Update 05. April 2018:
Addendum-Informationen zufolge steht mittlerweile fest: Die für den Ausbau der Ganztagsschule vorgesehenen Zweckzuschüsse und Förderungen von insgesamt 428 Millionen Euro sollen erst ab 2019 zur Verfügung gestellt werden – und nicht, wie bisher im Gesetz vorgesehen, bereits ab 2017. Außerdem sollen die bis dato für 2019 bis 2022 eingeplanten Mittel halbiert werden: Für die Jahre 2019 und 2020 sind nur je 32,5 (bisher: je 65) und für 2021 und 2022 nur je 30 (bisher: je 60) Millionen Euro eingeplant. Die Auszahlung des Großteils der Gelder, nämlich 303 Millionen Euro, ist überhaupt erst für 2023 bis 2032 vorgesehen – für die Verteilung auf die einzelnen Jahre müsse dann jedoch noch ein „gesondertes Bundesgesetz“ beschlossen werden.
Ein entsprechender Vorschlag zur Änderung des Bildungsinvestitionsgesetzes, mit dem die Zurverfügungstellung von 750 Millionen für den Ausbau ganztägiger Schul- und Betreuungsformen ab 2017 geregelt wurde, passierte heute den Budgetausschuss. Dass eigentlich bereits für die Jahre 2017 und 2018 Ausschüttungen von insgesamt 80 Millionen Euro vorgesehen waren, wird darin übrigens nicht erwähnt.
Ministerrat, 12. Juli 2016. Man einigt sich darauf, die sogenannte Stabilitätsabgabe österreichischer Banken von rund 640 auf 100 Millionen Euro jährlich zu reduzieren. Doch das Entgegenkommen hat seinen Preis: Im Gegenzug sollen die Banken zu einer einmaligen Sonderzahlung in Höhe von einer Milliarde Euro verpflichtet werden.
Diese häufig auch als „Bankenmilliarde“ bezeichnete Sonderzahlung führte noch im selben Jahr zu einer Novellierung des Stabilitätsabgabegesetzes. Im Detail sind die Regelungen relativ komplex. Kurz zusammengefasst: Bis 2020 haben alle Zahlungen der Banken eingelangt zu sein.
Zwar werden seit 30. August 2016 die Protokolle der Sitzungen des Ministerrates auf der Website des Bundeskanzleramtes veröffentlicht. Im Zuge dieser Neuerung dürften allerdings die davor veröffentlichten „Kommuniqués“, die die wichtigsten Punkte des jeweiligen Ministerrates in Schlagworten (also ohne Material) enthielten, von der Website gelöscht worden sein – und zwar so nachhaltig, dass nicht einmal mehr der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes selbst Zugang zu diesen hat. Das geht jedenfalls aus der Antwort hervor, die Addendum auf eine Anfrage an den Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes erhalten hat.
Die entsprechenden Bestimmungen finden sich insbesondere in §§ 5 und 10 Absatz 2 des Stabilitätsabgabegesetzes.
Auf Nachfrage von Addendum teilte das Finanzministerium mit, dass schon im Jahr 2017 rund 589 Millionen Euro an Sonderzahlungen der Banken eingegangen sind – also bereits mehr als die Hälfte der erwarteten Milliarde.
Wie hoch die für das laufende Jahr zu erwartenden Zahlungen sind, könne jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden, da das Budget noch nicht beschlossen sei.
Doch selbst nach vollständigem Erhalt aller Sonderzahlungen wird dem Fiskus schlussendlich keine „Milliarde“ bleiben. Denn die Sonderzahlung ist als Betriebsausgabe steuerlich abzugsfähig. Sie reduziert damit die Gewinne der Banken – und infolgedessen auch die Bemessungsgrundlage zur Berechnung ihrer Körperschaftsteuer. Die Banken können sich somit am Ende ein Viertel des Bezahlten wieder zurückholen. Die „Bankenmilliarde“ ist also eigentlich nur eine „Bankendreiviertelmilliarde“.
Das Geld aus dieser Sonderzahlung von einer Milliarde sollte jedenfalls in den Bildungs- und Forschungsbereich fließen. 100 Millionen Euro wurden jeweils für die Nationalstiftung und für die Fachhochschulen vorgesehen. Und 50 Millionen sollten an die Innovationsstiftung für Bildung gehen, doch das ist eine andere Geschichte .
Der Löwenanteil sollte jedoch eine andere Verwendung finden.
