Update 22. März 2018:
Mittlerweile steht fest: Das Innovationsstiftung-Bildung-Gesetz wird wohl mit dem nunmehr vorliegenden Budgetbegleitgesetz novelliert werden. Erstens wird festgeschrieben, dass „das seitens des Bundes bereitgestellte Vermögen der Stiftung maximal 50 Millionen Euro beträgt“. Und zweitens wird geregelt, dass „der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung der Stiftung jährlich einen Betrag von mindestens 2 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen hat“. Allerdings sollen laut Addendum vorliegenden Informationen bis 2022 bei der Stiftung 40 Millionen Euro eingespart werden. Es ist daher davon auszugehen, dass die Stiftung bis dahin maximal zehn Millionen Euro an Mitteln erhalten wird. Vielleicht nicht einmal das: Laut Addendum-Recherchen überlegt das Wissenschaftsministerium nämlich, die bereits bezahlte Überbrückungsfinanzierung von vier Millionen Euro wieder von der Stiftung zurückzufordern. Schlimmstenfalls würde damit das Budget der Stiftung bis inklusive 2022 nur sechs Millionen Euro betragen. Es ist daher fraglich, ob mit diesen Mitteln größere Projekte finanziert werden könnten. Und ebenso, welche Mittel die Stiftung überhaupt noch erhalten wird: Die geplante Novelle spricht ja eindeutig von „maximal 50 Millionen Euro“. Eine Auflösung der Stiftung wäre bereits jetzt gesetzlich möglich.
Wir schreiben den 12. Mai 2017. Harald Mahrer ist in seinen allerletzten Tagen als Staatssekretär jenes Ministeriums, dessen Minister er alsbald werden sollte: des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft.
Nunmehr besteht neben dem Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort mit dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung wieder ein Gesamt-Bildungsministerium.
Mahrer, nunmehr Präsident des Wirtschaftsbundes, spricht davon, „die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und etwas zu implementieren, das eine bessere Bildung für jedes Kind garantiert“. Und die ebenfalls anwesende, damalige Bildungsministerin Sonja Hammerschmid fordert, „innovativ, radikal und groß, über alle Systemgrenzen hinweg, zu denken: Haben Sie Mut zur Risikobereitschaft beim Entwickeln der Ideen!“ Spätestens damit war der erste Innovationsdialog für Bildung in der Wiener Expedithalle in vollem Gange.
Veranstalter des Events war die Innovationsstiftung für Bildung, die per eigenem Gesetz bereits mehr als fünf Monate zuvor errichtet worden war: Das Innovationsstiftung-Bildung-Gesetz (ISBG) trat mit Jänner 2017 in Kraft. Doch nicht nur die Gründung der Stiftung war ein Politikum. Viele Mitglieder der Organe sind der öffentlichen Hand zuzuordnen: Der Stiftungsrat setzt sich aus hochrangigen Vertretern des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung zusammen. Neben ihnen gehören auch Vertreter des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie und des Finanzministeriums dem Aufsichtsorgan an.
Unterstützt wird die Stiftung von dem aus zehn Experten bestehenden Wissenschaftlichen Beirat sowie von der sogenannten Plattform Bildungsförderung, die sich um die Begleitung und Abwicklung der Projekte kümmern soll. Die Plattform besteht aus nicht minder versierten Akteuren: Austria Wirtschaftsservice (AWS), Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF), Österreichischer Austauschdienst (OeAD) und Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG).
All dies war dem damaligen Gesetzgeber eine enorme Summe wert.
Um ihr Ziel der Förderung innovativer Projekte im Bildungs- und Forschungsbereich umsetzen zu können, wurde für die Stiftung ein Vermögen von nicht weniger als 50 Millionen Euro vorgesehen. Dieser beachtliche Betrag ist aus vom Finanzminister bereitgestellten Mitteln zu bilden. Auch das steht bereits im Gesetz. Darüber hinaus sind zusätzliche Zuwendungen privater und öffentlicher Stellen ebenso möglich wie die Gründung von Substiftungen – unter der Voraussetzung, dass das Vermögen der Substiftung zu mindestens 70 Prozent von Dritten kommt.
Angesichts der Höhe der ersten Vermögensausstattung von 50 Millionen Euro ist es durchaus verständlich, wenn der Vorstand der Stiftung, OeAD-Geschäftsführer Stefan Zotti, bereits beim Innovationsdialog meinte: „Die Innovationsstiftung kann einer der wesentlichsten Eckpunkte für die Bildungsreform sein.“
Das sollte allerdings Wunsch bleiben.
