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Der Mann, der die „Tschick“ zurück nach Österreich holen will
4. Mai 2018 Rauchen Lesezeit 4 min
Seit nun mehreren Jahren geht Reinhard Leitner seiner Leidenschaft der Zigarettenproduktion nach. Anfangs noch für sein Vorhaben ausgelacht, belehrte er seine Kritiker eines Besseren. Viel Geld lässt sich in Österreich damit aber trotzdem nicht verdienen.
Dieser Artikel gehört zum Projekt Rauchen und ist Teil 3 einer 7-teiligen Recherche.
Bild: Michael Mayrhofer | Addendum

Update: Am 17.1.2019 wurde vermeldet, dass ein Schweizer Startup den Fortbestand der „Tschick“ sichern wird.

Update: Am 15.1.2019 wurde bekannt, dass über das Vermögen der „Tschickfabrik“ Konkurs angemeldet wurde.

Ich bin ausgelacht worden, als ich begonnen habe, wieder Tabak in Österreich anzubauen.“ Reinhard Leitner ist es gewohnt, mit seinen Ideen auf Widerstand zu stoßen. „Für mich macht es das doch nur umso interessanter“, fügt der 47-Jährige energisch hinzu und kann sich ein Lächeln nicht verkneifen. Nicht ganz zu Unrecht: Der ehemalige Mitarbeiter der Austria Tabak hat mit der Tschickfabrik seine eigene Zigarettenmarke auf den überschaubaren österreichischen Markt gebracht und baut seit kurzem auch seinen eigenen Tabak an, in Niederneukirchen bei Linz und im Burgenland.

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Ich bin ausgelacht worden, als ich begonnen habe, wieder Tabak in Österreich anzubauen.

Noch gut erinnere er sich an jenen Tag, als 2011 die Japan Tobacco International (JTI) die letzten Austria-Tabak-Werke zugesperrt hat. Dass damit die 227 Jahre lange Tradition der österreichischen Zigarettenproduktion beendet wurde, schmerzt ihn noch heute. Denn: Seit 2012 wurde in Österreich keine einzige mehr produziert – das Aus für die Tschick made in Austria war besiegelt.

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Kennzahlen der „Tschickfabrik“

  • Gegründet 2014 von Reinhard Leitner
  • Verwendet zum Teil österreichischen Tabak
  • Produziert die Zigaretten in Ungarn
  • Jährliche Produktion: 4 Millionen Stück
  • Mitarbeiter: 1

Um das zu ändern gründet Leitner 2014 sein Ein-Mann-Unternehmen: die Tschickfabrik. Wenn er über die Gründungszeit spricht, merkt man an seiner Stimme, dass ihm das durchaus Freude bereitet. Weniger lustiger wurde es für ihn aber schon wenige Monate nach Gründung. Da passierte sein bisher größter Fehler. Nach großem Andrang auf die Tschick zu Beginn bestellte er kurzfristig Zigaretten aus Polen (minderwertige Ware, wie er sagt), um der anhaltenden Nachfrage gerecht zu werden – „das ging aber dann ordentlich schief“. Denn die Kunden reagierten erbost, sein Postfach war voll mit negativen Erfahrungsberichten. Von diesem Imageschaden hat sich seine Tschick bisher nur schwer erholt.

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4 Millionen

Zigaretten lässt die „Tschickfabrik“ jährlich produzieren.

Produziert werden seine Zigaretten aktuell in Ungarn. Warum? „Ich schaffe es ökonomisch noch nicht.“ Sein wirkliches Traumziel sei es aber, sagt er mit erhobener Stimme, eine eigene Zigarettenfabrik in Linz eröffnen zu können. Dass das wohl mehr Traum als Ziel ist, gibt er offen zu. Und dass der Zigarettenmarkt hierzulande kein wachsender ist, macht das Vorhaben nur noch schwieriger.

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Die Tschickfabrik und ihr Tabak

Österreichischer Herkunft ist dabei nur ein kleiner Teil seines Tabaks (den Rest, rund 90 Prozent, importiert er vom Weltmarkt). Den baut Leitner auf Bio-Äckern selbst an und lässt ihn danach auf einem Bauernhof trocknen. Das schaut dann so aus:

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Hier werden die Tabakpflanzen getrocknet.
Bild: Michael Mayrhofer | Addendum
Hier werden die Tabakpflanzen getrocknet.
Bild: Michael Mayrhofer | Addendum

Aktuell lässt er jährlich rund 4 Millionen Zigaretten damit produzieren und beliefert damit 600 Trafiken in Österreich. Auf die Frage, ob sich auf diese Weise gutes Geld verdienen lässt, antwortet Leitner: „Jein“. Manche Jahre seien profitabel, andere wiederum ein Verlustgeschäft.

Mit der Tschick gehe es ihm aber grundsätzlich nicht um die Konkurrenz zu den großen Playern am Zigarettenmarkt, sondern um den regionalen Zug. Leitner sieht sich hier in der Art regionaler Craft-Bier-Marken für besondere Genießer.

Dass der Linzer ein Händchen für Kommunikation hat, ist daran zu merken, dass er immer wieder erwähnt, wie niedrig die Marge für ihn als Produzent sei. Viel zu viel müsse er an den Staat abführen (rund 80 Prozent des Umsatzes), beschwert er sich, während er an einer seiner Zigaretten zieht. Ihm selbst blieben nur rund zehn Prozent des Umsatzes.

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Portrait von Reinhard Leitner, Erfinder der Tschick und Gründer der Tschickfabrik Portrait von Reinhard Leitner, Erfinder der Tschick und Gründer der Tschickfabrik
„Für mein Geschäft wäre ein Rauchverbot in der Gastronomie nicht von besonderer Relevanz.“

Dass der „Tschickfabrikant“ gegen ein absolutes Rauchverbot in der Gastronomie ist, überrascht nicht wirklich. Daraus macht er auch gar kein Geheimnis. „Die österreichische Lösung hat sich ja bewährt“, stellt er vehement klar. Deswegen hat er auch das Rauchverbot-Volksbegehren nicht unterstützt und sich aktiv für die Abschaffung eingesetzt. Er fügt aber hinzu: „Für mein Geschäft wäre ein Rauchverbot in der Gastronomie nicht von besonderer Relevanz.“

Ob er sich auch in Zukunft ein gutes Geschäft ausrechnet? Nun ja. Er sei zwar optimistisch, die Ausgangslage könnte aber besser sein. Das muss er wahrscheinlich auch so sehen. Denn für das Geschäft mit der Tschick gab es schon einmal bessere Aussichten.  

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