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Die Bücher der Parteien
12. September 2019 Parteienfinanzierung Lesezeit 9 min
In den Rechenschaftsberichten geben die Parteien so viel von sich preis, wie sie müssen – manchmal auch weniger. Ein Blick in die Bücher offenbart dennoch bemerkenswerte Unterschiede in den Finanzstrategien.
Dieser Artikel gehört zum Projekt Parteienfinanzierung und ist Teil 8 einer 10-teiligen Recherche.
Bild: Addendum

Dass man bei der Nationalratswahl 2017 mehr als die erlaubten 7 Millionen Euro für den Wahlkampf ausgegeben habe, sei ein Fehler gewesen, heißt es dieser Tage immer wieder von der ÖVP. Damit sich dieser nicht wiederhole, habe man nun ein eigenes Controlling geschaffen. Die Überschreitung der Wahlkampfkostengrenze um 5.959.301,71 Euro war aber wohl mehr als eine reine Unabsichtlichkeit. Schließlich hatte die Bundes-ÖVP allein im Wahljahr Kredite in der Höhe von 15 Millionen Euro aufgenommen – mehr als alle anderen Parteien zusammen.

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Einblick in die Bücher

Aus den Rechenschaftsberichten, die von den Parteien an den Rechnungshof gehen, lässt sich derzeit noch nicht sagen, wie viel von dieser Kreditsumme bereits getilgt wurde. Dass die ÖVP diesmal unterhalb der gesetzlichen Obergrenze bleibt, legt aber die finanzielle Lage dar, die der Falter skizziert.

Die ÖVP hat bei der letzten Nationalratswahl allerdings auch in anderen Bereichen Rekorde gesetzt: Seit Frank Stronach 2013 mit seinem Team antrat , erhielt keine Partei mehr so viele Spenden wie die ÖVP 2017.

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Außerdem sollte man die Stärke der Landesorganisationen nicht unterschätzen, wie der Politikwissenschafter Hubert Sickinger betont. Die finanzstarke niederösterreichische Volkspartei hätte die Wahlkampfkostengrenze 2017 aus eigener Kraft knacken können. Die Landesorganisationen der Parteien erhalten nicht nur zusätzliche Förderungen: Sie behalten in vielen Parteien einen Gutteil der Mitgliedsbeiträge ein.

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Nicht alles landet in der Zentrale

Selbst in der SPÖ, deren Bundesorganisation mit Abstand am meisten von den Parteimitgliedern profitiert, geht der Großteil des Geldes an Länder, Bezirke und Gemeinden.

Bei FPÖ und Grünen blieben die Mitgliedsbeiträge bis 2017 sogar ganz im Land. Bei der ÖVP wiederum scheint der Bundesanteil Verhandlungssache mit Ländern und Bünden zu sein: Er schwankt zwischen den einzelnen Jahren erheblich. Die Schwankungen bei der Sozialdemokratie sind, so Sickinger, auf höhere Beiträge in Wahljahren zurückzuführen.

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Die Sozialdemokratie ist im Wesentlichen auch die einzige Partei, deren Bundesorganisation Einkünfte aus eigener wirtschaftlicher Tätigkeit erzielt. Nur die Bundes-ÖVP wies 2013 ebenfalls einen kleinen Betrag aus. Allerdings muss auch hier die Parteistruktur beachtet werden: Die Vorarlberger Volkspartei erwirtschaftete 2017 immerhin 485.122 Euro, die Wiener Landespartei kam auf 398.172 Euro und auch der niederösterreichische Bauernbund besitzt ein ansehnliches Firmengeflecht.

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Sanierung über die Parteisteuer?

Die Nationalratswahl 2017 ließ die Grünen nicht nur politisch angeschlagen zurück. Sie fielen aus dem Nationalrat und verloren damit auch den Großteil ihrer Bundesförderung, mit der viele Parteien ihre Kredite für den Wahlkampf besichern. Die Grünen, die sich bereits bei der Bundespräsidentenwahl 2016 finanziell stark verausgabt hatten, gerieten dadurch in finanzielle Notlage. Für das Wahljahr erhielten sie nur noch den vom Parteiengesetz für erfolglose Listen vorgesehenen Wahlkampfkostenbeitrag.

Wohl auch deshalb führten die Grünen eine Parteisteuer ein, die es zuvor auf Bundesebene nicht gegeben hatte. Da die Landesparteienförderung in einigen Ländern zweckgebunden ist und nicht an die Bundespartei gespendet werden kann, war die Abgabe auf die Gehälter von Mandataren zumindest eine kleine Finanzierungsalternative.

