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Willkommens­kultur für Oligarchen: Wie Assads Cousin Österreicher werden wollte
5. März 2018 News Lesezeit 12 min
Seit Jahren fliehen Syrer vor dem Assad-Regime. 2009 war es ausgerechnet der Cousin des Diktators, der die österreichische Staatsbürgerschaft wollte. Dass es nicht geklappt hat, lag nicht an mangelnder Unterstützung: Ihm half sogar ein umtriebiger ehemaliger Innenminister. Addendum berichtet im Rahmen eines Projekts des Journalistennetzwerks OCCRP über das intransparente System österreichischer VIP-Einbürgerungen.
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Dreimal schickte er dem Amt der Wiener Landesregierung Informationen zu seiner Person. Dreimal fehlte in den – von einem österreichischen Rechtsanwalt aufgesetzten – Schreiben, die Addendum einsehen konnte, ein ziemlich wichtiger Aspekt: Irgendwie hat Rami Makhlouf vergessen zu erwähnen, dass er der Cousin des syrischen Diktators Baschar al-Assad ist.

Anhand der Schriftsätze hätte man glauben können, er wäre nur ein erfolgreicher Geschäftsmann, der die Wirtschaft seiner Heimat Syrien unterstützt, in Österreich investiert hat und in seiner Freizeit gerne jagen geht. Dabei hatten die USA bereits mehr als ein Jahr davor Sanktionen gegen Makhlouf verhängt. Er gilt als schwerreicher Profiteur des korrupten Regimes in Damaskus. Und mittlerweile steht er auch auf der Sanktionsliste der Europäischen Union.

Dass Makhlouf im Jahr 2009, als er in Wien die österreichische Staatsbürgerschaft beantragte, seinen familiären Hintergrund und seine Probleme in den USA in den Schriftsätzen an die Behörde nicht dargelegt hat, ist verständlich. Schließlich hätte das die Chance auf die begehrte Blitz-Staatsbürgerschaft per Regierungsbeschluss deutlich geschmälert. Die Frage ist aber, warum ausgerechnet ein ehemaliger österreichischer Innenminister sein Ansuchen unterstützte und die Behörden – soweit erkennbar – ebenfalls nicht aufklärte.

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Die SPÖ-Connection

Das österreichische System der Promi-Staatsbürgerschaften zeichnet sich durch äußerst schwammige Kriterien für eine Zuerkennung aus. Laut Gesetz muss die Bundesregierung lediglich bestätigen, dass „die Verleihung der Staatsbürgerschaft wegen der vom Fremden bereits erbrachten und von ihm noch zu erwartenden außerordentlichen Leistungen im besonderen Interesse der Republik liegt“.

Normalerweise stellt der Bewerber seinen Antrag beim Amt einer Landesregierung. Dieses holt dann verschiedene Stellungnahmen ein – etwa von zuständigen Ministerien. Es ist oft nicht leicht, unabhängig zu prüfen, ob die Person tatsächlich außerordentliche Leistungen für die Republik erbracht hat und ob weitere zu erwarten sind. Deshalb spielen Empfehlungsschreiben eine wichtige Rolle. Und Makhlouf konnte eines vorlegen, das von niemand Geringerem unterschrieben war als vom ehemaligen SPÖ-Innenminister Karl Blecha (84) und vom früheren SPÖ-Finanzsprecher im Nationalrat, Kurt Heindl.

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Karl Blecha
Ex-Innenminister (SPÖ)

Karl „Charly“ Blecha, Jahrgang 1933, zählt bis heute zu den umtriebigsten Persönlichkeiten der österreichischen Sozialdemokratie. Er war SPÖ-Zentralsekretär unter Bruno Kreisky. Von 1983 bis 1989 bekleidete er das Amt des Innenministers. Nachdem er in Zusammenhang mit den Affären Lucona und Noricum unter Druck geraten war, trat Blecha als Minister zurück. 1993 wurde er wegen Beweismittelfälschung in der Noricum-Affäre rechtskräftig zu neun Monaten bedingter Haft verurteilt. Seit 1999 ist der Ex-Minister Präsident des SPÖ-nahen Pensionistenverbandes. 2012 wurde er unter der Parteiführung von Werner Faymann als Koordinator mit der Erarbeitung eines neuen Parteiprogramms beauftragt. Faymann-Nachfolger Christian Kern war damit jedoch nicht zufrieden und hat Mitte Februar 2018 ein eigenes Grundsatzpapier vorgelegt.

