Nach über 30 Jahren als Lehrerin und Personalvertreterin der sozialdemokratischen Lehrergewerkschaft in Österreichs größtem Schulbezirk brach Susanne Wiesinger ihr Schweigen. Im September 2018 erschien ihr aufsehenerregendes Buch „Kulturkampf im Klassenzimmer“, in dem sie die Missstände an Wiener Brennpunktschulen beschreibt und das Wegschauen der Behörden anprangert. Kurz darauf wurde sie vom damaligen und aktuellen Unterrichtsminister Heinz Faßmann als Ombudsfrau für Wertefragen und Kulturkonflikte ans Bildungsministerium berufen. „Unabhängig und weisungsfrei“ sollte diese Ombudsstelle sein, wie auf der gemeinsamen Pressekonferenz im Dezember 2018 verkündet wurde. Ein Versprechen, das in den Augen Wiesingers durch parteipolitische Einflussnahme seitens des Kabinetts gebrochen wurde.
Als Ombudsfrau war Wiesinger ein Jahr lang in ganz Österreich unterwegs. In dieser Zeit hat sie selbst erlebt, woran die österreichische Bildungspolitik scheitert: Die Parteilinie scheint wichtiger zu sein als wirkliche Hilfe für die Schüler. Die fatalen Folgen dieser Ideologie beschreibt sie in ihrem neuen Buch „Machtkampf im Ministerium“. Noch vor Erscheinen des Buches wird Wiesinger von ihren Aufgaben als Ombudsfrau vorzeitig abberufen und freigestellt. Seit dem 17. Februar ist sie wieder im Schuldienst in Wien tätig. Ihr Chef heißt nun wieder Heinrich Himmer, Bildungsdirektor von Wien. Ein Gespräch über politische Versäumnisse, Parteipolitik, Ideologie und die Rückkehr der ehemaligen Ombudsfrau ins Klassenzimmer.
Herr Himmer, bei Susanne Wiesingers erstem Buch „Kulturkampf im Klassenzimmer“ standen Sie noch im Zentrum der Kritik. Haben Sie Genugtuung verspürt, dass im neuen Buch nun primär Ihre politischen Gegner im Bildungsministerium kritisiert werden?
Heinrich Himmer: Nein, Genugtuung habe ich nicht empfunden, aber eine gewisse Bestätigung. Im Bildungsministerium hat man es sich zu einfach gemacht. Man dachte dort offenbar, dass sie mit Susanne Wiesinger nun jemanden gefunden hätten, der ihr Sprachrohr für alle Probleme der Welt sein würde. Es wäre für das Ministerium sinnvoller gewesen, sich vorher auch mit der Stadt Wien zusammenzusetzen, bevor man jemanden als Ombudsfrau installiert, um dann mit dem Finger auf jemanden zeigen zu können.
Sie deuten den Konflikt zwischen dem „türkisen“ Bund und dem „roten“ Wien an. Dieser wird von Frau Wiesinger ebenfalls umfassend thematisiert. Sie sagt, Parteipolitik sei oft wichtiger als Problemlösung. Können Sie diese Kritik nachvollziehen?
Heinrich Himmer: Was jemand schreibt, sollten wir ernst nehmen. Es ist Feedback, wie die eigene Arbeit von Kollegen aus der Schule wahrgenommen wird. Jetzt gibt es Punkte, die kann ich zu 100 Prozent unterschreiben, andere zu 70 Prozent, und einiges teile ich überhaupt nicht. Natürlich gab es immer wieder parteipolitische Auseinandersetzungen zwischen Bund und Wien, besonders bei der Frage der Ressourcen. Mit der türkis-blauen Regierung gab es zum Beispiel gravierende Interessenunterschiede bei der Frage der gemeinsamen Schule oder der Umsetzung der Deutschförderklassen.
Herr Himmer, 59 Prozent der Schüler an Wiener Volksschulen sprechen im Alltag kein Deutsch. In den Neuen Mittelschulen in Wien sind es sogar 76 Prozent. Zeigen diese Zahlen, dass alle bisherigen Sprachlernmodelle gescheitert sind? Machen Ihnen diese Zahlen keine Angst?
Heinrich Himmer: Warum sollten sie mir Angst machen? Wenn die Schüler in der Pause zum Beispiel eine andere Sprache sprechen, heißt das nicht automatisch, dass sie kein Deutsch sprechen. Unser Auftrag ist es, dass Kinder, egal woher sie kommen, welche Sprache sie zu Hause sprechen, ausreichend gut Deutsch sprechen, um im Unterricht mitarbeiten zu können.
