Fast ein Jahr ist seit der Listenwahl der Grünen für die Nationalratswahl 2017 vergangen. Dieses Jahr war für den Berufspolitiker Peter Pilz durch verschiedene Einkommenssituationen geprägt.
Bis zu seinem Ausscheiden aus dem Grünen Parlamentsklub Mitte Juli erhielt er als grüner Mandatar den ihm zustehenden Bezug von 8.755,80 Euro brutto monatlich. Obwohl er dieses politische Mandat über die Liste der Grünen erreicht hatte, entschied er sich, es nicht abzugeben, sondern für die restlichen Sitzungen der Legislaturperiode als freier („wilder“) Abgeordneter ohne Anschlussmöglichkeit an einen Parlamentsklub im Nationalrat zu bleiben.
Gemeinsam mit den späteren Abgeordneten der Liste Pilz, Bruno Rossmann, Wolfgang Zinggl und Daniela Holzinger-Vogtenhuber konnte er zwar keinen Parlamentsklub bilden, die weitere monatliche Auszahlung des Abgeordnetenbezugs stand ihm und seinen späteren Kollegen, die ihre Klubs ebenso verlassen hatten, aber rechtlich zu. Die ethische Beurteilung blieb dem Wähler vorbehalten, und wie auch immer diese im Einzelnen ausgefallen ist, ins Parlament hat es die Liste Pilz geschafft.
Allein, der Parteigründer Peter Pilz wollte sein Mandat nicht annehmen, als Vorwürfe der sexuellen Belästigung kurz vor der Angelobung der neu gewählten Abgeordneten bekannt wurden. Diese Mutmaßungen waren nicht neu und schon zu seiner Zeit bei den Grünen ebendort breit bekannt. Ein ehemaliger Nationalratsabgeordneter der Grünen meinte gegenüber Addendum, dass es bei Pilz wiederholt Auffälligkeiten in diese Richtung gegeben hätte, dennoch hätte man sich entschlossen, dazu zu schweigen. Vorgeblich um eine bestimmte Mitarbeiterin zu schützen, was zwar die Untätigkeit in einem Fall erklärt, aber dieses Argument fiele bei einer Mehrzahl an Fällen freilich weg. Ob diese Aussage eines früheren Kollegen stimmt oder nicht, bleibt an dieser Stelle ungeklärt.
Peter Pilz verzichtete als Konsequenz vorerst auf sein Mandat und damit auch auf den zu erwartenden Bezug als Klubobmann der Liste Pilz im Nationalrat in Höhe von 14.884,80 Euro brutto. Eine Anstellung in der Partei oder in der Akademie würde dieses Einkommen erst mit Ausschüttungen der Partei- und Akademieförderung im Frühjahr 2018 kompensieren können. Alternativ hätte Pilz – wie viele seiner aus dem Parlament ausgeschiedenen Ex-Kollegen der Grünen – auch eine Gehaltsfortzahlung in Höhe von 75 Prozent des Bezugs beanspruchen können. Insgesamt wurde diese von 27 Abgeordneten abgerufen. Welche das sind, wird von der Parlamentsdirektion geheim gehalten.
Der Wahlkampf der Liste Pilz wurde durch Spenden finanziert. Dabei gelang es dem Listengründer, gut 270.000 Euro einzusammeln. 37 Prozent dieser Summe wurden von einem Wiener Rechtsanwalt (Alfred Noll) einbezahlt, der später auch selbst einen Listenplatz beanspruchte. Das ist neben der Finanzierung durch Frank Stronach, der später auch selbst einen Listenplatz beanspruchte, die zweithöchste (anteilige) Parteispende an eine Parlamentspartei seit Inkrafttreten der neuen Transparenzregeln des Parteiengesetzes 2012. Der Name „Peter Pilz“ scheint auf der Transparenzseite der Liste Pilz selbst übrigens nicht auf.
Der Einsatz der Mittel der Liste Pilz im Wahlkampf selbst darf hingegen als sparsam bezeichnet werden. Die Affiche der Plakate erfolgte mit geschickter Instrumentalisierung der Medien, die über die Präsentation des Plakats – gemeint ist tatsächlich ein Stück – der Liste Pilz berichteten und ein begleitendes Foto davon veröffentlichten.
"Ja, es geht!" So simpel ist das einzige Plakat der Liste Pilzhttps://t.co/OOSnMj9nVT pic.twitter.com/GjoJ8kcGOl
— Kronen Zeitung (@krone_at) 4. September 2017
Medienprofi Pilz wendete damit einen alten Trick an, der auch 2017 noch ganz gut funktionierte. Die sehr ökonomische Mittelverwendung der Partei führte dazu, dass nach dem Wahlkampf noch gut 100.000 Euro an Liquidität zur Verfügung standen. Die Einlage von Alfred Noll wurde also de facto nicht angerührt, wenn man unterstellt, dass Geld vielleicht doch das sprichwörtliche Mascherl haben könnte. Die eigene Sparsamkeit hinderte Peter Pilz aber nicht daran, bei internen Wahlkampfterminen seinen ehrenamtlichen Wahlhelfern sinngemäß zu verkünden: „Ihr müsst jetzt die Sparbücher nehmen und in den Wahlkampf reinpumpen.“ Die Ausgaben und kleinen Darlehen für Sachaufwand, die im Wahlkampf getätigt würden, könnten ja nach dem Zufluss der Parteiförderung 2018 ausbezahlt werden.
Aber warum konnten dafür nicht einfach die unverbrauchten hunderttausend Euro herangezogen werden?
Disclaimer
Niko Alm hat bei den Recherchen für diesen Artikel ausgeholfen. Er war selbst Abgeordneter zum Nationalrat, saß mit Peter Pilz in mehreren Ausschüssen und war mit ihm auch schon Eiernockerl essen (an einem Novembertag). Er war nicht immer einer Meinung mit ihm, aber manchmal doch.
Für diese Summe wurde eine andere Verwendung gefunden. Am 8. November 2017, also am Tag vor der Nicht-Angelobung von Peter Pilz als Abgeordneter zum Nationalrat, stand fest, dass er sein Mandat nicht annehmen, sondern lieber in die bezahlten Dienste der Partei treten wolle. Zu diesem Behufe sollte er sich während der nächsten Monate ein Gehalt von rund 8.700 Euro brutto auszahlen – das entspricht dem Bezug eines Abgeordneten zum Nationalrat und verursacht für die Partei durch Lohnnebenkosten und aliquote Anteile monatliche Kosten in etwa eineinhalbfacher Höhe.
Rechtlich ist dieser Vorgang einwandfrei. Die Klubförderung hätte für eine Bezahlung der Parteifunktionäre nicht herangezogen werden dürfen. Bei manchen, die Pilz im Wahlkampf ehrenamtlich unterstützt hatten, führte es aber zu Ärger, dass Rechnungen, die zum Budget und jetzigen Pilz-Gehalt vergleichsweise gering, aber doch persönlich substanziell sind, nicht gleich bezahlt worden sind.
Während Peter Pilz selbst von den Spenden lebte, mussten die ehrenamtlichen Mitarbeiter, die auch selbst gespendet und Rechnungen vorgestreckt haben, bis zur Auszahlung der Parteienförderung warten.
Nur die Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber und Wolfgang Zinggl waren für Addendum erreichbar. Peter Kolba und Peter Pilz wollten die Anfrage nicht kommentieren.