Mit 750 Millionen Euro wurde der Hauptteil der Bankenmilliarde für den Ausbau ganztägiger Schul- und Betreuungsformen eingeplant. Das Ziel: Bis 2025 sollten 40 Prozent aller Pflichtschüler Zugang zu einem entsprechenden Angebot haben und österreichweit eine Abdeckung mit Ganztagsschulen im Umkreis von maximal 20 Kilometer zum Wohnort gegeben sein.
Geregelt wurde das in einem eigenen Bildungsinvestitionsgesetz, in Kraft seit September des Vorjahres. Und mit keine-halben-sachen.at wurde die Initiative sogar mit einem eigenen Webauftritt versehen.
Diese Pläne der Vorgängerregierung fielen bei vielen auf fruchtbaren Boden. Denn der Bedarf ist, wie das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung selbst sagt, groß – größer als das derzeit bestehende Angebot. In eine ähnliche Kerbe schlagen Umfrageergebnisse, wonach viele Frauen aufgrund von Betreuungsverpflichtungen Teilzeit arbeiten.
Geplant waren Investitionen in ganztägige Schulformen an allgemein bildenden Pflichtschulen in Form von Zweckzuschüssen und Förderungen. 2017 und 2018 waren dafür bereits in Summe 80 und 2019 ebenfalls 65 Millionen Euro im Gesetz vorgesehen. Bis 2025 sollten dadurch 428 Millionen Euro fließen, aufgeteilt nach Bundesländern.
Hinzu kommen noch 248 Millionen Euro an Kosten der Lehrerbesoldung für öffentliche allgemein bildende Pflichtschulen sowie 74 Millionen Euro für Investitionen in ganztägige Schulformen an Praxisschulen und allgemein bildenden höheren Schulen.
In Summe also 750 Millionen Euro.
Doch im nunmehr präsentierten Budget sucht man fast vergeblich. Obwohl das Bildungsinvestitionsgesetz bereits seit 1. September 2017 in Kraft ist, ist erst im Bundesvoranschlag 2019 ein Betrag von 32,5 Millionen Euro an Zweckzuschüssen vorgesehen. In den Jahren 2017 und 2018 finden sich hingegen keine entsprechenden Positionen – in diesen Jahren sind nur Transferleistungen aufgrund einer anderen Rechtsgrundlage, einer sogenannten Artikel-15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern, ausgewiesen.
Die weiteren, in § 2 Abs 1 und 2 Bildungsinvestitionsgesetz vorgesehenen Zahlungen, die in Summe die genannten 428 Millionen Euro ergeben, betragen: 2020 65, 2021 und 2022 jeweils 60, 2023 50, 2024 35 und 2025 13 Millionen Euro.
„Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) über den weiteren Ausbau ganztägiger Schulformen, BGBl. I Nr. 192/2013.“ Neben dieser Vereinbarung ist noch die „Vorgänger-Vereinbarung“ „gemäß Artikel 15a B-VG über den Ausbau der ganztägigen Schulformen BGBl. I Nr. 115/2011“ zu nennen. Es kam zu mehrfachen Novellierungen, zuletzt via BGBl. I Nr. 84/2014 und BGBl. I Nr. 95/2014 (mit letzterer Änderung traten noch die Bundesländer Vorarlberg und Burgenland bei).
Diese Situation wird Berichten zufolge damit argumentiert, dass die Bundesländer die Gelder nicht abgerufen hätten. Das ist jedoch nur ein Teil der Wahrheit: Denn in den Schuljahren 2017/18 und 2018/19 können per Gesetz ausschließlich Projekte gefördert werden, die keine Fördermittel aus der genannten Artikel 15a-Vereinbarung erhalten haben. Das eine schließt also das andere aus.
Laut Information des Bildungsministeriums soll zwar an dem Betrag von 750 Millionen Euro für den Ausbau der ganztägiger Schul- und Betreuungsformen festgehalten werden. Allerdings könnten diese Gelder erst später, nämlich ab Sommer 2019, abgerufen werden. Außerdem solle der Zeitraum der Ausschüttung „gestreckt“ werden – von derzeit 2025 auf bis 2031/32. Und schließlich sei geplant, die Jahreshöchstsummen der Jahre 2019 bis 2022 zu halbieren.