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Karl Blecha
Ex-Innenminister (SPÖ)

Karl „Charly“ Blecha, Jahrgang 1933, zählt bis heute zu den umtriebigsten Persönlichkeiten der österreichischen Sozialdemokratie. Er war SPÖ-Zentralsekretär unter Bruno Kreisky. Von 1983 bis 1989 bekleidete er das Amt des Innenministers. Nachdem er in Zusammenhang mit den Affären Lucona und Noricum unter Druck geraten war, trat Blecha als Minister zurück. 1993 wurde er wegen Beweismittelfälschung in der Noricum-Affäre rechtskräftig zu neun Monaten bedingter Haft verurteilt. Seit 1999 ist der Ex-Minister Präsident des SPÖ-nahen Pensionistenverbandes. 2012 wurde er unter der Parteiführung von Werner Faymann als Koordinator mit der Erarbeitung eines neuen Parteiprogramms beauftragt. Faymann-Nachfolger Christian Kern war damit jedoch nicht zufrieden und hat Mitte Februar 2018 ein eigenes Grundsatzpapier vorgelegt.

„Im politischen Interesse Österreichs“

Blecha und Heindl sind bis heute Präsident bzw. Geschäftsführender Präsident der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen. In diesen Funktionen unterstützten sie 2009 Makhlouf mit folgendem Schreiben an seinen Anwalt:

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Das Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) ist ein internationales Investigativjournalisten-Netzwerk. Es wurde 2006 gegründet und ist in Europa, Afrika, Asien und Lateinamerika aktiv. Gemeinsam mit Transparency International hat das OCCRP nun Programme in verschiedenen Ländern unter die Lupe genommen, durch die es reichen Investoren möglich ist, eine Aufenthaltserlaubnis oder eine Staatsbürgerschaft zu erwerben. Derartige „Golden Visas“ gelten als umstritten und können Korruption Tür und Tor öffnen. Addendum ist Partner des OCCRP bei diesem Projekt.

Längst US-Sanktionen gegen Makhlouf

Die Unterzeichner des Briefs schrieben selbst, dass sie Makhlouf „seit geraumer Zeit“ persönlich kannten. Berührungsängste zeigten Blecha & Co. nicht. Besonders spannend ist der Satz: „Aus unserer Sicht würde die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an Herrn Makhlouf sehr wohl im wirtschaftlichen und letztlich auch politischen Interesse Österreichs liegen.“

Betont sei, dass der Brief von einem ehemaligen Innenminister unterschrieben wurde. Das Innenministerium ist jene Stelle, die derartige Staatsbürgerschaftsansuchen am Ende dem Ministerrat zum Beschluss vorlegt. Blecha muss gewusst haben, dass das Schreiben als Entscheidungsgrundlage bei den Behörden dienen würde. Dennoch findet sich in dem Brief vom 6. August 2009 kein Hinweis darauf, dass Makhlouf bereits im Februar 2008 von der US-Regierung mit Sanktionen belegt worden war.

Immerhin waren alle seine Vermögenswerte in den USA eingefroren worden, und US-Personen war es untersagt, in Geschäftsbeziehung mit Makhlouf zu treten. Die diesbezügliche Mitteilung des US-Finanzministeriums ist im Internet abrufbar. Es wurde aber auch im deutschsprachigen Raum medial darüber berichtet.

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„US-Sanktionen völlig irrelevant“

Addendum hat bei den Unterzeichnern des Empfehlungsschreibens nachgefragt. In einer gemeinsamen Stellungnahme erklären diese: „Die Sanktionsliste der USA hatte politische Gründe, die zur damaligen Zeit für Europa völlig irrelevant waren. Die österreichischen/europäischen Interessen unterscheiden sich von den US-amerikanischen in vielen Hinsichten. In den 90er Jahren gab es intensive und gute Kontakte Europas zu Syrien, was auch durch zahlreiche EU-Projekte zur Unterstützung einer möglichen politischen und wirtschaftlichen Reform Syriens sowie auch intensive Kontakte auf politischer Ebene untermauert wurde. In diesem Zusammenhang darf auch darauf hingewiesen werden, dass Bundespräsident Dr. Heinz Fischer im Dezember 2007 zu einem Staatsbesuch in Syrien war und im April 2009 Präsident Bashar al-Assad zu einem Staatsbesuch in Wien empfangen hat.“

Laut Stellungnahme hat es keine Gegenleistung für das Empfehlungsschreiben gegeben, auch keine Spenden oder sonstigen Zuwendungen. Zur Assad-Nähe Makhloufs gefragt, wird mitgeteilt: „Die Verwandtschaftsverhältnisse von Herrn Makhlouf haben im gegenständlichen Zusammenhang keine Relevanz. Zudem ist davon auszugehen, dass dies den zuständigen Einbürgerungsbehörden bekannt war.“ In Bezug auf die US-Sanktionen heißt es: „Es ist wohl ebenfalls davon auszugehen, dass die zuständigen Behörden auch über diesen Tatbestand in Kenntnis waren.“

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Bedenken im Ministerbüro

Zumindest eine involvierte Stelle war tatsächlich in Kenntnis darüber – nämlich das Arbeits- und Sozialministerium des damaligen SPÖ-Ministers Rudolf Hundstorfer. Spannend ist allerdings, wie dort mit diesem Wissen umgegangen wurde.

