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Kirchstetten: Misshandelt, missbraucht, gedemütigt
15. Oktober 2018 Pflege Lesezeit 2 min
Eine Gruppe an Pflegern soll demente, alte Menschen sadistisch misshandelt haben. Knapp zwei Jahre nach Beginn der Ermittlungen gibt es immer noch kein Verfahren.
Dieser Artikel gehört zum Projekt Pflege und ist Teil 5 einer 7-teiligen Recherche.

Pfleger, die demente alte Menschen schlagen, deren Genitalien mit Franzbranntwein einreiben, die alte Menschen eiskalt oder brühend heiß abduschen und sie sexuell misshandeln. Das alles und noch viel mehr soll in einem Pflegeheim in Kirchstetten bis Ende 2016 passiert sein. Nach dem Auftauchen der Vorwürfe wurde der Hauptbeschuldigte Dominik G. fristlos entlassen, mit ihm drei weitere Beschuldigte und der Chef des Heims. Dominik G. heuerte sofort in einem Pflegeheim in Wien an, wo er vorerst weiter alte Menschen betreute.

Das alles ist mittlerweile knapp zwei Jahre her. Und trotzdem gibt es immer noch kein Verfahren. Die Staatsanwaltschaft habe Schwierigkeiten, die mutmaßlichen Misshandlungen nachzuweisen, heißt es aus informierten Kreisen. Ein medizinisches Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass an den noch lebenden Betroffenen keine Misshandlungen festgestellt werden konnten. Wie auch, sagt Patientenanwalt Gerald Bachinger, wenn die Betroffenen eineinhalb Jahre später untersucht worden sind? Welche blauen Flecken sollen dann noch nachweisbar sein?

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Aber auch bereits verstorbene Bewohner des Clementinums sind exhumiert worden. Genau genommen zwei Frauen, die nun posthum obduziert worden sind.

Ergebnis des Gutachtens: Beide haben das entwässernde Medikament Furosemid erhalten. Das ist zwar in der Altenbetreuung laut Clementinum gängig. Dennoch schreibt der Gutachter im Falle einer der beiden exhumierten Frauen:

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„Die blutdrucksenkende und damit den Kreislauf schwächende Wirkung eines entwässernden Medikaments kann den Todeseintritt […] erheblich begünstigt haben.“

Die Staatsanwaltschaft St. Pölten geht aber weiterhin nicht von einem Tötungsvorsatz aus. Es werde nach wie vor wegen des Verdachts des Quälens von wehrlosen Personen und in Folge wegen des Verdachts der Körperverletzung ermittelt. Nun sind Einvernahmen von Zeugen geplant, und es wurden weitere Exhumierungen angekündigt.

Wann es zum Verfahren kommt, ist weiterhin offen. Die Beschuldigten sind nach wie vor auf freiem Fuß.

Dem Clementinum Kirchstetten scheint das Ermittlungsverfahren kaum geschadet zu haben. Die Nachfrage nach Plätzen ist ungebrochen hoch. Nun wird ausgebaut, um noch mehr Betten unterzubringen. 

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