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Im Iran bin ich als Afghane schon anders behandelt worden. Ich dachte, dass das in Österreich nicht mehr so sein würde.
Reza

Ich habe mich bei vielen WG-Angeboten vorgestellt, aber Antworten habe ich in den seltensten Fällen erhalten. Ich bin nun seit vier Jahren in Österreich. Erst war ich in Traiskirchen, jetzt lebe ich in Wien und bin schon oft umgezogen. Zuerst habe ich mit meinen Brüdern zusammengelebt, da schlief ich auf der Couch im Wohnzimmer. Das war nicht gut, musste aber sein. 

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Zu Sechst in der Zweizimmerwohnung

Dann bin ich in eine Zweizimmerwohnung mit sechs anderen Afghanen gezogen. Das war zu wenig Platz. Für meine Arbeit im Lager eines Paketdienstleisters muss ich jeden Tag sehr früh aufstehen, einige von meinen Mitbewohnern kamen aber erst spät heim. Jetzt teile ich mir eine WG mit einem Arbeitskollegen. Er kam ebenso als Geflüchteter nach Österreich. Ich hätte ja gern mit Österreichern zusammengelebt, vor allem um mein Deutsch zu verbessern. In meinen Nachrichten an die WG-Anbieter habe ich gesagt, dass ich Flüchtling sei, dass ich einen Deutschkurs besuche und freundlich bin. Manchmal hat man mir gesagt, dass das Zimmer nun doch vergeben wäre. 

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Wer mit dem Vornamen Mohammed versucht eine WG zu finden, hat schlechte Chancen. In diesem Fall wurde Mohammed nicht wieder kontaktiert, unser anderer Charakter aber schon.

Dabei war die Anzeige immer noch online. Auch im Iran bin ich als Afghane schon anders behandelt worden. Ich dachte, dass das in Österreich anders sein würde. 

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Mein nächstes Zuhause sollte keine WG mehr sein. Ich möchte mit meiner Freundin und meinem Hund zusammenleben. 

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Sena war lange auf WG-Suche.
Ich habe ein halbes Jahr keine Antworten erhalten.
Sena

Für mich war es bis zu meiner aktuellen WG ein langer Weg. Ich habe viele Anfragen geschrieben. Ein halbes Jahr hatte ich keinen Erfolg. Manche haben meine Nachrichten gelesen, aber nicht geantwortet, manche öffnen sie erst gar nicht. 

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Profilbild als Problemquelle

Dabei habe ich auf Facebook nur Angebote kontaktiert, die noch wenige Interessenten hatten. Ich glaube, die Leute sind generell sehr wählerisch. Viele suchen nach einem ganz bestimmten Typ Mensch. Wer nicht den perfekten ersten Eindruck macht, kriegt keine Chance. Das kann an meinem Namen gelegen haben, oder mein Profilbild hat eine Rolle gespielt. Vielleicht denken manche, dass ich, weil ich ein Kopftuch trage, einen ganz anderen Lifestyle habe und mich sehr von ihnen unterscheide. 

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Unser erfundener Charakter Fatima wurde bei der WG-Suche mit Rassismus konfrontiert.

Nach über einem halben Jahr Suche habe ich die erste Antwort erhalten: von einem türkischen Muslim, der ein Haus in Simmering gekauft hat, das er in eine WG verwandeln will. Die Renovierung zog sich bis zum Februar, dann bin ich dort eingezogen. Jetzt wohne ich gemeinsam mit einer Freundin aus Deutschland, einer Erasmus-Studentin und einer Architektin aus den USA zusammen. Hier möchte ich so lange wie möglich bleiben. Damit hat sich die lange Suche auch gelohnt. 

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Als ich keine Wohnung fand, habe ich selbst eine WG gegründet.
Jakob

Meine Suche war frustrierend. Nach einem Monat hatte ich nur wenige Antworten, maximal die Hälfte der Anbieter ist auf meine Anfrage eingegangen. Dann konnte ich glücklicherweise die vormalige Wohnung meiner Großmutter beziehen. Was ich nicht verstehe, ist die Standardisierung der Bewerbungen über wg-gesucht.de und der Trend zu WG-Castings. Es ist unmöglich, sich das WG-Leben vorzustellen, weder durch Castings, noch durch irgendeine Eigenbeschreibung.

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Wenn das Zusammenleben nicht passt, weil etwa jemand nie da ist, dann muss man das sagen. Ich verbringe zB gerne regelmäßig die Abende mit meinen Mitbewohnern, mein Bruder eher weniger, deswegen hat es dann auch zwischen uns nach zweieinhalb Jahren nicht mehr so gut gepasst. Sein Zimmer übernahm mein neuer Mitbewohner Mortesa, den ich über einen Freund kennengelernt habe.

