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Stiftungsrat Steger: Die treue Hand des Milliardärs
17. Mai 2018 News Lesezeit 9 min
Nachdem Ex-FPÖ-Vizekanzler Norbert Steger einst von Martin Schlaff eine teure Uhr geschenkt bekommen hatte, fühlte er sich ins Reich des Milliardärs aufgenommen. Jetzt wird offenbar: Der Anwalt und neue Vorsitzende des ORF-Stiftungsrats agierte sogar als Treuhänder für eine Firma aus dem Umfeld Schlaffs auf den Bahamas. Eine Firma, die nicht nur im BAWAG-Skandal auftauchte, sondern auch in vier der wichtigsten Offshore-Datenlecks.
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Falls die FPÖ oder die ORF-Führung jemals Expertise zum Thema Offshore-Firmen benötigen, müssten sie nicht lange suchen. Sie könnten sich einfach an Norbert Steger wenden. Der frühere FPÖ-Vizekanzler, der künftig dem Stiftungsrat des ORF vorsitzen wird, war einst als Treuhänder für eine Firma namens UC Financial Limited tätig. Und diese auf den Bahamas beheimatete Gesellschaft taucht in – sage und schreibe – vier der wichtigsten Offshore-Datenlecks auf, über die in den vergangenen Jahren berichtet wurde: in den Swiss Leaks, den Panama Papers, den Bahamas Leaks und zuletzt auch in den Paradise Papers.

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Die BAWAG-Verbindung

Eine Kontoverbindung da, ein Kreditgeschäft mit einem schillernden Oligarchen dort: Die Informationen aus den vier Leaks ergeben ein spannendes Bild der UC Financial. Addendum stieß in den Paradise Papers auf einen Firmenbuchakt, der mehr als zweihundert Seiten umfasst. Aus diesen Dokumenten ist nunmehr klar ersichtlich, wer im Zeitverlauf die Aktionäre der Bahamas-Firma waren – und wer seit der Gründung im Oktober 1982 wann dem Direktorium angehörte. Eines vorweg: Praktisch von Beginn an war der diskrete Milliardär Martin Schlaff mit dabei.

Um die Bedeutung der UC Financial richtig einordnen zu können, hat Addendum auch einen Blick in die Akte BAWAG geworfen. Im Zuge der Affäre um die schwer gestrauchelte damalige Gewerkschaftsbank tauchte die UC Financial in zwei spannenden Zusammenhängen auf. Und in einem davon spielte eben auch Norbert Steger eine Rolle – als Treuhänder der Bahamas-Firma. (Mehr dazu lesen Sie auch hier: Stiftungsratschef Steger: Verdacht auf Falschaussage)

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[qvv_whyread headline=““][qvv_autoren headline=“Das Rechercheteam“]

Bei den Paradise Papers, den Bahamas Leaks und den Panama Papers handelt es sich um riesige Mengen geleakter Daten aus diversen Offshore-Destinationen. Teilweise sind es Daten großer Anwalts- bzw. Treuhandkanzleien, teilweise sind es Informationen aus Firmenbuchakten, die entweder gar nicht oder nur sehr beschränkt öffentlich zugänglich sind. Die Daten wurden der Süddeutschen Zeitung zugespielt, die diese mit dem International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) teilte. Das ICIJ rief jeweils internationale Rechercheprojekte ins Leben. Bei Swiss Leaks, dem ältesten der erwähnten Lecks, handelte es sich um ein Projekt, das von ICIJ und Le Monde ausging und bei dem Bankdaten aus der Schweiz ausgewertet wurden.

Martin Schlaff

Der heutige 64-jährige Geschäftsmann mit Naheverhältnis zu Israel wurde von der Presse schon einmal als „Österreichs einziger Oligarch“ bezeichnet. Schlaff begründete seinen wirtschaftlichen Aufstieg mit der im Osthandel tätigen Firma „Robert Placzek“, er soll sehr gute Kontakte zu Spitzenrepräsentanten der DDR und der KPÖ unterhalten haben. In den 1990er Jahren trat Schlaff zunehmend als Investor in Erscheinung, u.a. beim Casino-Projekt in Jericho. Danach mischte Schlaff mit Partnern erfolgreich bei der Privatisierung des bulgarischen Mobilnetzbetreibers Mobiltel mit: Der 850-Millionen-Deal wurde 2002 von der BAWAG finanziert; 2005 wurde das Unternehmen mit einem kolportierten Gewinn von 800 Millionen Euro an die Telekom Austria weiterverkauft. Schlaff gilt als äußerst medienscheu, die Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Stadt Wien fand 1993 ohne Presse statt. 2006 geriet Schlaff in die Schlagzeilen, weil er für seinen vorübergehend in Frankreich inhaftierten Freund und Geschäftspartner Helmut Elsner, den einst mächtigen Generaldirektor der BAWAG, eine Kaution in Höhe von einer Million Euro hinterlegte.