Aber genau das ist doch das Problem. Es gelingt bekanntlich immer weniger, diese Sprachdefizite zu beheben.
Susanne Wiesinger: Das stimmt. Vor allem im Ballungsraum Wien wurde geschildert, dass dieses Problem immer größer wird. Es sind ja nicht nur Kinder, die neu nach Österreich kommen. Viele Lehrer und vor allem Schulleiter, die die Schuleinschreibung machen, haben mir berichtet, dass in Wien etwa zwei Drittel der Kinder in den Deutschklassen in Österreich geboren sind und hier den Kindergarten besucht haben. Wenn diese Kinder dann trotzdem so schlecht Deutsch sprechen, dass sie dem Unterricht kaum folgen können, läuft ziemlich viel schief.
Heinrich Himmer: Wir können natürlich nicht erst in der Schule schauen, ob jemand Deutsch kann. Das muss viel früher beginnen. Wenn es um die Frage der Integration geht, spielt der Kindergarten die größte Rolle.
Dass viele Schüler eklatante Sprachdefizite haben, ist keine neue Situation, sondern ein Trend, der in den letzten zehn Jahren noch einmal an Dynamik gewonnen hat. Warum gelingt es der Politik nicht, diese Entwicklung zu stoppen?
Heinrich Himmer: Es geht nicht darum, gegeneinander Modelle zu entwickeln, sondern gemeinsam mit dem Bund an Lösungen zu arbeiten, die für ganz Österreich und vor allem in den Städten, wo viele Menschen leben, die die deutsche Sprache nicht gut genug beherrschen, funktionieren. Mein Eindruck als Wiener Bildungsdirektor war, dass darauf bei den Deutschförderklassen zu wenig Rücksicht genommen wurde.
Susanne Wiesinger: Ich verstehe die Kritik, aber was ich nicht verstanden habe, und ich war da noch im Schuldienst, war diese Polemik. Man hat so getan, als ob mit diesen Deutschklassen das bestfunktionierende Sprachförderungsmodell kaputt gemacht worden wäre. Jeder wusste, dass das nicht stimmt. Es hat ja vorher auch nicht funktioniert. Es ging nur um Parteipolitik und Wahlkampf. Das Problem ist, dass jede Partei, die ein Ministerium führt, den Schulen ihr Konzept überstülpt.
Man hatte auch das Gefühl, dass sich rote Schuldirektoren nicht positiv über die Deutschklassen äußern durften, auch wenn sie dieses Modell eigentlich schätzten.
Susanne Wiesinger: Genau das ist meine Kritik. Ich habe mit roten Schulleitern gesprochen, die haben gesagt: „Bei mir passt es total gut, aber ich muss dagegen auftreten, weil der politische Druck so groß ist.“
Heinrich Himmer: Mir hat weder der Wiener Bürgermeister noch der Wiener Bildungsstadtrat gesagt „Du musst jetzt schauen, dass du bei den Deutschförderklassen dagegenhältst oder Parteipolitik machst“. Und auch seitens der Bildungsdirektion hat niemand diesen Eindruck vermittelt.
Susanne Wiesinger: Dann nennen wir es beim Namen. Jemand sitzt in der Leitersitzung mit den Qualitätsmanagern (früher Schulinspektoren, Anm.) und man weiß ganz genau, wenn man sich kritisch äußert, kritisch im Sinne von „aber bei mir ist die Deutschklasse recht sinnvoll“, kriegt man im nächsten Jahr möglicherweise Lehrer oder Schüler, die man lieber nicht hätte. So läuft das. Man macht Druck über Personal und Ressourcen und auch Schüler.
Heinrich Himmer: Wir haben in den Städten die Situation, dass wir eine große Integrationsarbeit zu leisten hatten. Wenn wir wissen, dass Kinder in der dritten Generation nicht ausreichend Deutsch können, dann hat es in den letzten Jahrzehnten ein Versagen in der Politik gegeben. Punkt. Da gibt es nichts zu beschönigen.
Frau Wiesinger, auch Ihnen gegenüber äußerten viele Lehrer den Wunsch nach einer konsequenteren Haltung gegenüber Eltern und mehr Handhabe im Umgang mit Schülern und Eltern. In welchen Situationen wäre das notwendig, und wie könnte dieses „Mehr“ aussehen?