Wie die geänderten Regelungen darüber hinaus aussehen werden, bleibt bis zum Vorliegen der Novelle des Bildungsinvestitionsgesetzes jedoch abzuwarten. Im Gegensatz zur Innovationsstiftung für Bildung finden sich nämlich noch keine entsprechenden Bestimmungen in der derzeitigen Regierungsvorlage zum Budgetbegleitgesetz 2017–2018. Man dürfte sich dazu also erst relativ kurzfristig entschieden haben.
Spannend bleibt auch, wie mit bisher nicht ausgeschöpften Zweckzuschüssen und Förderungen umgegangen werden wird. Denn nach derzeitiger Rechtslage können solche Beträge in das jeweils nächste und übernächste Jahr übertragen werden. Dies geschehe laut Auskunft des Bildungsministeriums automatisch. Für die Jahre 2017 und 2018 geht es dabei immerhin um 80 Millionen Euro. Soll es, wie angekündigt, tatsächlich bei den 750 Millionen Euro bleiben, müsste sich dieser Betrag der beiden Vorjahre eigentlich auch in den Budgets ab 2019 wiederfinden.
Für die Jahre 2018 bis 2022 rechnet man jedenfalls laut Bildungsministerium mit Ausgaben in Höhe von 182 Millionen Euro für den Ausbau der Tagesbetreuung, zuzüglich rund 130 Millionen aus den genannten Artikel-15a-Vereinbarungen. Insgesamt ist also bis 2022 ein Betrag von circa 312 Millionen Euro veranschlagt. Allerdings wären demnach bis 2022 nur 182 Millionen der aus der Bankenmilliarde stammenden Mittel von 750 Millionen Euro verplant – und würden damit 568 Millionen für die Jahre 2023 bis 2032 verbleiben (zuzüglich allfälliger Vorträge, wenn die Jahreshöchstgrenzen von den Bundesländern nicht ausgeschöpft werden).
Es bleibt also abzuwarten, mit welchen Beträgen man nach der Änderung des Bildungsinvestitionsgesetzes wann für den Ausbau der ganztägiger Schul- und Betreuungsformen rechnen wird können.
Nicht weniger als 589 Millionen Euro sollten dafür eigentlich bereits seit dem Vorjahr bereitstehen. Eigentlich.
Hier geht’s zu unserer Geschichte „Innovationsstiftung für Bildung: Vom Warten auf 50 Millionen “
Doch auch die Fachhochschulen kämpfen um ihre Finanzierung. Auch ihnen war ein nicht unerheblicher Betrag von 100 Millionen Euro zugesagt worden, um weitere Studienplätze schaffen zu können.
Allein: Die Umsetzung sollte auf sich warten lassen. Der damalige Präsident der Österreichischen Fachhochschul-Konferenz (FHK), Helmut Holzinger, forderte daher im Mai vergangenen Jahres, „den Ankündigungen der Regierung Taten folgen zu lassen und die versprochenen 100 Millionen Euro aus der Bankenmilliarde zur Finanzierung zusätzlicher Fachhochschul-Studienplätze bereitzustellen“. Einige Monate später machte man es dann offiziell: 450 neue Studienplätze sollten ab dem Studienjahr 2018/19 geschaffen werden – und damit zumindest ein Teil der eigentlich bis 2025 geplanten Anzahl von 5.000.
Allerdings blieb es bisher bei bloßen Ankündigungen: Für die Fachhochschulen sind bis zum Jahr 2022 nach nunmehrigem Plan nur zusätzliche Gelder in Höhe von 41 Millionen Euro vorgesehen. Und selbst mit diesen Geldern dürfte Addendum-Informationen zufolge kaum eine Erweiterung des Studienplatzangebots möglich sein. Denn im Wesentlichen sei damit nur die derzeitige Studienplatzfinanzierung bis 2022 verlängert und folglich nur eine Kürzung, die bereits im Vorfeld der Budgeterstellung befürchtet worden war, verhindert worden.
Die angekündigten 100 Millionen Euro aus der Banken-Sonderzahlung fehlen den Fachhochschulen jedoch nach wie vor. Allein zur Schaffung der 450 Studienplätze würde man rund 25 Millionen Euro benötigen. Erst kürzlich wurde diese Zahl von Bildungsminister Heinz Faßmann für das Jahr 2019 in den Raum gestellt.
Unsere Anfrage an das Bildungsministerium zu den Fachhochschul-Millionen blieb allerdings bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Ob und wann die Ausschreibung für die 450 Fachhochschul-Studienplätze nun erfolgen wird, scheint nach wie vor ungeklärt. Und ebenso, wann die zugesagten 100 Millionen Euro fließen werden.