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Ibiza-Video: Und wieder ein auffälliger Verein
7. September 2019 Parteienfinanzierung Lesezeit 3 min
Seit Heinz-Christian Straches Aussagen im Ibiza-Video stehen Vereinskonstruktionen, die Gelder am Rechnungshof vorbeischleusen könnten, im Fokus der Ermittlungen. Nun taucht ein Verein auf, der Tür an Tür mit einer berühmt-berüchtigten Detektei firmierte.
Dieser Artikel gehört zum Projekt Parteienfinanzierung und ist Teil 5 einer 10-teiligen Recherche.
Bild: APA

Am 23. August hatte Heinz-Christian Strache wieder einen Job. Zumindest für ein paar Stunden. Nachdem die Tageszeitung Österreich berichtet hatte, der über das Ibiza-Video gefallene Ex-FPÖ-Chef werde am 1. September bei der Firmengruppe des FPÖ-affinen Immobilienentwicklers Siegmund Kahlbacher andocken, bestätigte der Unternehmer via Ö1-Mittagsjournal Straches Engagement. Am Nachmittag blies Strache die Sache ganz plötzlich wieder ab – er habe das Angebot von Kahlbacher, der in Baden unter anderem das alte Grand-Hotel namens Sauerhof revitalisieren will, telefonisch abgelehnt.

Der FPÖ-nahe Siegmund Kahlbacher hat beim Sauerhof und bei einem Thermenprojekt im Burgenland nicht nur Investoren aus der russischen Teilrepublik Tatarstan mit an Bord. Auch Michael Tröthandl, Anwalt aus Baden, ist dort ein relevanter Gesellschafter. Addendum-Recherchen zu möglichen Vereinen im politischen Umfeld ergaben nun, dass Tröthandl als Kassier in einem Verein sitzt, der im Februar 2016 gegründet wurde und laut Vereinsregister exakt so heißt: „Institut for Strategisch-Politische Analysen & Recherche“, kurz: „ISPAR“. Das klingt auffallend ähnlich wie der Verein ISP, „Institut für Sicherheitspolitik“, den Profil nach dem Bekanntwerden des Ibiza-Videos als Vehikel der FPÖ geoutet hatte und der wenige Monate später im selben Jahr, also 2016, gegründet wurde. Unter anderem soll der Glücksspielkonzern Novomatic das ISP mit 200.000 Euro bedacht haben.

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„Am Rechnungshof vorbeischleusen“?

Im Ibiza-Video, aufgenommen im Juli 2017, spricht Heinz-Christian Strache bekanntlich von Vereinskonstruktionen, mit denen man Spenden „am Rechnungshof vorbeischleusen“ könne. Tatsächlich weist der Verein „Institut for Strategisch-Politische Analysen & Recherche (ISPAR)“ mehrere Besonderheiten auf: Zum einen wird er ab 2016 von einem Schweizer Finanzmanager geleitet, der einst für den bulgarischen Geschäftsmann Boris P. (Name der Redaktion bekannt) tätig war – und heute Österreich-Firmen des russischen Unternehmers Andrei K. führt. Die Gruppe um Andrei K. unterhielt mit den Firmen von Boris P. intensive, zum Teil undurchsichtig scheinende Geschäftsverbindungen. Man geriet massiv in Streit. Der vorläufige Höhepunkt: Addendum hatte Ende Juni ausführlich darüber berichtet, dass Andrei K. im Juni 2019 vorübergehend sogar in U-Haft musste, weil er jemanden dazu angestiftet haben soll, Boris P. zu ermorden. K. dementiert dies entschieden, er kam nach rund einem Monat wieder frei, es gilt die Unschuldsvermutung.

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Zum anderen sticht beim Verein ISPAR der Sitz ins Auge: ISPAR firmiert in der Wiener Kärntner Straße Tür an Tür mit der NSA Bewachungs-Detektei GmbH, deren Chefs sich kürzlich wegen Betrugs vor dem Landesgericht verantworten mussten. Auch darüber hatte Addendum mehrfach berichtet. Das Unternehmen NSA ist eng mit Boris P. verbandelt. In dessen Einflusssphäre soll die Niederlassung der NSA im bulgarischen Sofia („NSA Bulgaria EOOD“) fallen. Bei der „NSA Bulgaria“ ist nicht nur der österreichische NSA-Geschäftsführer Gerald W. als „Director“ tätig, er spielt auch eine nicht unwesentliche Rolle in der Auseinandersetzung zwischen Andrei K. und Boris P. Das Umfeld von K. behauptet, dass die NSA Bulgaria und deren Tochter NSA Bulgaria Investment EOOD im Firmennetz des Boris P. gemeinsam mit einer bulgarischen Bank in fragwürdige Deals verwickelt war. Staatsanwaltschaften in Österreich, Liechtenstein und Bulgarien ermitteln.

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Mit der FPÖ-Abgeordneten Kappel in Washington: Boris P. (ganz links).

Die NSA, Boris P. und die FPÖ

Mitte Juni 2019 hatte Addendum Fotos veröffentlicht, auf denen Boris P. bei einer Tagung im Dezember 2018 in Washington unter anderem mit der FPÖ-Abgeordneten Barbara Kappel sowie weiteren (Ex-)FPÖ-Mandataren posiert. Kappel erklärte damals: „Wenn Herr P. auf besagten Fotos abgebildet ist, so hat das rein zufälligen Charakter.“ Reiner Zufall ist sicher auch, dass der Badener Anwalt Michael Tröthandl, Kassier des ISPAR-Vereins mit Sitz neben der NSA, auch anwaltlich für Boris P. tätig war.

Michael Tröthandl beruft sich gegenüber Addendum auf seine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht. Mitteilen könne er, dass der „genannte Verein zwar gegründet, meines Wissens aber nie aktiv geworden ist.“ Seine Funktionsperiode sei vor einigen Monaten abgelaufen. 

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