Susanne Wiesinger: Vor allem bei Schulpflichtverletzungen ist das der Fall. In der Theorie ist das ja alles geregelt. Aber gerade in Wien werden diese Anzeigen ganz oft wieder zurückgezogen und die Strafe muss von den Eltern nicht bezahlt werden. (Liegt eine Schulpflichtverletzung von mehr als drei Tagen vor, kann es zu einer Verwaltungsstrafe von mindestens 110 bis höchstens 440 Euro kommen, Anm.) Das verärgert wirklich viele Lehrer, weil sie sagen, wir machen uns ja lächerlich. Wir werden dadurch nicht ernst genommen und vor allem: Was erzielt man damit? Das Kind fehlt weiterhin. Dann diese ständigen Arztbestätigungen beim Schwimmunterricht, beim Turnunterricht, vor allem von Mädchen, da gibt es überhaupt keine Handhabe. Die Lehrer und Schulleiter in Wien haben auch nicht den Eindruck, dass sie von ihrer Schulaufsicht Rückendeckung haben, wenn sie von den Eltern Konsequenzen einfordern.
Heinrich Himmer: Mich schockiert das, weil das das Gegenteil von dem ist, was wir tun und was wir wollen. Wir machen jetzt seit etwa eineinhalb Jahren gemeinsam mit der Wiener Polizei eine Erhebung zu allen Anzeigen zu Körperverletzung und Nötigung in Wiener Schulen. Wir setzen uns gemeinsam hin und analysieren, in welchen Schulen das vorkommt und was man tun muss. Ich habe überhaupt keinen Wunsch, weniger Anzeigen zu haben, weil dadurch niemandem geholfen ist.
Susanne Wiesinger: Es wird noch immer zu oft kalmiert. Wenn ein Vergehen, sei es von den Eltern oder von Schülern, begangen wurde, muss es Konsequenzen haben. Derzeit haben die Eltern oft das Gefühl, sie kommen mit allem durch.
Warum entlässt man die Eltern zu schnell aus der Verantwortung?
Heinrich Himmer: Wir müssen die Eltern wieder zu Beteiligten der Erziehung der Kinder machen. Wir haben einen kleinen Versuch laufen, „Fischklasse“ nennt sich das. Wenn Kinder aus dem Rahmen fallen und teilweise mit dem Gesetz in Konflikt kommen, dann müssen sie gemeinsam mit einem Elternteil verpflichtend einen Tag in der Woche gemeinsam in der Schule sein. Dort wird dann geschaut, woran man arbeiten muss. Solche Modelle braucht es viel mehr.
Susanne Wiesinger: Das Problem sind Eltern, die unser Schulsystem oder auch die Bildung, die vermittelt wird, ablehnen und auch aktiv dagegenarbeiten. Das betrifft die Fächer Biologie, Sport, Musik. Das ist mir als Ombudsfrau wirklich oft geschildert worden. Das müssen wir klar benennen. Und hier müssen wir härter gegen die Eltern vorgehen.
Heinrich Himmer: Natürlich sind Sanktionen in einer Gesellschaft notwendig. Ich glaube aber nicht, dass es ausreicht, einfach nur einen Strafkatalog zu machen. Es braucht auch Unterstützung. Die wenigsten Kinder sind bösartig. Viele sind zum Teil hilflos, weil sie zu wenig oder gar keine Unterstützung von zu Hause bekommen. Lehrer allein können das gar nicht alles leisten. Man braucht die Familie dazu.
Lehrer sollen ihren Schülern Wissen vermitteln, soziale und kulturelle Konflikte bewältigen. Gleichzeitig schränkt man ihren Handlungsspielraum immer weiter ein, macht ihnen ständig neue Vorgaben. Warum lässt man sie nicht autonomer arbeiten?
Heinrich Himmer: Wir haben 2.000 Erlässe der Bildungsdirektion gestrichen. Das ist nur niemandem aufgefallen, weil sie im Schulalltag keine Rolle mehr gespielt haben. In der Verwaltung denkt man oft, man muss sozusagen jeden Beistrich regeln, weil sonst fühlen sich die Lehrer und Lehrerinnen im Stich gelassen. Ein bisschen mehr Entspanntheit im Umgang mit Bildung und Kindern täte unserem Schulsystem gut. Lehrerinnen und Lehrer sind in Wirklichkeit schon Wunderwuzzis. Sie müssen von der Erziehung über Beratung über ein Sachverständigenurteil zur Note bis hin zur Administration alles beherrschen. Dazu ist jede Unterstützung notwendig.
Ist denn genug Geld im System, das nur effizienter verteilt werden müsste, oder sind für die zu bewältigenden Aufgaben am Ende doch zu wenige Ressourcen vorhanden?
