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Causa Waldhäusl: Die NSA und die Kickback-Frage
6. Dezember 2018 News Lesezeit 5 min
Der für das Asylwesen zuständige niederösterreichische Landesrat hat seit dem Frühjahr 2018 Aufträge an die ins Zwielicht geratene Sicherheitsfirma NSA vergeben. Nun berichtet ein Zeuge, dass die beiden NSA-Chefs versucht haben sollen, Schwarzgeld zu produzieren, angeblich um via Büro Waldhäusl an die Aufträge zu kommen.
Bild: Addendum

Das Sicherheitsgewerbe kann ein durchaus lukratives Geschäft sein. Zumindest in Niederösterreich, wo der für Asyl, Tierschutz, Gemeindeärzte und Mindestsicherung zuständige Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) seit Tagen in der Kritik steht, weil er in Drasenhofen ein Heim für „auffällig gewordene minderjährige Flüchtlinge“ öffnen ließ. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner schloss die Herberge, die teilweise mit Stacheldraht umzäunt war, nach wenigen Tagen wieder.

Zuletzt offenbarte die Tageszeitung Heute jene Beträge, die in Drasenhofen im Spiel waren: Der Betreiber erhält pro Jugendlichem 95 Euro pro Tag, für das Sicherheitskonzept fallen noch einmal 188 Euro pro Tag und Bewohner an. Das machte – nur zur Verdeutlichung – in Summe 8.500 Euro pro Flüchtling im Monat. Das wäre in etwa dreimal so viel wie bei anderen derartigen Einrichtungen gewesen. Landesrat Waldhäusl stellte dazu in einer Aussendung fest, dass die Kosten keineswegs in Stein gemeißelt gewesen wären – es habe sich ohnehin nur um einen Probebetrieb gehandelt.

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Mit all dem Trubel um Drasenhofen hat die ohnehin etwas im Zwielicht stehende große Wiener Sicherheitsfirma National Security Austria, kurz NSA, zwar nichts zu tun, mit dem Büro von Gottfried Waldhäusl allerdings schon. Und zwar seit einem guten halben Jahr. Bereits kurze Zeit nach Waldhäusls Antritt als Asyllandesrat erhielt die NSA einen Auftrag für Rückkehrberatung. Dabei werden Flüchtlinge, die bereits einen negativen Asylbescheid erhalten haben, bei den Rückreisemodalitäten unterstützt. Für die NSA war in dem Zusammenhang im Frühsommer 2018 mehrere Wochen lang ein Subauftragnehmer unterwegs.

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Dann soll sich Folgendes zugetragen haben: Nachdem der Rückkehrberater im Auftrag der NSA einen Schlussbericht verfasst und seine Honoranote – rund 12.000 Euro – gelegt hatte, kam es noch einmal zu einem Treffen mit der NSA-Führung.

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Wir brauchen a bissl a Schwarzgeld.

Der Berater V., der sein Wissen auch Ermittlern mitgeteilt hat, schildert dies so: „Man war seitens der Landesregierung irrsinnig zufrieden, und dann hab ich einen Abschlussbericht geliefert.“ Diesen habe der NSA-Chef H. „1:1 wie ich ihn geschickt habe auf das Firmenpapier der NSA draufkopiert und damit auch noch einen Erfolg gelandet.“ Und dann sei die NSA noch an ihn herangetreten. Der Zeuge: „Die haben gesagt, wir müssen dir noch was überweisen. Da sage ich: ‚Was heißt noch was? Wir haben ja schon abgerechnet.‘“ Dann soll einer der beiden NSA-Chefs gesagt haben: „,Ja, aber wir brauchen ‚a bissl a Schwarzgeld‘. Sag ich: Was heißt ‚a Schwarzgeld‘?, Sagt er: ,Glaubst du, wir kriegen diese Aufträge von allein?‘ Das heißt: Es fließen Gelder, und das habe ich der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft mitgeteilt. Ich hab das den Ermittlern mitgeteilt. Ich hab das gleich an dem Tag, wo das passiert ist, den Ermittlern gesagt.“

Er wollte nicht in irgendeine missliche Lage geraten, erklärt der Zeuge. „Aber ich weiß mittlerweile, dass sie halt einen anderen Weg gefunden haben, sich diese Schwarzkohle zu machen. Das ist die Kohle, die sie weitergeben. An die Auftraggeber. Das ist das Büro Waldhäusl. Ganz ein klassischer Kick-Back.“

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Die NSA-Chefs dementieren vehement

