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Parteienfinanzierung und verdeckte Spenden
Österreich ist einerseits eines der Länder, in denen die politischen Parteien besonders viel Geld von der öffentlichen Hand bekommen und zugleich besonders wenig Einschränkungen und Transparenzgebote für private Zuwendungen herrschen.
Das Projekt Parteienfinanzierung ist eine 10-teilige Recherche.

Das österreichische System der Parteienfinanzierung, das schon im Wahlkampf 2017 angesichts der massiven Wahlkampfkostenüberschreitungen vor allem seitens der ÖVP eine große Rolle spielte, ist mit der Veröffentlichung des Ibiza-Videos erneut ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Heinz-Christian Strache, der zur Zeit der Aufnahme des Videos FPÖ-Spitzenkandidat und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung Vizekanzler der Republik war, hatte im Gespräch mit der angeblichen Nichte eines russischen Oligarchen Möglichkeiten aufgezeigt, wie man österreichische Parteien am Rand der Legalität so unterstützen könne, dass die Zuwendungen der Kontrolle des Rechnungshofs entzogen werden: über parteinahe Vereine.

Kritik üben Experten allerdings nicht nur an solchen spezifischen Umgehungskonstruktionen, sondern an den Grundsätzen des österreichischen Parteienfinanzierungssystems. Österreich ist nämlich einerseits eines der Länder, in denen die politischen Parteien besonders viel Geld von der öffentlichen Hand bekommen und zugleich besonders wenig Einschränkungen und Transparenzgebote für private Zuwendungen herrschen. Das zeigt sich nicht zuletzt darin, dass zwar gesetzliche Obergrenzen für Wahlkampfkosten eingezogen wurden, zugleich aber die finanziellen Sanktionen in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Überschreitungen stehen, sprich: Die Überschreitung ist für die Parteien immer noch ein gutes Geschäft.

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Es ist nicht leicht, Licht ins Dunkel der österreichischen Parteienfinanzierung zu bringen, manchmal ist man auf Zufälle und auf Nebenprodukte anderer Verfahren angewiesen. Unserem Rechercheteam ist es gelungen, aus den Akten eines Verfahrens, in dem es um den Transfer von Geldern von der Telekom Austria über Valora, ein Unternehmen des ehemals sehr erfolgreichen Lobbyisten Peter Hochegger, ins Umfeld mehrerer Parteien ging, ein mutmaßliches System der Parteienfinanzierung zugunsten der ÖVP über den Zeitraum von 2002 bis 2012 zu rekonstruieren .

Die Hauptrolle spielt dabei eine Agentur namens Mediaselect , über die Medienleistungen zugunsten der ÖVP abgewickelt wurden. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass über die Agentur Zuzahlungen großer Unternehmen wie Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, Österreichische Lotterien und eben Telekom Austria erfolgten. Ein Sachverständiger fand Hinweise auf derartige Zahlungen im Gesamtausmaß von einer Million Euro. Außerdem soll die ÖVP Gutschriften für Inseratenschaltungen ÖVP-geführter Ministerien erhalten haben.

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Diese erste systematische Darstellung eines Parteienfinanzierungssystems an oder jenseits der Grenze der Legalität wurde durch ein 800 Seiten starkes Gutachten möglich, in dem die Finanzströme nachgezeichnet wurden. Dass sie die ÖVP betrifft, heißt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht, dass sich nur die ÖVP solcher Mechanismen bedient hat. Schon in anderen Teilen der Telekom-Causa wurde klar, dass auch SPÖ und FPÖ in den Genuss ähnlicher Zahlungen kamen, nur ließen sie sich für die anderen Parteien nicht in dieser Stringenz und Lückenlosigkeit über einen längeren Zeitraum nachvollziehen.

Es bleibt also noch einiges zu tun, sowohl in der Aufklärung vergangener Vorgänge als auch in der Schaffung von Rahmenbedingungen, die das in Zukunft effizient verhindern. 

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