Glück für Schlaff, Pech für die BAWAG

Fassen wir noch einmal zusammen:

Steger trat als Treuhänder für die UC Financial in Zusammenhang mit der CAP Holding auf. Die CAP Holding in Liechtenstein war Betreiberin eines – letztlich gescheiterten – Casino-Projekts in Jericho. Größter Aktionär war Schlaffs MS Privatstiftung. Von der UC Financial wurde ein Gesellschafterdarlehen für die CAP Holding geleistet – über Norbert Steger als Treuhänder.

Im Jahr 2000 wird das Casino aufgrund der Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern aus Sicherheitsgründen wieder gesperrt. Was bedeutet das nun für Schlaff und seine UC Financial? Sollte die Kugel auf null fallen?

Mitnichten. Ende 1999 hatte interessanterweise die BAWAG die Darlehensforderung aufgekauft – um den vollen offenen Betrag von 11.880.507,92 US-Dollar. Schlaff und Co. gewinnen, die Bank verliert: Mit Stand Mitte Juni 2006, als die BAWAG ihr Casino-Jericho-Abenteuer endgültig begraben wollte, haftete dieses Darlehen mit 14,025 Millionen US-Dollar aus, wobei eine Abschreibung von 14,018 Millionen Dollar vorgesehen war.

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Zahlungen mit Beigeschmack

Norbert Steger taucht in den Deals rund um das Casino-Projekt in Jericho aber auch noch an anderer entscheidender Stelle auf: Als Stimmungsmacher im politnahen Feld. Steger nutzte ein Treuhandkonto, das auf eine Offshore-Firma namens Montel Limited lautete, um fragwürdige Zahlungen zu leisten. Am 8. April 2008 legte der Gerichtssachverständige im BAWAG-Prozess die Details zu diesem Konto offen:

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Martin Schlaff

Der heutige 64-jährige Geschäftsmann mit Naheverhältnis zu Israel wurde von der Presse schon einmal als „Österreichs einziger Oligarch“ bezeichnet. Schlaff begründete seinen wirtschaftlichen Aufstieg mit der im Osthandel tätigen Firma „Robert Placzek“, er soll sehr gute Kontakte zu Spitzenrepräsentanten der DDR und der KPÖ unterhalten haben. In den 1990er Jahren trat Schlaff zunehmend als Investor in Erscheinung, u.a. beim Casino-Projekt in Jericho. Danach mischte Schlaff mit Partnern erfolgreich bei der Privatisierung des bulgarischen Mobilnetzbetreibers Mobiltel mit: Der 850-Millionen-Deal wurde 2002 von der BAWAG finanziert; 2005 wurde das Unternehmen mit einem kolportierten Gewinn von 800 Millionen Euro an die Telekom Austria weiterverkauft. Schlaff gilt als äußerst medienscheu, die Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Stadt Wien fand 1993 ohne Presse statt. 2006 geriet Schlaff in die Schlagzeilen, weil er für seinen vorübergehend in Frankreich inhaftierten Freund und Geschäftspartner Helmut Elsner, den einst mächtigen Generaldirektor der BAWAG, eine Kaution in Höhe von einer Million Euro hinterlegte.

„Man kann daraus verschiedene Schlüsse ziehen, warum Zahlungen für die Erlangung der Casino- und Hotel-Lizenz nicht über die Bücher der Gesellschaft laufen sollen, die die Lizenz erwirbt“, meinte also der Sachverständige. Aber was sagte Steger, der die Zahlungen ja getätigt hatte, dazu? Im BAWAG-Prozess musste er dazu im Zeugenstand aussagen.