Das wären freilich schwere Vorwürfe gegen die NSA-Chefs, die seit dem 7. November 2018 wegen mutmaßlich versuchten schweren Betrugs vor dem Wiener Straflandesgericht stehen – im Zusammenhang mit der Meinl-Bank. Beide dementieren jegliche Vorwürfe vehement, es gilt die Unschuldsvermutung. Hat die NSA tatsächlich versucht, eine Scheinrechnung über kolportierte 60.000 Euro zu erhalten, um damit Geld für unerlaubte Deals zu produzieren? Über Ihre Anwälte lassen die Security-Fachleute, die beide einst in der Polizeischule groß wurden, mitteilen, dass „sämtliche erhobene Vorwürfe jeder Grundlage“ entbehren. Wörtlich erklären die NSA-Advokaten: „Das Projekt „Rückkehrberatung“ ist abgeschlossen und abgerechnet. Das Projekt „Sicherheitsberatung“ läuft bis Ende des Jahres, eine Abrechnung ist noch nicht erfolgt (auch nicht in Teilen). Das Gesamtvolumen beider Aufträge zusammen liegt jedoch deutlich unter dem Betrag der von ihnen genannten angeblichen „überhöhten / zusätzlichen Rechnung“, die Herr V. angeblich stellen hätte sollen. Schon daraus ist ersichtlich, dass der Vorwurf geradezu absurd ist.“ Im Übrigen sei der Auftrag gar nicht von Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl gekommen, den die NSA-Chefs gar nicht kennen wollen, sondern vom Amt der niederösterreichischen Landesregierung.

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„Im Herbst geht es erst richtig los“

Addendum hat seit Monaten recherchiert und ist dabei auf folgende Auffälligkeiten gestoßen: Der Zeuge, der sich den Kriminalisten anvertraut hat, hat bereits im Sommer erklärt, die NSA-Führung hätte ihm erzählt: „Im Herbst geht es erst richtig los. Du kannst quasi full-time für uns arbeiten in dem Bereich, denn wir bekommen alle Aufträge vom Land Niederösterreich.“

Addendum liegt die Vergabe des zweiten Auftrages an die Sicherheitsfirma vor. Dabei geht es um die „Beratung und Information der UnterkunftgeberInnen in Sicherheitsfragen.“ Dieser Auftrag wurde auch tatsächlich – wie von der NSA über deren Anwälte behauptet – vom Amt der niederösterreichischen Landesregierung erteilt, in dem Schreiben wird jedoch explizit festgehalten, dass diese Sicherheitsberatung „im Auftrag von Hrn. Landesrat Gottfried Waldhäusl“ erfolgt.

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Waldhäusl dementiert

Landesrat Waldhäusl lässt zu diesen schweren Vorwürfen und der Frage, ob Geld an sein Büro geflossen sei, lediglich mitteilen: „Nein.“ Addendum-Recherchen in den letzten Wochen ergaben, dass im Büro Waldhäusl grundsätzlich der stellvertretende Büroleiter Stefan Eisner für die Abwicklung und Zusammenarbeit mit der NSA zuständig ist. Eisner kommt – wie auch die beiden NSA-Chefs – aus dem Polizeiapparat. Interessantes Detail am Rande: Als Addendum am 29. Oktober 2018 erstmals eine Anfrage zu Eisner an das Büro Waldhäusl richtete, hieß es lediglich lapidar, dazu dürfe man aus Datenschutzgründen keine Auskunft erteilen.

Am 6. Dezember 2018 teilte Waldhäusls Sprecherin mit: Ja, Eisner sei für den grundsätzlichen Kontakt zur NSA zuständig.

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Waldhäusl dementierte bei der Pressekonferenz Gegenleistungen bei den NSA-Aufträgen:

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Widersprüche

Ein Widerspruch: Ende Oktober hatte Waldhäusls Büro zu einer Frage nach den drei (!) Aufträgen, die die NSA vom Asyllandesrat erhalten haben sollte, mitgeteilt: „Bitte schön: In allen drei Fällen gab es keine Ausschreibung, da die Entgelte die Ausschreibungsgrenze von Euro 100.000 Euro nicht überschritten haben.“

Dazu verstrickte sich auch Landesrat Waldhäusl selbst samt Begleitung Peter Anerinhof, Leiter der Abteilung Personenstandsangelegenheiten, bei einer Asyl-Pressekonferenz am vergangenen Freitag (30. November) in Auffälligkeiten (siehe Video). Auf die Frage nach dem Volumen dieser Aufträge verwies Anerinhof auf den Datenschutz.

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Im Asylquartier Lilienfeld sorgt die NSA für Sicherheit.

Wie dem auch sei: NSA und Büro Waldhäusl wollen jetzt nur mehr von zwei Aufträgen wissen. Auftrag 2, teilen die NSA-Anwälte mit, laufe auch nur mehr bis Ende Dezember. Und man sei im Übrigen auch nicht in die Bewachung von Quartieren involviert. Mit einer Ausnahme: Im Stammhaus des größten Unterkunftgebers in Niederösterreich. In Lilienfeld, beim umtriebigen Unternehmer und Humanenergetiker Professor Herbert Eder, der ein Firmennetz bis in die Slowakei gespannt hat. 

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