Das Amt der Wiener Landesregierung, bei dem Makhlouf um die Staatsbürgerschaft angesucht hatte, bat nämlich das Ministerium um eine fachliche Stellungnahme. Der Syrer hatte seinen Antrag schließlich mit Investitionen und der Schaffung von Arbeitsplätzen begründet. Und bei der Erarbeitung der Stellungnahme erkannte das Ministerium, um wen es sich da handelte.

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Warnhinweis im Ministerium

Addendum konnte ein internes Schreiben einsehen, in dem damals zusammengefasst worden war, was das Arbeits- und Sozialministerium über den Assad-Cousin herausgefunden hatte. Erkennbar wird auch der Balanceakt, den das Ministerium daraufhin vollführte. In der Notiz hieß es:

Ausgehend von der positiven Stellungnahme der Sektion VI wäre dem Amt der Wiener Landesregierung mitzuteilen, dass die Verleihung der Staatsbürgerschaft an Rami Makhlouf aus arbeitsmarktpolitischer Sicht befürwortet wird.

Unabhängig von der arbeitsmarktpolitischen Beurteilung ist bezüglich Herrn Rami Makhlouf aber auf Folgendes hinzuweisen:

Laut Pressemitteilungen (siehe in den Beilagen) ist Rami Makhlouf ein Cousin des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Durch seine Nahebeziehung zum syrischen Präsidenten sei er zu einem der reichsten Geschäftsleute Syriens geworden. In WELT ONLINE („Der Oligarch aus dem Orient“) wird angeführt, dass US-Firmen aufgrund von Sanktionen des US-Finanzministeriums keine Geschäfte mit seinen Unternehmen abschließen dürfen und seine Bankeinlagen eingefroren seien. Laut diesem Bericht hätte der Direktor im US-Finanzministerium erklärt, Rami Makhlouf habe seine Kontakte zur Regierung genutzt, um „sich auf Kosten des syrischen Volkes zu bereichern“.

Die Aussagen in den Pressemitteilungen betreffen jedoch nicht die vom BMASK (Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Anm.) aufgrund seiner Zuständigkeit zu beurteilende Frage der Bewertung der Leistungen des Antragstellers für den österreichischen Arbeitsmarkt. Diese Aspekte wären vom BMeiA (Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten; vulgo: Außenministerium, Anm.) bzw. BMI (Bundesministerium für Inneres) zu bewerten.

Sozialministerium gab Information nicht weiter

Das Ministerium wusste also, wie problematisch das Ansuchen Makhloufs war. Hat sich das in der Stellungnahme niedergeschlagen, die im Oktober 2009 dem Amt der Wiener Landesregierung übermittelt wurde?

Nein. Kein Wort über die US-Sanktionen oder die familiären Beziehungen zu Assad. Mit großem Augenmerk auf die eigene Zuständigkeit beschränkte man sich rein auf die arbeitsmarktpolitische Sicht.

Makhlouf hatte den Entwurf eines Businessplans einer in Wien gegründeten Firma vorgelegt, über die er zwei Apartmenthotels und ein Restaurant betrieb. Die Einschätzung des Ministeriums fiel vorsichtig positiv aus:

Im Hinblick auf die bereits erfolgte Investition in der Höhe von 20.000.000,- Euro und der beabsichtigen Investition in der Höhe von weiteren 10.000.000,- Euro im Gastronomie- und Beherbergungsbereich sowie der zu erwartenden Schaffung von über 100 Arbeitsplätzen kann davon ausgegangen werden, dass damit ein Beitrag zur Beschäftigung in Österreich geleistet wird und ein arbeitsmarktpolitisch sinnvolles Vorhaben vorliegt. Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz kann allerdings die Angaben in den Unterlagen nur im Hinblick auf ihre Plausibilität, nicht jedoch auf ihren tatsächlichen Wahrheitsgehalt hin prüfen. Sollte die Magistratsabteilung 35 zum Schluss kommen, dass die geplante Investition tatsächlich umgesetzt werden kann, wird der Antrag des Herrn Makhlouf Rami auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft vom arbeitsmarktpolitischen Standpunkt aus befürwortet.