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„WG-Castings funktionieren nicht, um jemanden kennenzulernen“, sagt Jakob.

Sorgen, dass das Zusammenleben mit einem afghanischen Flüchtling nicht funktioniert könnte, hatte nur meine Mutter. Dass es Vorbehalte gibt, wegen denen man Bewerbern mit ausländischem Namen seltener zurückschreibt, kann ich teilweise nachvollziehen. Die eigene Wohnung ist ein sehr intimer Bereich.

Angst vor Unstimmigkeiten

Bei mir wäre es hauptsächlich die Angst, dass es vielleicht irgendwelche Unstimmigkeiten gibt, die abschrecken könnte. Ich weiß nicht, ob unterschiedliche Kulturkreise tatsächlich mehr Probleme schaffen – aber ich kann mir vorstellen, dass diese Annahme existiert. Und daraus kommt dann vielleicht die Angst, sich zu Hause nicht so wohl zu fühlen. Nicht weil man sich bedroht fühlt, sondern einfach wegen kleiner kultureller Unterschiede. Ich fand die Zeit mit Mortesa aber bereichernd. Jetzt leben wir zu fünft auf 270 Quadratmetern, sind verteilt auf zwei Stockwerke und haben eine Terrasse – besser geht es eigentlich nicht. 

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„Mit engen Freunden würde ich mir lieber keine WG teilen,” sagt Anna.
Ich habe dreimal nach einer WG gesucht, dreimal schnell eine gefunden.
Anna

In den vergangenen drei Jahren bin ich dreimal von einer WG in die nächste gezogen. Probleme bei der Suche hatte ich nie. Von einer WG in den Niederlanden zog ich nach Linz. Jetzt habe ich wieder gesucht, weil ich nur zur Zwischenmiete bleiben konnte. Einige habe ich online kontaktiert, andere direkt per Handynummer. Etwa vier von fünf haben sich wieder gemeldet. Dass es nicht noch mehr waren, liegt glaube ich daran, dass ich nicht viel von mir persönlich erzählt habe.

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Hallo Anna, ja ich suche jemanden liebevollen für die WG und könnte mir auch vorstellen dich bei einem Getränk (zB Orangensaft) bei der Zimmerbesichtigung näher kennenzulernen. (...) Sportlich bin ich jetzt nur teilweise, aber ansonsten freue ich mich auf eine weitere Rückmeldung von dir.
Unser erfundener Charakter Anna erhielt in der Recherche mehr positive Antworten als männliche Charaktere. Allerdings erhielt sie ebenso öfter fragwürdige Rückmeldungen, die auf ein Interesse der männlichen WG-Bewohner über das WG-Angebot hinaus deuten.

Die Wohngemeinschaft, in der ich ab September lebe, war auch das erste Angebot, das ich kontaktiert habe. Dass ich mit meinem Namen mehr Antworten erhalte als Menschen mit Migrationshintergrund, schockt mich schon. Ich wäre zwar offen für ein interkulturelles Zusammenleben, aber es hat sich bis jetzt noch nicht ergeben. Im Studentenheim habe ich mit indischen Austauschstudenten gelebt. Das war anfangs schwierig, weil sie einen ganz anderen Lebensstil hatten. Aber man kann sich an alles gewöhnen und lernt viel voneinander. 

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Generell finde ich das Zusammenleben in einer WG besser als in einem Studentenheim. Man fühlt sich mehr daheim, es ist nicht so anonym. Und ich finde es angenehmer, wenn man heimkommt und sich mit jemandem austauschen kann. Deshalb sollten meine Mitbewohner schon einen ähnlichen Lebensstil haben – am besten andere Frauen in meinem Alter. Enge Freunde aber lieber auch nicht, weil man sich dann das ganze Privatleben teilen würde. 

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Methodik

Wie war das Vorgehen?
Wir haben zu Beginn sechs erfundene Profile erstellt: Anna und Lukas, Miloš und Milica sowie Mohammed und Fatima. Jedes WG-Angebot wurde entweder mit einem männlichen oder einem weiblichen Charakter kontaktiert. Die Texte, die dafür verwendet wurden, waren nicht Wort für Wort gleich, aber im Inhalt. Jeder erfundene Interessierte war zwischen 21 und 23 Jahre alt, belegte ein Studium der Geografie, Biologie oder Architektur, kochte gern, traf sich gerne mit Freunden und arbeitete nebenbei in der Gastronomie. Zunächst befanden sich rund 2.000 WGs in der Datenbank. Dadurch, dass manche WGs Personen einer bestimmten Altersgruppe suchen oder einen Kontakt nur via Telefon annehmen, haben wir rund 600 Anzeigen gestrichen und nicht kontaktiert. Auch WGs, die nur als Zwischenmiete für einen befristeten Zeitraum verfügbar waren, wurden kontaktiert. Übrig blieben auch jene Anzeigen, die nur Frauen in Ihre Wohngemeinschaft aufnehmen wollten. Diese wurden von unseren weiblichen „Interessenten“ kontaktiert. Die Reihenfolge, in der einzelne Nationalitäten Angebote kontaktiert haben, wurde abgewechselt. Dadurch ist garantiert, dass beispielsweise österreichische Namen nicht mehr Antworten erhalten, weil sie ein Angebot zuerst kontaktiert haben. Ebenso wurden die Texte gewechselt, sodass Unterschiede, weil ein Anschreiben womöglich sympathischer sein könnte, ausgeglichen wurden. Vier bis sieben Tage nach dem Absenden der Anfrage haben wir den Chatverlauf mit einem WG-Angebot ausgewertet und die Antworten kategorisiert. 

