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„Ich habe das Gefühl, dass wir diese Kinder verraten“
14. Mai 2018 Brennpunkt Schule 5 min
Eine Lehrerin erzählt: von Zwangsverheiratung von Schülern, von angehenden Religionslehrern, die Polygamie befürworten, und von Seminaren, die alle Probleme lösen sollen.
Dieser Artikel gehört zum Projekt Brennpunkt Schule und ist Teil 11 einer 19-teiligen Recherche.

Seit Addendum den Hilferuf einer sozialdemokratischen Lehrervertreterin veröffentlicht hat , die über den wachsenden Einfluss des fundamentalistischen Islam unter ihren Schülern klagt, haben uns mehrere Erfahrungsberichte von Lehrerinnen und Lehrern zu demselben Thema erreicht. Hier dokumentieren wir einen davon in Wort und Bild.

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Ich unterrichte seit 30 Jahren, ungefähr die Hälfte davon an einer NMS im Westen Wiens, Kinder zwischen zehn und 15, 16 Jahren.

Mir macht weniger Sorge, dass wir mehr Zuzügler bekommen und dass mehr muslimische Kinder kommen, als wie die Muslime teilweise ihre Religion ausleben, sich hier nicht integrieren wollen. Sie haben ihre eigenen Gesetze, ihre eigenen Regeln, nach denen sie hier leben, und zeigen eigentlich keine Tendenzen, dass sie unsere Demokratie und die Art und Weise, wie wir hier leben, respektieren, akzeptieren, mitleben wollen.

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Es kommen Diskussionen auf, was ein richtiger Muslim zu tun hat oder nicht zu tun hat. Das konnten wir bisher pegeln, würde ich sagen. Ich denke aber, sobald die in der Mehrzahl sind, wäre das ein Problem.

Der Kochunterricht ist natürlich auch schwierig. Ich denke, es kann auch nicht sein, dass wir uns komplett unterordnen und sagen: „Okay, dann kaufen wir das nur noch Halal und nur in diesem Geschäft.“ Das kann es irgendwie auch nicht sein, denke ich mir.

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„Zwangsverheiratung ist auch ein Thema“

Zwangsverheiratung ist auch ein Thema. Wobei ich glaube, dass wir nur die Spitze des Eisbergs sehen, weil es verlangt ja von einer Schülerin sehr viel Vertrauen, dass sie überhaupt mit dem Problem zu uns kommt. Und wenn das die Familie spitzkriegt, dann ist das überhaupt ein Riesenproblem.

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Man kann dann nur versuchen, die Mädchen eingehend zu beraten, dass sie ihren Eltern gegenübertreten und sagen können, dass sie das nicht wollen. Wobei sie dann natürlich davor stehen, die Familie zu verlieren. Bis zur Ermordung kann ja das gehen, wie wir wissen.

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„Wir haben so für Frauenrechte gekämpft – und jetzt überlassen wir diese Familien ihren mitgebrachten Traditionen“

Das macht mich schon wütend, weil ich mir denke, die sind hergeflohen, die haben ein besseres Leben verdient, und irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir diese Kinder auch verraten. Wir stehen dem machtlos gegenüber.

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Ich habe den Eindruck, dass die muslimischen Mädchen ganz besonders unter so einer extrem ausgelebten Form des Islam leiden. Also nicht nur, dass sie der Mutter helfen müssen – Kochen, Einkaufen, Putzen, Waschen – sie müssen auch die Brüder bedienen – wurscht ob die jetzt älter oder jünger sind – sie müssen die Väter bedienen, und da würde ich mir halt schon wünschen … Wir haben so für Frauenrechte gekämpft und überlassen jetzt diese Familien einfach ihren mitgebrachten Traditionen.

Ich hatte mal Kontakt zu jemandem, der Religionslehrer werden wollte, über den habe ich dann ein paar Religionslehrer kennengelernt. Und da war ich dann eigentlich entsetzt, was die teilweise an Gedankengut verinnerlicht haben. Dadurch, dass das ein privater Rahmen war, haben sie sich natürlich frei sprechen getraut – einer davon hat gemeint, dass die Scharia über allem steht und dass die Scharia das Wichtigste ist. Und der Zweite war ein Befürworter der Polygamie.

Ich glaube, ein Problem ist schon, dass wenn man sagt, man hat ein Problem, da müsste man etwas tun, dass dann kommt: Ja, da gibt es ein Seminar – besuch ein Seminar, und dann wirst du befähigt, dieses Problem selber zu lösen.

Diese Probleme lassen sich aber nicht mit Seminaren lösen. Da kann ich tausend Seminare besuchen. 

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Wiener Lehrervertreter haben sich mit ähnlichen Problemen 2016 an den Stadtschulrat gewandt. Das Schreiben und die Reaktion darauf finden Sie hier .

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