generalstreik. Aus Protest gegen den Bau neuer Lager sind alle Regional- und Kommunalbehörden sowie die meisten Geschäfte geschlossen worden. Die Streiks stehen unter dem Motto „Wir wollen unsere Inseln zurück“. Bei den Protesten kam es auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.

0
Kommentare
Kommentieren
Das neue Flüchtlingslager auf der Insel Samos, welches im März eröffnet werden soll. Es wird Platz für bis zu 5.000 Personen bieten.

Der nach Meinung vieler Beobachter überharte Polizeieinsatz gegen lokale Demonstranten auf den Inseln sorgte in ganz Griechenland für Empörung. Der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis will Samos, Chios und Lesbos am Samstag besuchen, um sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen und die Einwohner zu beruhigen. Gleichzeitig gab die griechische Regierung gestern bekannt, dass sie die Inseln unter Quarantäne stellen werde, falls es zu einem Ausbruch des Corona-Virus kommt. Momentan sind in ganz Griechenland drei Fälle bestätigt. Welche Auswirkungen eine Quarantäne der Inseln auf die Ankünfte weiterer Flüchtlinge haben könnte, ist derzeit nicht klar.<span class=“icon-end-of-article“> </span>

0
Kommentare
Kommentieren
loading...
Die Redaktion von Addendum hat mit 15. September 2020 ihren Betrieb eingestellt. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch diese Website letztmalig aktualisiert. Hier finden Sie das vollständige Archiv unserer Rechercheprojekte.
Wir bitten um Ihr Verständnis, dass manche Funktionen auf manchen Endgeräten nicht mehr verfügbar sind.

Das Addendum-Team, September 2020