Seit seiner ersten Sitzung am 9. November 2017 hat der Nationalrat 79 Plenarsitzungen abgehalten, am Mittwoch und Donnerstag kommen vier weitere hinzu. Das Ende seiner Tätigkeit ist aber absehbar. Wenn sich der neue Nationalrat nach der angekündigten Wahl im Herbst konstituiert, endet damit automatisch die aktuelle Gesetzgebungsperiode. Es wird die drittkürzeste seit Inkrafttreten der Bundesverfassung 1920 gewesen sein. Nur die Neuwahlmanöver von Bruno Kreisky 1971 und Wolfgang Schüssel 1995 führten zu noch kürzeren Legislaturen.
Die ureigenste Aufgabe eines Parlaments ist die Gesetzgebung. In den eineinhalb Jahren der Koalitionsregierung aus Volkspartei und Freiheitlichen brachte diese 115 Regierungsvorlagen ein, sieben wurden nicht mehr beschlossen. 36 Initiativanträge kamen von den Parlamentsklubs der beiden Partner, sieben wurden schon bei der Antragstellung von mindestens einer Oppositionspartei mitunterstützt. Nur zwei Anträge, jene zur Änderung des Bundesbezügegesetzes und des Heimopferrentengesetzes, wurden von allen Parteien gemeinsam eingebracht. Der bereits vorliegende Neuwahlantrag wurde ohne Liste JETZT eingebracht.
Eines der wichtigsten Oppositionsinstrumente ist das Anfragerecht. Neben dringlichen Anfragen im Nationalrat können die Abgeordneten auch schriftliche Interpellationen, also Anfragen, an die Bundesregierung richten und diese über Vorgänge in der Verwaltung befragen.
Vom Anfragerecht wird seit jeher rege Gebrauch gemacht. Bisher (Stand 7. Juni 2019) wurden 3.840 schriftliche Anfragen von Abgeordneten eingebracht. Naturgemäß kamen die wenigsten davon, nämlich nur 37, von den Regierungsparteien. Die SPÖ stellte als größte Oppositionspartei allein mehr als die Hälfte aller schriftlichen Anfragen. Ganze 51,4 Prozent aller Oppositionsanfragen wurden an FPÖ-Minister gerichtet. Ex-Innenminister Herbert Kickl erhielt als meistbefragtes Regierungsmitglied allein 12,7 Prozent aller oppositionellen Interpellationen. Am wenigsten Anfrage wurden an Vizekanzler Heinz-Christian Strache gerichtet, dessen eher bescheiden ausgestattetes Ressort mittlerweile von Finanzminister Müller mitverwaltet wird.
Als Erstantragsteller waren Jörg Leichtfried (SPÖ), Nikolaus Scherak (NEOS) und Gerald Loacker (NEOS) Spitzenreiter. Diese drei Abgeordneten brachten gemeinsam 15,4 Prozent aller Anfragen ein.
Die Arbeit eines Abgeordneten erschöpft sich nicht in seiner Anwesenheit im Plenum. Es gibt Ausschusssitzungen, Besprechungen, Treffen mit Interessenvertretern und Bürgern. Hinzu kommt die Parteiarbeit in Wien und im Heimatbundesland. Manche üben zusätzlich noch einen Zivilberuf aus. Entsprechend viele Gründe gibt es, einmal nicht bei einer Plenartagung anwesend sein zu können.
Einige Abgeordnete ließen sich aber von fast nichts an ihrer Anwesenheit im Sitzungssaal abhalten. An der Spitze dieser Parlamentarier steht Petra Wagner (FPÖ), mit einer Anwesenheit 99,7 Prozent bei insgesamt 1.162 Abstimmungen. Ihr folgen ihre Parteikollegen Sandra Wassermann (99,4 Prozent) und Christian Pewny (98,5 Prozent).
Zu den Abgeordneten, die an den wenigsten Abstimmungen teilnahmen, gehört naturgemäß das Nationalratspräsidium. Wolfgang Sobotka (ÖVP, 50,7 Prozent) und Doris Bures (SPÖ, 51,9 Prozent) stimmten einfach deshalb häufig nicht mit, weil sie den Vorsitz führten. Auf sie folgen Josef Schellhorn (NEOS, 52 Prozent), Andreas Schieder (SPÖ, 52,1 Prozent) und Josef Muchitsch (SPÖ, 52,5 Prozent).
Die Vielredner werden von Gerald Loacker (NEOS) angeführt, der in 79 Sitzungen 88 Reden hielt. In den größeren Klubs verteilte sich die Anzahl der Reden und die Redezeit naturgemäß auf mehrere Abgeordnete.
Viele Anträge der Opposition gelangen gar nicht erst ins Plenum. So stellte allein die SPÖ 73 entsprechende Initiativanträge. Doch nur 16 davon kamen überhaupt zur Abstimmung. Der Rest blieb in den Ausschüssen liegen. Bei den NEOS waren es zehn von 63 Initiativanträgen, bei JETZT nur fünf von 35. Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei gemeinsamen Anträgen der Oppositionsparteien fort.
Wie schon in vergangenen Gesetzgebungsperioden, verhinderte die Regierungsmehrheit regelmäßig, dass Oppositionsanträge im Plenum diskutiert und abgestimmt werden. Oft geht es hierbei auch um die Optik: Eine Regierungspartei, die ein Anliegen im Regierungsprogramm nicht durchsetzen konnte, möchte nicht im Plenum gegen einen Oppositionsantrag stimmen müssen, der eigentlich die eigene Meinung widerspiegelt.
Die inhaltliche Nähe oder Ferne der einzelnen Oppositionsparteien zur Regierungspolitik lässt sich mit deren Abstimmungsverhalten darstellen. So stimmten die NEOS in 59 Prozent der Abstimmungen mit ÖVP und FPÖ, während SPÖ (44 Prozent) und JETZT (40 Prozent) eine größere Distanz zur Regierungspolitik aufwiesen. Die Daten zeigen damit auch, dass bei vielen Materien ein Konsens bestand, der über die mittlerweile geplatzte Koalition hinausging.