Nach der Entlassung und der Enthebung der FPÖ-Minister und des Staatssekretärs ist derzeit einiges in der Schwebe: Engste Mitarbeiter, Pressesprecher und Referenten und weitere Posten. Die neuen Regierungsmitglieder müssen all diese Positionen erst besetzen. Mit einer Beschäftigungsperspektive bis zur nächsten Wahl im September, die durch Misstrauensanträge zusätzlich verkürzt werden könnte, sind Jobs in den Ministerbüros derzeit wohl deutlich weniger gefragt als in der Vergangenheit. Das hat die Volkspartei allerdings nicht daran gehindert, ihre Vertrauensleute als Kabinettschefs zu installieren. Damit kontrolliert mit der ÖVP erstmals seit 1983 eine einzige Partei die zentralen Führungsposten in allen Ressorts.
Die freiheitlichen Kabinettsmitarbeiter befinden sich indes großteils auf Jobsuche. Im Sozialministerium blieb vorerst nur der Pressesprecher, und auch im Innenministerium rechnet man mit einem komplett neuen Kabinett, wie der Standard berichtete.
Verteidigungsminister Johann Luif behält indes weitgehend die Mitarbeiter seines Vorgängers Mario Kunasek. Dieser hatte ohnehin vor allem auf Offiziere und Unteroffiziere gesetzt und nur ein verhältnismäßig kleines Kabinett unterhalten. Von den acht Büromitarbeitern stammten sieben aus dem Verteidigungsressort oder dem Bundesheer, nur Kabinettschef Michael Klug kam aus der FPÖ und war zuvor deren Klubdirektor im steirischen Landtag. Er wird durch Helmut Brandl, einen Referenten aus dem ÖVP-Parlamentsklub, ersetzt.
Aus dem Verkehrsministerium heißt es, man sei gerade dabei, die Computer einzurichten. Das Rumpfkabinett dort besteht derzeit noch aus vier bis fünf Leuten. Die Übergabe der Amtsgeschäfte durch die FPÖ seien professionell verlaufen.
Die FPÖ setzte einst bei der Besetzung ihrer Kabinette sehr stark auf ihre Wiener Landesgruppe. In den freiheitlichen Ministerbüros saßen zu Höchstzeiten nicht weniger als 14 Bezirksräte, bei der ÖVP war es im Vergleich dazu nur eine einzige.
Den Freiheitlichen blieb auch deutlich weniger Zeit, um ihre Kabinettsmitarbeiter in der Verwaltung zu versorgen, als der Vorgängerregierung. Allerdings gab es schon vor dem Ende der Koalition regelmäßige Personaltransfers aus den politischen Hinterzimmern in die Bürokratie und den staatsnahen Bereich.
So ging Ines Mölzer-Leitner, zuvor Assistentin in Norbert Hofers Kabinett, zu den ÖBB. Dorthin verschlug es auch Daniel Pinka aus dem Büro von Staatssekretär Hubert Fuchs. Hartwig Hufnagl, Hofers stellvertretender Kabinettschef, wurde Vorstandsdirektor der ASFINAG. Nicht weniger als sechs Mitarbeiter aus dem Büro Herbert Kickls wurden schon vor seinem Abgang im Generalsekretariat des Innenministeriums untergebracht. Lukas Kaslo, vormals Referent im Kabinett von Beate Hartinger-Klein, wurde Generalsekretär des Austrian Traffic Telematics Cluster, seine Kollegin Cornelia Mayer Pressesprecherin bei Austrian Standards.
Gegenüber dem Innenministerium soll es auch nach dem Rücktritt des Vizekanzlers zu Begehrlichkeiten des Strache-Büros an aktuell freien Stellen gekommen sein, wie es aus dem Ressort heißt. Zwischen dem ehemaligen Vizekanzler und dem entlassenen Innenminister gab es bereits zuvor einen regen Personalaustausch: Elena-Katharina Liedl, 24 Jahre alt und zuvor Kandidatin für den Ring Freiheitlicher Studenten, wechselte bereits nach wenigen Monaten im Kabinett des Vizekanzlers in die Verwaltung und erhielt den Posten einer Referatsleiterin im Innenministerium.
Auch Straches Kabinettschef Helgar Thomic-Sutterlüti ging ins BMI und wurde dort Gruppenleiter. Ihm folgte zur selben Zeit Andrea Toman, die Fachexpertin im Innenressort wurde.
Die Durchlässigkeit zwischen Kabinett und Verwaltung war in Straches Ministerium insgesamt hoch. So wurde Thomic-Sutterlütis Vorgänger als Kabinettschef, Roland Weinert, zum Generalsekretär bestellt. Heinz-Christian Straches Tante, die zuvor in dessen Kabinett gearbeitet hatte, schied hingegen nach dem Abgang des Vizekanzlers aus ihrem Posten.
Korrektur: In der ursprünglichen Version des Artikels hieß es fälschlicherweise, Heinz-Christian Straches Tante sei im Dienst des BMöDS verblieben. Der Artikel wurde am 22. Juli 2019 entsprechend aktualisiert.
Die Basis der Analyse sind regelmäßige parlamentarische Anfragen nach aktuellen Listen von Kabinettsmitarbeitern. Die Beantwortungen wurden durchforstet und der Karriereverlauf der Mitarbeiter auf Ministerienseiten, LinkedIn und ähnlichen Quellen nachverfolgt. Die Zahl der 89 Mitarbeiter, die bis vor kurzem noch in FP-Ministerien engagiert waren, enthält nicht-politische Assistenz- und Sekretariatskräfte nicht. Es wurden weiters nur die ersten Positionen berücksichtigt, die die Mitarbeiter nach Ausscheiden aus einem Kabinett angenommen haben.