Ansonsten heben auf Bundesebene nur noch FPÖ und SPÖ Parteisteuern ein, wobei diese bei Nationalratsabgeordneten und Bundesräten ohne Zustimmung der betroffenen Mandatare und ohne Rechtsgrundlage von der Parlamentsdirektion einbehalten werden.

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Ohne Förderung keine Musik

Den größten Brocken in den Budgets der Bundesparteien bildet in jedem Fall die gesetzliche Parteienförderung. Sie hat sich seit 2015 entlang der Wahlergebnisse entwickelt. Die Jahre 2013 und 2014 stechen hervor, weil es hier durch eine Übergangsregelung und die bei der EU-Wahl noch für alle Parteien bestehende Wahlkampfkostenrückerstattung zu höheren Ausschüttungen kam.

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Die Haushalte der Parteien wichen vor allem durch die Aufnahme von Krediten und Darlehen vom Schema der Parteienförderungen ab. Beim Team Stronach bildeten Kredite an die Landesorganisationen im Jahr 2013 einen Durchlaufposten von 10,5 Millionen Euro, der das Budget der Bundespartei in diesem Jahr auf 32,6 Millionen steigen ließ.

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Die Bundes-SPÖ wiederum hob sich 2017 von der FPÖ ab, obwohl diese über eineinhalb Millionen Euro mehr aufgenommen hatte. Die Sozialdemokraten hatten den Freiheitlichen vor allem die Mitgliedsbeiträge und die Einnahmen aus den parteieigenen Unternehmen voraus.

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Abstottern und umschulden

Bei der Rückzahlung der Parteischulden zeigt sich, dass beispielsweise die Grünen 2016 – im Jahr der Bundespräsidentenwahl – kaum in der Lage waren, substanzielle Rückzahlungen zu tätigen. Die ÖVP schuldete sich währenddessen vor allem um – sie nahm Kredite über 3,5 Millionen Euro auf und zahlte Schulden von 3,2 Millionen zurück.

Das Team Stronach wiederum ließ schon 2013 hohe Summen, die an Darlehen in die Länder gegangen waren, an seinen Gründer zurückfließen und zahlte im letzten Jahr seines Bestehens noch einmal 3,5 Millionen Euro aus der Parteienförderung an Frank Stronach aus.

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Stronach lag allerdings auch bei den Spenden an der Spitze: 2013 gab er 18,7 Millionen Euro an seine Partei. Auch wenn ein Teil davon weiter in die Länder floss, trug die Summe doch dazu bei, dass das TS die Wahlkampfkostenobergrenze um 6,5 Millionen Euro noch deutlicher überschritt als die ÖVP fünf Jahre später.

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Große Unterschiede beim Personal

Die Ausgaben der Bundesparteien für Öffentlichkeitsarbeit schwanken, wie die Einnahmen, mit den Wahlen. Seit 2013 gaben vier Parteien mehr als zehn Millionen Euro jährlich aus. Dabei erreichte die SPÖ 2013 einen Rekord, den auch die Volkspartei 2017 nicht einstellen konnte: Sie gab im Wahljahr 19,3 Millionen Euro für Öffentlichkeitsarbeit aus, behauptete aber gegenüber dem Rechnungshof, die Wahlkampfkostengrenze von sieben Millionen Euro nur um 326.874 Euro überschritten zu haben. Die übrigen Kosten müssten dementsprechend unabhängig von der Wahl, beziehungsweise vor dem Stichtag am 9. Juli entstanden sein.

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Bemerkenswert ist auch, dass die Bundesorganisation des Team Stronach ihre Öffentlichkeitsarbeit nach der Nationalratswahl relativ rasch einstellte. Ab 2016 finanzierte man keine Veranstaltungen mehr. Im selben Jahr gab man fast viermal so viel für Bürokosten aus wie für Werbung. Schließlich flossen 2017 nur noch 21.202 Euro in die Öffentlichkeitsarbeit.

Auch bei den Ausgaben für das Personal schraubte man beim Team Stronach zurück. Am Ende machten die Parteimitarbeiter nur mehr 4 Prozent der Gesamtausgaben aus, ein Wert, den ansonsten nur noch die FPÖ erreichte, die ihre Ausgaben schon vor 2013 in Richtung Werbung umschichtete.

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Auch wenn die SPÖ nicht mit den höchsten Beratungshonoraren aufwarten kann, wie kürzlich bekannt wurde: Die höchsten Personalkosten waren ihr zumindest bis 2017 sicher. In absoluten Zahlen gab sie in diesem Jahr 6,1 Millionen Euro für Mitarbeiter im Bund aus, gefolgt von der ÖVP mit 5,2 Millionen. 

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