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Abendrot bei der Wiener Schulgewerkschaft
23. März 2018 Brennpunkt Schule Lesezeit 4 min
Kaum ein Lehrer wagt es, öffentlich von Missständen an Schulen zu erzählen. Zu groß ist die Angst vor der Gewerkschaft. Warum die Gewerkschaften in Österreich so einen großen Einfluss auf das Schulwesen haben.
Dieser Artikel gehört zum Projekt Brennpunkt Schule und ist Teil 6 einer 19-teiligen Recherche.
Bild: Jan Thies | Addendum

Öffentlich Bedienstete wählen in Österreich alle fünf Jahre ihre Personalvertretungen. Deren Aufgabe ist es, „die beruflichen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Interessen der Bediensteten zu wahren und zu fördern“. Die Personalvertreter bilden auf den untersten Ebenen Dienststellen-, darüber Fach- und Zentralausschüsse.

Diese Zentralausschüsse vertreten alle Dienststellen eines abgegrenzten Bereichs. Für Bundeschullehrer gibt es zwei Zentralausschüsse (AHS-Lehrer, Lehrer an berufsbildenden Schulen) für Landeslehrer drei pro Bundesland (Pflichtschullehrer, Berufsschullehrer, Lehrer an land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen).

Personalvertreter haben umfassende Mitsprache- und Anhörungsrechte, was Postenbesetzungen und Disziplinarverfahren betrifft. Den Gewerkschaften wird auch ein wesentlicher Einfluss auf Direktorenbesetzungen zugeschrieben.

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Da sie über ihre Gewerkschaftsfraktionen in das österreichische Parteiensystem eingebunden sind, können die Personalvertreter ihre Macht auf das politische System insgesamt projizieren. Gewerkschaftsvertreter einer politischen Schattierung können so Einfluss auf die Entscheidungen ihrer Parteikollegen in Landes- und Bundespolitik nehmen.

In Wien hat 2009 der Gewerkschaftsflügel der ÖVP, die Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG), erstmals die Wahl für den Zentralausschuss der Landespflichtschullehrer gewonnen und dieses Ergebnis 2014 ausgebaut.

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Wien ist das einzige SPÖ-regierte Bundesland, in dem die Pflichtschullehrer nicht mehrheitlich rote Gewerkschaftsvertreter wählen. Andererseits vertreten die SPÖ-nahen Gewerkschafter, die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG), die Pflichtschullehrer im ÖVP-dominierten Vorarlberg. In Wien tritt sie mit dem Zentralverein der Wiener LehrerInnen als FSG-ZV an.

Die sozialdemokratischen Gewerkschafter waren bei den Wiener Pflichtschullehrern 2014 nur noch in sechs von damals 19 Dienststellenausschüssen stärkste Kraft. Zehn Jahre und zwei Wahlen vorher waren es noch 16 Dienststellenausschüsse gewesen. Im Verhältnis zu 2009 hat die FSG-ZV bei den Wahlen zu 13 Dienststellenausschüssen Stimmen verloren.

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Insgesamt sind etwa 60 Prozent der Lehrer gewerkschaftlich organisiert. Die bundesweit FCG-dominierte Lehrergewerkschaft gilt als besonders einflussreich und stand bei Reformversuchen in der Vergangenheit immer wieder als Blockierer in der Kritik.

Die Wiener Lehrergewerkschaft operiert in einem rot-schwarzen Spannungsfeld: Sie selbst ist schwarz, der Stadtschulrat rot, der diesem formal übergeordnete Bildungsminister wiederum schwarz. Innerhalb der Gewerkschaft gehören die schwarzen Lehrervertreter zur ebenfalls schwarzen Beamtengewerkschaft – Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD). Insgesamt hat aber der Gewerkschaftsbund (ÖGB) das Sagen, zu dem die Teilgewerkschaften gehören – und der ist seit jeher rot. 

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