Die Arbeit eines Volksvertreters kann vielseitig sein: Reden, informelle Überzeugungsarbeit, die Arbeit in Ausschüssen und Untersuchungsausschüssen und das Verfassen von Anträgen und Anfragen können ebenso dazu gehören wie Führungen durch das Parlament. Die Abgeordneten erfüllen damit zwei Hauptaufgaben: die Gesetzgebung durch das Verfassen von Anträgen und die Diskussion über Vorhaben – und die Kontrolle mithilfe von Instrumenten wie parlamentarischen Anfragen und Untersuchungsausschüssen.
Diese Arbeit läuft in einem Vierwochenrhythmus ab: Zwei Wochen sind für die Arbeit in Ausschüssen reserviert, die grundsätzlich nichtöffentlich stattfinden. In der dritten Woche werden die – öffentlich zugänglichen – Plenarsitzungen angesetzt. Die letzte Woche ist für die Arbeit in den Wahlkreisen, also die Heimatregion der Abgeordneten, reserviert.
Nur ein kleiner Teil der Tätigkeiten von Parlamentariern ist also öffentlich und verschriftlicht. Dazu gehören die Redebeiträge in Sitzungen, die einige Wochen später schriftlich online veröffentlicht werden, die Anfragen und Anträge.
Eine Addendum-Analyse aller 14.517 Anfragen und 3.542 Anträge, die in der endenden 25. Legislaturperiode auf der Website des Parlaments veröffentlicht und einzelnen Parlamentariern zugeordnet wurden, gibt einen kleinen Einblick in die Kontroll- und Gesetzgebungsarbeit im Parlament.
Viele Aktivitäten des Parlaments finden in Form von Anträgen statt: Neben Gesetzesentwürfen, Anträgen auf Rechnungshofprüfung und Misstrauensanträgen werden auch Angelegenheiten der Geschäftsordnung als Anträge formuliert.
Die meisten Anträge stammen von Abgeordneten einer einzigen Partei. Von solchen Anträgen werden die meisten abgelehnt oder schlicht vertagt – also nicht inhaltlich behandelt und auch später nicht mehr aufgegriffen.
Die Anträge, die von Abgeordneten mehrerer Parteien unterstützt werden, kommen großteils von ÖVP und SPÖ und sind meist erfolgreich. Auch größere Allianzen werden im Parlament gebildet, sie sind mit wenigen Ausnahmen nur erfolgreich, solange beide Koalitionsparteien im Boot sitzen. Abgeordnete von SPÖ und ÖVP brachten kaum Anträge ohne Unterstützer des Koalitionspartners ein. Die Ursache für dieses Verhalten findet sich im Koalitionsabkommen zwischen den Koalitionsparteien (in der vergangenen Legislaturperiode: SPÖ und ÖVP), das automatisch gekündigt wird, sobald eine Koalitionspartei die andere im Parlament überstimmt. Um dies zu vermeiden, werden Anträge meist gemeinsam eingebracht.
Auch wenn Verfassungsänderungen geplant sind, für die auch die Unterstützung einer Oppositionspartei gewonnen werden muss, wird der Text dem Parlamentarismus-Experten Werner Zögernitz zufolge üblicherweise vor den Ausschusssitzungen von Vertretern der Fraktionen akkordiert. Die durch die Regierungsparteien eingebrachten Gesetzesvorschläge enthalten dadurch üblicherweise schon die nötigen Kompromisse, und die Texte werden durch das Parlament nicht wesentlich abgeändert.
Nur ein Mehrparteienantrag wurde angenommen, dem nicht sowohl Abgeordnete der SPÖ als auch der ÖVP zugeordnet werden können: ein gemeinsamer Antrag von SPÖ und den Grünen zur Abschaffung einer Ungleichbehandlung von Frauen bei der Notstandshilfe.