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Außenministerium sollte nicht kontaktiert werden

Es wäre wohl spätestens am Außenministerium gelegen, die problematischeren Aspekte des Staatsbürgerschaftsansuchens von Makhlouf entsprechend zu würdigen. Dazu wurde im Sozialministerium ein interessanter Aktenvermerk über ein Gespräch mit einer Sachbearbeiterin im Amt der Wiener Landesregierung (MA 35) angelegt. Diesem zufolge wollte die MA 35 auch das Außenministerium befassen, was aber von Makhloufs Anwalt abgelehnt worden sei.

Zur Anfrage von Addendum wollte sich der damalige Rechtsvertreter des syrischen Geschäftsmanns nicht äußern. Er sei mittlerweile in Pension und unterliege immer noch dem Anwaltsgeheimnis.

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Assads Cousin als Kurzzeit-Zypriote

Welche Ministerien im Endeffekt noch mit der Angelegenheit befasst waren, ist nicht bekannt. Makhlouf hat es trotz seiner Verbindungen zu Ex-Minister Blecha jedoch nicht geschafft, Österreicher zu werden. Im Mai 2012 berichtete das Magazin Profil, Makhlouf habe „im Vorjahr“ erfolglos um die österreichische Staatsbürgerschaft angesucht.

Entweder hat Assads Cousin also 2011 einen zweiten Anlauf gestartet oder das frühere Antragsverfahren fortsetzen lassen. Zwischenzeitlich hatte er von 2010 bis 2011 die zypriotische Staatsbürgerschaft inne, welche ihm aber aberkannt wurde, als der Bürgerkrieg in Syrien ausbrach.

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Magna, Jelzins Tochter und der Deripaska-Clan

Deutlich mehr Erfolg in Bezug auf die österreichische Staatsbürgerschaft hatte die Tochter des russischen Ex-Präsidenten Boris Jelzin, Tatjana Jumaschewa, die gemeinsam mit ihrem Mann Valentin Jumaschew im November 2009 eingebürgert wurde. Die Unterstützung Jumaschews kam nicht von politischer Seite, sondern aus der Wirtschaft – und zwar von einem Konzern, der in Österreich großes Gewicht hat.

Wie das Magazin News im Jahr 2013 berichtete, unterstützte der Autobauer Magna das Staatsbürgerschaftsansuchen. Addendum konnte weiterführende Informationen einsehen. Diesen zufolge wurde nicht nur das Ehepaar Jumaschew eingebürgert, sondern, in einem parallel ablaufenden Verfahren, auch noch Gulschan Moldaschanova, damals mächtige Vorstandsvorsitzende von Basic Element, der Firmengruppe des russischen Oligarchen Oleg Deripaska.

Gesamt betrachtet ergibt sich der Eindruck, dass es damals darum ging, über Einbürgerungen die Geschäftsbeziehungen zum Deripaska-Imperium zu festigen. Der Oligarch hatte versucht, in Österreich Fuß zu fassen und war eine Zeitlang auch an Magna beteiligt. Der eingebürgerte Valentin Jumaschew ist nicht nur der Schwiegersohn Jelzins, sondern seinerseits auch der Schwiegervater von Deripaska. Sein Staatsbürgerschaftsansuchen umfasste ursprünglich auch Jumaschews Tochter Polina Deripaska. Diese war allerdings zum damaligen Zeitpunkt bereits volljährig und verheiratet, weshalb eine Einbeziehung nicht möglich war.

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Oleg Deripaska
Ein Oligarch mit Österreich-Connection

Oleg Deripaska ist Gründer und Haupteigentümer des Firmenimperiums Basic Element. 2007 beteiligte sich der Milliardär über Zwischenfirmen am Baukonzern Strabag und am Autozulieferer Magna. Bei Magna schied er 2008 wieder aus, bei der Strabag ist er nach wie vor an Bord. Deripaskas Schwiegervater, Valentin Jumaschew, ist mit der Tochter des russischen Ex-Präsidenten Boris Jelzin verheiratet. Der Oligarch gilt als Kreml-nahe und war zuletzt in den Skandal rund um Russland-Kontakte von Donald Trumps Ex-Wahlkampfmanager Paul Manafort geraten.

