Wenn ein US-Präsident ins Amt kommt, werden mehr als 4.000 Jobs in der Spitzenverwaltung neu besetzt. In Ministerien, Botschaften und anderen Behörden bringt der frisch gewählte Amtsinhaber seine Vertrauten in Stellung. Man spricht nicht umsonst von einer neuen Administration.
Die US-amerikanische Verwaltungselite dient nach Wunsch und Willen des Präsidenten. Dessen Wahl alle vier Jahre kann für sie den Jobverlust bedeuten. In der Handreichung des Personalbüros der US-Regierung für die Präsidentenwahl 2016 heißt es dazu: „Officers and employees who serve at the pleasure of the President or other appointing official may be asked to resign or may be dismissed at any time.“ Es handelt sich um politische Besetzungen, von denen einige die Zustimmung des Senats benötigen. Ausschreibungen sind nicht vorgesehen.
Weltweit haben sich bei der Besetzung der Spitzenbürokratie zwei vorherrschende Systeme herausgebildet: Entweder werden leitende Beamte, wie in den USA, auf Basis einer politischen Entscheidung für die Dauer der Regierungsperiode bestellt, oder sie werden auf Basis eines qualitätsorientierten Auswahlverfahrens auf Dauer oder für einen bestimmten Zeitraum ernannt.
In Österreich gibt es gewissermaßen ein Mischsystem: Leitungsfunktionen in der Verwaltung und in staatsnahen Unternehmen werden zwar formal ausgeschrieben, und Kommissionen suchen die Kandidaten scheinbar nach objektiven Kriterien aus, aber am Ende wird meist die Person bestellt, die politisch von vornherein gewünscht war. Sogar Bewerbungsgespräche für Spitzenposten in der Bürokratie werden laut Gesetz nur „soweit erforderlich“ geführt. Die Folge ist eine weitgehend politisierte Spitzenverwaltung. Diese kann aber, anders als in den USA, nicht einfach bei einem Regierungswechsel ausgetauscht werden. In der Regel erhalten öffentlich Bedienstete in Leitungsfunktionen Fünfjahresverträge.
In der Schweiz ist hingegen bei der Besetzung von Spitzenpositionen in der Bundesverwaltung eine externe Personalberatung vorgeschrieben. Eine Findungskommission, die aus dem zuständigen Minister, dem Stabschef der Regierung und zwei Beamten besteht, trifft eine Vorauswahl. Die Kandidaten werden zu verpflichtenden Bewerbungsgesprächen eingeladen. Außerdem muss für jeden Kandidaten mindestens eine Referenz eingeholt werden, während hierzulande ehemalige Vorgesetzte und Mitarbeiter von der Bestellungskommission nur fakultativ befragt werden.
Nach der Vorauswahl führt der zuständige Schweizer Minister mit mindestens einem Kandidaten noch ein Bewerbungsgespräch. Über die Bestellung oberster Kader in der eidgenössischen Bundesverwaltung entscheidet schließlich die Gesamtregierung, in der alle größeren Parteien vertreten sind.
Wer in Österreich bei einer Stellenausschreibung im öffentlichen Dienst nicht zum Zug kommt, obwohl er objektiv besser qualifiziert gewesen wäre, kann sich an die Gleichbehandlungskommission und die Verwaltungsgerichte wenden. Allerdings erhält er, wenn festgestellt wurde, dass er ungerechtfertigt übergangen wurde, höchstens eine finanzielle Entschädigung. Die Stelle bleibt mit der minderqualifizierten Person besetzt. Bei der Ausschreibung von Direktionsposten in Schulen haben Bewerber beispielsweise „keinen Anspruch auf Verleihung der ausgeschriebenen Planstelle“ und ihnen kommt „im Auswahl- und Besetzungsverfahren keine Parteistellung zu“.
Freilich haben Bewerber in vielen Fällen auch gar kein Interesse, Beschwerde gegen den Bestellungsvorgang zu erheben. Wer zu Gericht geht, bringt sich mitunter um zukünftige Karrierechancen oder setzt sich anhaltendem internem Druck an seinem Arbeitsplatz aus.
Um dieses Dilemma zu umgehen, können in Norwegen bereits einzelne Mitglieder der Bestellungskommission Postenbesetzungen rügen, die ihrer Meinung nach gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Während in Österreich Beschwerden erst nach Abschluss des Bestellungsverfahrens möglich sind, prüft man in Norwegen anders: „Der Fall ist der Gleichstellungs- und Diskriminierungsombudsstelle zur Begutachtung vorzulegen, bevor eine Entscheidung getroffen wird.“
In Schweden können sich unterlegene Bewerber an eine Berufungsstelle wenden, die eine Entscheidung auch kippen kann: „Gegen Anstellungsentscheidungen kann bei der Beschwerdekammer berufen werden. Konsequenz einer Entscheidung, eine Anstellung zu widerrufen, kann sein, dass der Beschwerdeführer die Stelle erhält“, heißt es dazu vom Personalbüro der schwedischen Regierungskanzlei.
Was die Publizität von Postenbesetzungen betrifft, rangiert Österreich am unteren Ende der Transparenzskala. Andere Staaten setzen auf wesentlich transparentere Auswahlprozesse. In Schweden werden Bewerbungsunterlagen zwar nicht automatisch publiziert, allerdings sind sie vom Auskunftsrecht erfasst: „Jeder kann verlangen, eingehende Bewerbungen zu lesen.“ In Norwegen werden Bewerber für den Staatsdienst darüber informiert, dass ihre Bewerbungen gegebenenfalls veröffentlicht werden, auch wenn sie das selbst nicht möchten.
Durch die gerade in skandinavischen Ländern ausgeprägte Informationsfreiheit kann jeder überprüfen, wer sich mit welchen Fähigkeiten für welche Stelle beworben hat. In Österreich unterliegen Bewerbungen für öffentliche Stellen dem Amtsgeheimnis. Aber auch die Schweiz ist bei der Suche nach Führungspersonal für die Bundesverwaltung auf Geheimhaltung bedacht: „Zum Schutz von Persönlichkeit und beruflicher Stellung der Kandidaten und Kandidatinnen ist im Wahl- und im Ernennungsverfahren absolute Vertraulichkeit zu gewährleisten.“
Bei fragwürdigen Besetzungen von öffentlichen Stellen spielt neben der Transparenz und Kontrolle auch die politische Mentalität eine wesentliche Rolle. So wurden im Schweizer Nationalrat und Ständerat seit 1995 weniger als zehn Anfragen und Interpellationen zu Stellenbesetzungen eingebracht, während das Wort „Postenschacher“ in Österreich seit 1983 allein in 186 parlamentarischen Anfragen fiel und sich Abgeordnete und Bundesräte 244-mal nach Postenbesetzungen erkundigten.