Die fünf Parlamentarier, die die meisten Anträge eingebracht haben, sind NEOS-Abgeordnete. „Die NEOS haben als neue Partei viele Entschließungsanträge eingebracht und sich so profiliert. Diese haben meist das Format ,Die Regierung wird aufgefordert …‘, sind also mit wenig Aufwand zu verfassen“, sagt Parlamentsexperte Zögernitz.
Nicht nur über Anträge wird im Parlament abgestimmt, auch der Ministerrat kann beispielsweise Gesetzesvorhaben ans Parlament übermitteln. 331 solcher Regierungsvorlagen gingen ans Parlament, nur fünf davon wurden nicht beschlossen. Neunzig Staatsverträge (beispielsweise über die Polizeizusammenarbeit mit der Schweiz und Liechtenstein) wurden vom Parlament ratifiziert. Neunzehn von zwanzig Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern (Artikel-15a-Vereinbarungen, beispielsweise zu den Themen Ganztagsschule und über Hubschrauberdienste) wurden ebenfalls vom Parlament abgenickt.
Von den oben beschriebenen Anträgen wurden in der letzten Legislaturperiode ebenfalls 400 angenommen, allerdings von insgesamt 3.542.
Anfragen können von jedem Abgeordneten eingebracht werden und müssen innerhalb von zwei Monaten von den zuständigen Ministerien beantwortet werden. Sie sind der Kontrollfunktion des Parlaments zuzuordnen. Deswegen machen hauptsächlich die Oppositionsfraktionen von diesem Werkzeug Gebrauch. Überproportional aktiv – im Verhältnis zur Abgeordnetenzahl – ist hier die FPÖ. Viele der Anfragen der FPÖ sind Serienanfragen – mindestens 235 Anfragen stellte Walter Rosenkranz zu einzelnen Inseraten der Ministerien, Rupert Doppler (mittlerweile parteilos) stellte 259 Anfragen zu Unfallschwerpunkten auf verschiedenen Bundesstraßen, Dagmar Belakowitsch 135 zu Polizeieinsätzen.
Grundlage sind alle Aktivitäten der im November 2017 endenden 25. Legislaturperiode, die auf der Website des Parlaments spezifischen Abgeordneten zugeordnet wurden. Nicht enthalten sind seltenere Vorgänge wie der Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz, den die Abgeordneten Peter Wittmann und Wolfgang Gerstl in Form eines Ausschussabänderungsantrags eingebracht haben. In solchen Fällen sind die Namen der einbringenden Parlamentarier nur in den zugeordneten Dokumenten zu finden.
Einzelne Antragsarten – wie beispielsweise Dringliche Anträge – müssen von fünf Abgeordneten eingebracht werden. Zugeordnet werden diese allerdings meist nur einem Abgeordneten.
Die Einteilung in die Kategorien „angenommen“, „abgelehnt“, „vertagt“ und „Sonstige“ erfolgte manuell anhand der Informationen zum Status der Anträge auf Parlament.gv.at zum Stand 31.10.2017.
Manche Klubzugehörigkeiten von Parlamentariern können sich während der Legislaturperiode geändert haben.
Doppler und Belakowitsch führen – auch aufgrund dieser Anfrageserien – die Liste der Abgeordneten mit den meisten Anfragen an. Auch die nächsten drei Plätze belegt die FPÖ, Gerald Loacker (NEOS) belegt den sechsten Platz.
Zu den weiteren Aufgaben des Parlaments gehören auch die Genehmigung von Staatsverträgen und die Mitwirkung an der EU-Gesetzgebung und an Entscheidungen des Europäischen Stabilitätsmechanismus. „Dies ist die undankbarste Arbeit der Parlamentarier, da sie viel Zeit und Fachwissen benötigt, aber wenig von der Bevölkerung wahrgenommen wird“, so Parlamentarismus-Experte Zögernitz. Viele Rechte, sich auf EU-Ebene einbringen, bleiben dennoch ungenutzt .