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Das Steger-Protokoll

Hier lesen Sie, was Norbert Steger als Zeuge im BAWAG-Prozess zu den fragwürdigen Zahlungen – und zu seiner Geschäftsbeziehung mit Martin Schlaff – ausgesagt hat.

Ich war bei der CAP als Rechtsanwalt tätig. Davor habe ich in einer privaten Sache Mag. SCHLAFF vertreten die für ihn sehr wichtig war und die ich gut gemacht habe. Ich habe auch ein ordentliches Honorar bekommen und er hat mich ab diesem Zeitpunkt eher freundschaftlich behandelt. Das merkt man bei ihm, da er mir eine teure Uhr geschenkt hat und dann weiß man, man ist aufgenommen in den engeren Kreis. Da er mir eine Uhr geschenkt hat die mehr gekostet hat als 100.000,– Euro, habe ich mir gedacht, jetzt bin ich im innersten Kreis gelandet.

Auf die Frage, weshalb eine bestimmte Zahlung nicht über die Konten der CAP laufen sollten:

Ich glaube, wenn sie einen Staat als Beteiligten haben, dann gibt es buchhalterische Gründe, dass Untergeordnete dieses Staates nicht hineinschauen.

Auf die Frage, ob Schmiergeldzahlungen geflossen sind:

Das ist eine freundliche Geste. Ein Staatspräsident kommt auf Besuch zum Bundespräsidenten und Kanzler und wird gefördert, damit er das machen kann und Friedensverhandlungen geführt werden.

Auf die Frage nach Gesprächen zu „Kompensationszahlungen“:

Es hat Zahlungen immer wieder gegeben, aber da ist überhaupt nichts unseriöses dabei. Natürlich müssen sie ein Umfeld von Leuten auch finanziell bedienen die dafür sorgen, dass am Schluss alle diese Verträge rechtsgültig unterschrieben sind.

Auf die Frage, ob man Leute als Stimmungsmacher in Zusammenhang mit einer Lizenz-Verlängerung 2001 eingesetzt habe:

Ja, auf beiden Seiten, man braucht Stimmungsmacher in Israel und auch in Palästina. Das waren Zahlungen an Firmen, die ein gutes Verhältnis zum Ministerpräsident und zum Minister hatten. Wir haben, bevor es die Lizenz gegeben hat, das Gesetz selbst gemacht. Das ist auch so in Zypern, wo ich selbst mit anderen Firmen Werbung gemacht habe, damit das Parlament ein Gesetz beschließt.

Auf die Frage, in welchem Staat die Firma Montel registriert ist:

Es war eine Kapitalgesellschaft und wo die registriert war ist nicht so bedeutsam, sondern eher, ob sie seriös war oder nicht und sie war seriös.

Auf die nochmalige Frage, wo die Firma Montel ihren Sitz hat:

Auf British Virgin Island. Die MONTEL ist eine Ltd. und dann ist es eine GmbH. Es wird im Register irgendjemand stehen; wobei ich keine Ahnung habe, wer.

Auf die Frage, ob Steger wusste, wer die wirtschaftlich Berechtigten der Montel sind:

Ja, aber das darf ich nicht sagen, weil ich nicht beauftragt bin das zu sagen.

Norbert Steger
Ex-Vizekanzler und ORF-Stiftungsrat

Norbert Steger wurde 1944 in Wien geboren. Der Jurist wurde 1980 Parteiobmann der FPÖ und übernahm 1983 das Amt des Vizekanzlers sowie des Handelsministers. Die Regierungspositionen hatte er bis 1987 inne. Parteichef war er jedoch nur bis 1986, als Jörg Haider ihn in einer Kampfabstimmung am Parteitag in Innsbruck vom Thron stieß. Steger war Rechtsanwalt, emeritierte als solcher aber bereits im Jahr 2006. Seit 2010 vertritt er die Interessen der FPÖ im ORF-Stiftungsrat. Nun soll er sogar dessen Vorsitzender werden. Für Aufregung sorgte seine Ansage im Vorfeld, Auslandskorrespondenten bei „nicht korrektem“ Verhalten streichen zu wollen. Darunter verstand Steger offenbar eine – ihm nicht genehme – kritische Berichterstattung zum Wahlsieg von Viktor Orbán in Ungarn.