Denn seit der erwähnten Veranstaltung wurde es um die Stiftung ruhig. Sehr ruhig. Zwar findet am 15. März 2018 der nächste Innovationsdialog statt. Im Augenblick gebe es jedoch keine aktuelle Ausschreibung, zu der man innovative Ideen einreichen könne, liest man auf der Website der Stiftung. Man arbeite gerade daran, „die nächste zu designen und fertigzustellen“. Auch wurde der Start einiger Programme verschoben. Das ergibt ein Vergleich des ursprünglichen Dreijahresprogramms 2017–2019 der Stiftung mit den Websites der Mitglieder der Plattform Bildungsförderung.
Aus dem Plan, dass die ersten Projekte im September 2017 eingereicht werden könnten, wurde also nichts. Es ist somit bisher kaum etwas geschehen. Womit sich ein Verdacht aufdrängt: Die Stiftung sitzt finanziell auf dem Trockenen.
Addendum-Recherchen zufolge wurde von den 50 Millionen noch nichts überwiesen. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Innovationsstiftung-Bildung-Gesetz sprachen noch davon, dass die ersten Ausschüttungen an die Stiftung für das zweite Halbjahr 2017 geplant seien. Und auch aus dem aktuellen Bericht des Budgetdienstes des Parlaments ergibt sich, dass das Finanzministerium beabsichtigte, der Stiftung 2017 zumindest die Hälfte der gesetzlichen Dotierung von 25 Millionen Euro zukommen zu lassen. Doch selbst aus diesem Teilbetrag wurde nichts.
Um zumindest handlungsfähig zu bleiben, habe die Stiftung laut Addendum-Informationen über das damalige Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft eine „Überbrückungsfinanzierung“ von vier Millionen Euro erhalten. Für den für 2017 geplanten Start der Programme und den Beginn der Ausschreibungen reichte diese Zwischenfinanzierung laut Auskunft der Stiftung nicht aus, geschweige denn für die Vergabe von Förderungen.
Über die Gründe für die bisherige Nichtzahlung hüllt sich das Finanzministerium in Schweigen. Auf Anfrage erklärte dessen Sprecher, zu laufenden Budgetgesprächen gebe man keine öffentliche Stellungnahme ab. Informationen würden im Rahmen der Budgetpräsentation veröffentlicht werden.
Seitens des Wissenschaftsministeriums wurden gegenüber Addendum „technische Gründe“ für die Nichtzahlung genannt: Die Dotierung der Stiftung im Bundesfinanzgesetz 2017 sei nicht mehr möglich gewesen, da dieses bereits vor dem Gesetz zur Errichtung der Stiftung beschlossen war. Einer nachträglichen gesetzlichen Budgetüberschreitung sei dann die vorzeitige Auflösung des Nationalrats im Jahr 2017 dazwischengekommen.
Man könnte den Grund für die vermeintliche Tiefenentspannung der zuständigen Politiker auch in der Legistik suchen. Denn das Gesetz sieht zwar vor, dass die Stiftung über ein Vermögen von 50 Millionen Euro verfügt. Details zu den Zahlungsmodalitäten fehlen hingegen.
Schlimmstenfalls könnte die Politik versucht sein, die finanzielle Belastung des Budgets immer weiter nach hinten zu verschieben.
Es gäbe aber auch noch einen anderen Weg, sich vom Erbe der politischen Vorgänger zu befreien: Man ändert die Spielregeln. Auf Anfrage von Addendum teilte uns das Wissenschaftsministerium nämlich unter anderem Folgendes mit: „Was die zukünftige Entwicklung betrifft, so arbeiten wir derzeit im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes an einer Novelle, die im Sinne des aktuellen Regierungsprogramms die Fortführung und Weiterentwicklung der Innovationsstiftung Bildung vorsieht.“
Die Ergebnisse der derzeit laufenden Budgetverhandlungen können also mit Spannung erwartet werden. Sie werden zeigen, ob ein seit 14 Monaten gesetzlich vorgesehener Betrag überwiesen werden wird. Und falls ja, wie viel.
Oder ob man sich einer finanziellen Belastung entledigt, indem man einfach die Rechtslage ändert.
Bis dahin wird man sich wohl mit Harald Mahrers Worten trösten müssen: „Leisten wir gemeinsam ein Stück Aufklärung.“
Update 07.03.2018:
Eine für 15. März angesetzte, große Veranstaltung der Innovationsstiftung für Bildung wurde kurzfristig abgesagt. Auf der Website der Stiftung heißt es dazu: „Die uns bislang zur Verfügung gestellten Mittel reichen nicht aus, um die im Dreijahresprogramm angekündigten und für 2018 vorbereiteten Programme und Initiativen umzusetzen.“ Die Bundesregierung arbeite an einer Novellierung des Innovationsstiftungsgesetzes und es bestehe „Unklarheit hinsichtlich der weiteren Entwicklung“.