Wie hat die Kategorisierung der Antworten stattgefunden?
Als positive Rückmeldungen wurden Einladungen zu einem ersten Treffen oder zum Besichtigen der Wohnung klassifiziert. Auch das Interesse an einer Person, wenn jemand etwa Nachfragen zum Studium oder zu Hobbys hatte, haben wir als positive Antwort kategorisiert. Zudem haben wir es als positive Antwort eingestuft, wenn der Charakter auf eine Warteliste gesetzt wurde. Als negative Rückmeldung haben wir proaktive Absagen sowie die Angabe, dass das Zimmer bereits vergeben sei, eingestuft.  

Wann hat die Recherche stattgefunden?
Addendum hat die WG-Angebote der Plattform wg-gesucht.at systematisch in einem Zeitraum von Mitte April bis Mitte Mai untersucht. Im Abstand von drei bis vier Tagen wurden maschinengestützt alle neuen Angebote in eine Datenbank eingepflegt. Nach einer Kontrolle, ob das Angebot davor schon einmal publiziert wurde (manche Anbieter verbreiten ihre WG auch mehrfach, weil beispielsweise drei Plätze frei sind) wurden die Anbieter kontaktiert. 

Was ist aus den Daten zu Miloš und Milica geworden?
Bei diesen beiden erfundenen Charakteren haben wir kaum Unterschiede zu Anna und Lukas festgestellt. Nach rund 300 Anfragen hatte Milica in 70 Prozent der Fälle eine Antwort erhalten (Anna: 71 %) und Miloš in 63 Prozent der Fälle (Lukas: 65 %). Weil jeder zusätzliche erfundene Charakter in diesem Experiment höheren Zeitaufwand bedeutete, haben wir die beiden Charaktere mit slawischem Namen danach nicht mehr berücksichtigt. So konnte eine höhere Zahl von WGs mit zwei Charakteren kontaktiert werden. Außerdem war das Risiko, dass das Experiment von den WG-Inhabern entdeckt wird, mit nur zwei fiktiven Personen wesentlich geringer. In einzelnen Fällen gab es Rückmeldungen, ob man Teil eines sozialen Experiments geworden sei bzw. wurde allen Charakteren wortgleich mit der Anrede „Liebe Fatima/Milica/Anna,“ geantwortet. Antworten wie diese, wo die Recherche offenkundig enttarnt wurde, sind nicht in die Analyse eingeflossen. 

Wer sagt, dass Studenten weltoffen und liberal sein sollen?
Diese Aussage basiert auf zwei Datenquellen: dem AUTNES-Datensatz, einer Wahlbefragung aus dem Jahr 2017 und einer eigenen Umfrage, die rund 400 Antworten erhalten hat. Die Zustimmung der Studenten zu Aussagen wie „Zuwanderung ist gut für die österreichische Wirtschaft“, „Zuwanderer bereichern die österreichische Kultur“ sowie „Zuwanderer nehmen Österreichern Arbeitsplätze weg“ weicht deutlich von jener der allgemeinen Bevölkerung ab und ist Zuwanderung im Allgemeinen freundlicher gesinnt. Zudem haben wir in einer eigenen Umfrage erhoben, wie der ideale Mitbewohner in einer Wohngemeinschaft sein sollte. Eine Frage darin war, ob man für ein Zusammenleben mit Menschen aus anderen Kulturen offen sei. Tendenziell gaben die Studenten mehrheitlich an, dass sie sehr offen dafür seien. 

Welche Defizite gibt es in den Daten?
Nicht bei allen WG-Angeboten waren alle Merkmale zu erheben. In manchen Fällen war beispielsweise nicht zu erheben, welches Geschlecht die aktuellen WG-Bewohner haben (11 %), welche Sprachen sie sprechen (10 %) oder wie hoch der Preis für das Zimmer wäre (4 %). Das verkleinert die Stichprobe. 

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Das Addendum-Team, September 2020