Oleg Deripaska
Ein Oligarch mit Österreich-Connection

Oleg Deripaska ist Gründer und Haupteigentümer des Firmenimperiums Basic Element. 2007 beteiligte sich der Milliardär über Zwischenfirmen am Baukonzern Strabag und am Autozulieferer Magna. Bei Magna schied er 2008 wieder aus, bei der Strabag ist er nach wie vor an Bord. Deripaskas Schwiegervater, Valentin Jumaschew, ist mit der Tochter des russischen Ex-Präsidenten Boris Jelzin verheiratet. Der Oligarch gilt als Kreml-nahe und war zuletzt in den Skandal rund um Russland-Kontakte von Donald Trumps Ex-Wahlkampfmanager Paul Manafort geraten.

Ansprechpartner war Franz Schnabl

Als Ansprechpartner der burgenländischen Behörden für die Staatsbürgerschaftsansuchen von Jumaschew und Moldaschanova galt übrigens der damalige Magna-Direktor Franz Schnabl, heute SPÖ-Chef in Niederösterreich. Der Konzern übernahm auch administrative Tätigkeiten im Rahmen des Bewerbungsprozesses und kommunizierte mit dem Amt der burgenländischen Landesregierung. Die Betreuung, die Magna den Geschäftsleuten angedeihen ließ, reichte so weit, dass, wie News berichtete, sogar diverse Gebühren von Magna überwiesen wurden.

Addendum hat bei Schnabl nachgefragt. Er teilte mit: „Die Anfrage bezieht sich auf einen Zeitpunkt, da ich ein Dienstverhältnis mit Magna Int. Europe AG hatte. Aufgrund vertraglicher Verpflichtungen aus diesem Dienstvertrag darf ich über Tätigkeiten im Rahmen der seinerzeitigen Beschäftigung keine Auskunft geben.“

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Wohnen bei Wolf

Eine Magna-Sprecherin erklärte dazu: „In Bezug auf Ihr E-Mail beziehen sich die Anschuldigungen auf Vorgänge, die nicht substantiiert sind und – gemäß Ihrem Bericht – neun Jahre zurückliegen. Als globales Unternehmen ist Magna stolz darauf, ein verantwortlicher Corporate Citizen zu sein.“

Tatsächlich enthielt die Anfrage an Magna keine „Anschuldigungen“, sondern Fragen zu Fakten und Vorgehensweisen. Die Beschreibung der Rolle von Magna in Österreich im Rahmen der erwähnten Staatsbürgerschaftsverfahren ergibt sich aus Dokumenten, die Addendum einsehen konnte.

Das Ehepaar Jumaschew verfügt jedenfalls weiterhin über einen Hauptwohnsitz in Österreich. Jelzins Tochter und Deripaskas Schwiegervater sind in einem noblen Haus in der Wiener Innenstadt gemeldet. Eigentümer ist – über Zwischenfirmen – Ex-Magna-Boss Siegfried Wolf, der vor einigen Jahren im Deripaska-Imperium angedockt hat.

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Grassers Hedgefonds-Milliardär

Doch nicht nur aus dem Osten kamen wohlhabende Personen nach Österreich, die – mit dem Segen der Bundesregierung und hinterfragenswerter Unterstützung – auf dem Eilweg zu Staatsbürgern gemacht wurden. News berichtete im Dezember 2017 darüber, dass im Jahr 2002 die Regierung die Verleihung der Staatsbürgerschaft an US-Hedgefonds-Milliardär Louis Bacon bestätigte.

Dabei scheint fraglich, ob er die Voraussetzungen tatsächlich erfüllte. Das Finanzministerium soll im Verfahren – angeblich auf Wunsch des damaligen Ministers Karl-Heinz Grasser – sehr positive Stellung genommen haben. Bacon ist vor allem in den USA als politischer Großspender aufgefallen. Ob er auch in Österreich Spenden in Aussicht gestellt hat, ist nicht bekannt.

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Part of the Game

Insgesamt zeichnet sich das österreichische System für schnelle Einbürgerungen durch seine hohe Intransparenz und seine unkonkreten Kriterien aus. Dies erleichtert einerseits die Einbürgerung von Wissenschaftlern oder Künstlern, deren Erfolge nicht so einfach quantifiziert werden können. Gerade in Bezug auf Geschäftsleute kann es jedoch der Willkür Tür und Tor öffnen.

Bestens in Erinnerung ist schließlich noch die „Part of the Game“-Affäre um den freiheitlichen Kärntner Ex-Landesrat Uwe Scheuch. Er stellte – einem geheimen Gesprächsmitschnitt zufolge – die Staatsbürgerschaft für einen möglichen russischen Investor als Teil eines Gesamtpakets aus Investition und Parteispende dar.

Andere Länder in Europa verlangen offiziell konkrete Summen von Investoren, die „goldene Visa“ erwerben wollen. Das österreichische System ähnelt einem schwarzen Loch, in das niemand wirklich hineinblicken kann. 

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