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Unsere Posten für unsere Leut
27. Februar 2019 Politometer Lesezeit 4 min
Bei Jobwechseln aus Ministerbüros in die Verwaltung oder staatsnahe Betriebe spielt die Parteiaffinität eine gewichtige Rolle. Eine Auswertung zeigt, wie und wo die letzten Regierungen ihre Mitarbeiter versorgten.
Bild: Addendum

Der Mantel fällt mit dem König, sagt ein Sprichwort. Wer für mächtige Menschen arbeitet, dessen Karriere kann schnell vorbei sein. Muss ein Minister zurücktreten bedeutet das für seine nächsten Mitarbeiter oft den Jobverlust. Deshalb suchen viele nach Alternativen, sobald ein Ministerwechsel möglich oder absehbar wird.

Addendum hat die Karriereverläufe von 338 Personen verfolgt, die in der Amtszeit der Bundesregierungen Faymann II und Kern in Ministerkabinetten und den Büros von Staatssekretären tätig waren. Die unmittelbare Umgebung der Entscheidungsträger zog es dabei vor allem in Tätigkeitsfelder im politischen Einflussbereich.

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Ein bunter Haufen mit Schlagseite

In den Kabinetten findet sich eine Bandbreite an Mitarbeitern: Junge Funktionäre, die teilweise mit Arbeitsleihverträgen von Parteien abgeworben werden, Experten aus parteinahen Interessensvertretungen, parteinahe Beamte aber auch öffentlich Bedienstete deren Parteibindung zweitrangig ist.

Zur letzten Gruppe gehören etwa die beiden Offiziere im Kabinett von Verteidigungsminister Mario Kunasek, die dort bereits unter seinen sozialdemokratischen Vorgängern dienten.

Für alle Kabinettsmitarbeiter gilt aber: Nach dem Ende ihrer Karriere sind sie auf Jobsuche und die führt sie oft in die Verwaltung. Das traf in der vergangenen Gesetzgebungsperiode auf 41 Prozent der Mitarbeiter aus ÖVP-Kabinetten und 35 Prozent jener aus SPÖ-Büros zu.

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Die Frage nach der Qualität

Wer aus einem Kabinett in den Staatsapparat wechselt, bleibt oft an Ort und Stelle: Mehr als die Hälfte der Kabinettler, die in die Verwaltung wechselten, erhielten Posten in eben jenem Ministerium, in dessen Kabinett sie gearbeitet hatten.

Für die Bewertung ihrer Qualifikation gibt es allerdings ein Problem: Kabinettsmitarbeiter werden auf Wunsch des Ministers und ohne verpflichtende Ausschreibung bestellt. Es gibt also keine objektiven Auswahlkriterien um in ein Kabinett zu kommen. Die Erfahrung im Kabinett gilt aber später bei Bewerbungen für Stellen im öffentlichen Dienst sehr wohl als wertvolle Qualifikation.

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Klassische Farbenlehre

In absoluten Zahlen zog es 102 politischen Mitarbeiter in die Verwaltung. Was aber geschah mit denjenigen, die nicht im eigenen Ressort unterkamen? Sie landeten, auch durch Verschiebungen in der Ressortzuständigkeit, in anderen Ministerien oder Dienststellen. Wäre ihre fachliche Qualifikation vorrangig, müssten einige davon auch im Machtbereich der jeweils anderen Regierungspartei gelandet sein. Allerdings wechselte nur eine Hand voll Kabinettler – Diplomaten, die ins Außenministerium zurückkehrten – in Ressorts, die nicht von Ministern derselben Parteizugehörigkeit geführt wurden.

Wer aus dem Kabinett eines SPÖ-Politikers kam, erhielt also praktisch ausschließlich Jobs in roten Ministerien oder deren Dienststellen – für das ÖVP-Personal galt dasselbe. Auch über den Bundesdienst hinaus wurde die parteipolitische Farbenlehre eingehalten: Fünf Personen aus SPÖ-Kabinetten wechselten in die Verwaltung der Stadt Wien, sechs aus ÖVP-Büros zur Wirtschaftskammerorganisation.

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Ein statistischer Rechtsbruch

In Einzelfällen mögen bei der Bestellung von Kabinettsmiterbeitern für Stellen in der Verwaltung Qualitätskriterien überwogen haben, dass die Parteiaffinität insgesamt keine Rolle gespielt hätte, kann aber durch die vorliegenden Zahlen statistisch ausgeschlossen werden.

Damit ist auch klar, dass sich die massenhafte Beförderung parteinaher Mitarbeiter in die Verwaltung einen Bruch des Ausschreibungsgesetzes darstellt, laut dem im Bewerbungsverfahren lediglich „die Gesamtpersönlichkeit, die Fähigkeiten, die Motivationen, die Kenntnisse, die Fertigkeiten, die Ausbildung und die Erfahrungen der Bewerber“ zählen sollten.

Mitunter werden die Jobkriterien auch an Bewerber angepasst, wie ein Vergleich verschiedener Ausschreibungen für denselben Posten belegt. Das Ausschreibungsgesetz sähe aber auch „für die Erfüllung der mit der ausgeschriebenen Funktion oder dem Arbeitsplatz verbundenen Anforderungen“ objektive Kriterien vor. Es wird nur sehr flexibel interpretiert. 

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Methodik

Die Basis der Analyse sind regelmäßige parlamentarische Anfragen nach aktuellen Listen von Kabinettsmitarbeitern. Die Beantwortungen seit 2008 wurden durchforstet und der Karriereverlauf der Mitarbeiter auf Ministerienseiten, LinkedIn und ähnlichen Quellen nachverfolgt.

Die Basis für die Farbzuweisung sind die Kabinette, in denen die Mitarbeiter im Beobachtungszeitraum gearbeitet haben. Hat eine Person seit 2008 beispielsweise nur in SPÖ-Kabinetten gearbeitet, wurde sie rot eingefärbt. Kabinettspositionen vor 2008 wurden nicht berücksichtigt.

Es wurden weiters nur die ersten Positionen berücksichtigt, die die Mitarbeiter nach Ausscheiden aus einem Kabinett (oder nach Ende der rot-schwarzen Regierung) angenommen haben. Manche ehemaligen Kabinettsmitarbeiter sind aktuell in anderen Bereichen tätig.

Korrektur 27.2.: Wir haben im Zuge der Recherche einem Kabinettsmitarbeiter das falsche Geschlecht zugewiesen. Diesen Fehler, den wir bedauern, haben wir in der Grafik verbessert. Auch die Gesamtzahl von Frauen und Männern war dadurch in der Erstversion fehlerhaft (156 bzw. 182 statt richtig 155 bzw. 183) und wurde korrigiert. Besten Dank an Leopold Stefan für den Hinweis.

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