„President“ auf den Bahamas

An dieser Stelle lohnt sich noch einmal ein Rückblick auf die Bahamas-Firma UC Financial.

Dass eine Firma gleich in vier großen Datenlecks auftaucht, ist wohl ungewöhnlich. Umso spannender ist es, wenn diese Firma eine wichtige Rolle im Geschäftsimperium eines so schillernden Unternehmers wie Martin Schlaff einnimmt – und sie einst einen Norbert Steger zum Treuhänder hatte.

Was steht nun in den einzelnen Leaks über die UC Financial Limited?

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Bahamas Leaks:

Ein „Register of Directors and Officers“ aus dem Dezember 2013 gibt einen klaren Überblick über die Entwicklung des Direktoriums der UC Financial. Eines fällt auf: Martin Schlaff ist praktisch von Beginn an mit dabei. Die Firma wurde im Oktober 1982 gegründet. Schlaff bekleidet das Amt eines „Directors“, Ende 2013 übernimmt er auch die Funktion des „President“.

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Norbert Steger
Ex-Vizekanzler und ORF-Stiftungsrat

Norbert Steger wurde 1944 in Wien geboren. Der Jurist wurde 1980 Parteiobmann der FPÖ und übernahm 1983 das Amt des Vizekanzlers sowie des Handelsministers. Die Regierungspositionen hatte er bis 1987 inne. Parteichef war er jedoch nur bis 1986, als Jörg Haider ihn in einer Kampfabstimmung am Parteitag in Innsbruck vom Thron stieß. Steger war Rechtsanwalt, emeritierte als solcher aber bereits im Jahr 2006. Seit 2010 vertritt er die Interessen der FPÖ im ORF-Stiftungsrat. Seine Tochter Petra Steger gehört seit 2013 dem FPÖ-Parlamentsklub an.

Paradise Papers:

Mehr als zweihundert Seiten aus dem Firmenbuchakt der UC Financial auf den Bahamas geben unter anderem einen detaillierten Überblick über die Entwicklung der Aktionärsstruktur. Anfang 2009 wird erstmals Schlaffs MS Privatstiftung als größter Aktionär genannt. Zuvor hatte eine Universal Finanz Holding AG aus Liechtenstein diese Rolle inne. Unterlagen von Ende 2014 zufolge, verfügte die MS Privatstiftung gemeinsam mit der WBS Privatstiftung, die ebenfalls dem Umfeld von Martin Schlaff bzw. seiner Familie zuzurechnen ist, über die Mehrheit an der UC Financial.

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In einer Aktionärsversammlung am 5. Jänner 2016 in Nassau wird Schlaff – offenbar in Abwesenheit – für das Folgejahr als „Director and President“ bestätigt.

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Panama Papers:

Im Jänner 2012 erhält die Firma Thornmead Limited auf den British Virgin Islands von der UC Financial einen Finanzierungsrahmen über rund 30 Millionen US-Dollar. Unterlagen aus einem Rechtsstreit im Jahr 2009 zeigen, dass die Thornmead gegründet wurde, um für den Oligarchen Michael Chernoy eine Luxuswohnung in London zu halten.

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Schlaff und Chernoy sind alte Bekannte. Ein Vertrauensanwalt Chernoys scheint bis Anfang 2013 bei der Thornmead auf. Das Penthouse in London wird im April 2017 für 90 Millionen Pfund verkauft.

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Swiss Leaks:

Wie das Magazin News Anfang 2015 bei der Veröffentlichung dieses Datenlecks berichtete, stand Schlaff in Zusammenhang mit vier Konten in der Schweiz. Eines davon lautet auf „Universal Finanz Holding AG”, ein zweites auf die „UC Financial Limited“. Auch das unterstreicht seine persönliche Involvierung bei diesen Firmen.

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Keine Stellungnahme

Norbert Steger und Martin Schlaff wollten trotz mehrfacher Nachfrage zu ihren Treuhand- bzw. Offshore-Geschäften keine Stellungnahme abgeben. Selbstverständlich ist es per se nicht verboten, Deals über Firmen in Steuerparadiesen abzuwickeln. Eine Frage stellt sich dabei jedoch immer wieder: Warum der ganze Aufwand, wenn es nichts zu verbergen gibt? 

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