Susanne Wiesinger: Es ist definitiv ausreichend Geld vorhanden. Das System ist einfach zu verschachtelt. Immer mehr Lehrer fragen sich zu Recht: Was tun die mit dem ganzen Geld? Bei uns kommt es nicht an.
Heinrich Himmer: Beim Bildungsbudget reden wir von knapp 9 Milliarden Euro, davon sind knapp 90 Prozent Personalkosten. Der Bildungsbereich ist komplex. Wir sitzen alle an kleinen Rädchen, und das Große und Ganze kann kaum gesteuert werden, weil es so verschachtelt ist. Das ist wie auf einem Schiff mit vier Steuerrädern und jeweils einem Kapitän, der steuern will.
Und das Steuerrad ist dann vielleicht noch ideologisch eingefärbt.
Susanne Wiesinger: Diese Kombination aus Komplexität und parteipolitischem Hickhack führt dazu, dass die Lehrer und vor allem Leiter im Chaos versinken. Sie wissen nicht, an wen sie sich bei Problemen wenden sollen. Sie wissen nicht, welche Lehrer sie bekommen. Manchmal kommen dann plötzlich drei Sozialarbeiter, ohne dass man sie angefordert hätte. Zwei davon sind aber auf Lehrerdienstposten, das heißt, man darf die nicht in die Familien schicken. Dann kommt lange wieder keiner. Es kennt sich keiner mehr aus, wo welche Ressourcen sind.
Bereits 2018 hat Frau Wiesinger in ihrem ersten Buch „Kulturkampf im Klassenzimmer“ über den Einfluss des konservativen Islam auf den Schulbetrieb berichtet. Im Tätigkeitsbericht der Ombudsstelle wird dieser Befund noch einmal bestätigt. Für Wien drängt sich der Eindruck auf, dass sich die Situation in den vergangenen eineinhalb Jahren eher verschlimmert als verbessert hat.
Heinrich Himmer: Dass sich hier nichts verbessert hat, würde ich abstreiten. Wir haben gerade auch aufgrund dieses Buches vieles thematisiert. Wir haben „Runde Tische“ einberufen, wo wir alle Religionsvertretungen, alle Parteien und auch Experten eingeladen haben, um zu überlegen, wie wir mit islamischen Einflüssen umgehen. Es gibt jetzt Schulkooperationsteams, die wie eine Feuerwehr gerufen werden können, wenn Konflikte im Klassenzimmer aufbrechen. Es wird mittlerweile auch viel offener und konkreter darüber gesprochen. Natürlich fällt in Wien mehr vor als in anderen Bundesländern. Wir sind die einzige Millionenstadt in Österreich. Die Frage ist: Wie gehen wir als Gesellschaft mit Migration um? Das ist nicht allein die Bildungspolitik, da können wir 100 Millionen Lehrer reinstellen. Das ändert nichts an diesen Grundfragen.
Frau Wiesinger, haben Sie dieses Gefühl auch: Wird ehrlicher darüber gesprochen, oder wird der Einfluss des konservativen Islam in den Schulen weiterhin unterschätzt?
Susanne Wiesinger: Beides. Meiner Meinung nach wird das immer noch unterschätzt. Es wird aber schon auch ehrlicher darüber gesprochen. In der Lehrerfortbildung hat sich dagegen wenig verändert. Hier äußerten viele Lehrer den Wunsch, dass man endlich einmal andere Referenten holt, die auch besorgte Lehrer, die Dinge beim Namen nennen, ernst nehmen. Bis jetzt hat man oft Referenten gehabt, die einem, sobald man ein Problem mit radikalen oder konservativen islamischen Einflüssen von Moscheen angesprochen hat, sofort Rassismus unterstellten. Das hat dazu geführt, dass die Lehrer gar nichts mehr gesagt und dieses Seminar über sich ergehen haben lassen.
Heinrich Himmer: Das klingt immer so, als stünde in Wien sozusagen der große Politiker oder Kopf dahinter, der diese Leute auswählt. Das ist nicht der Fall.
Susanne Wiesinger: Na ja, die politischen Verbindungen der Vereine zur SPÖ spielen da schon eine große Rolle. Das wissen wir beide. Und die kriegen dann das Seminar an den Schulen, und der andere Verein kriegt das nicht, weil dieser der SPÖ eben politisch nicht so nahesteht. Das ärgert viele.
Heinrich Himmer: Parteipolitik kann man nicht ausschließen, besonders nicht im Schulsystem. Gleichzeitig braucht man aber natürlich gute, qualifizierte Menschen, die ihre Arbeit beherrschen. Von schlecht ausgebildeten Menschen profitiert weder das Bildungssystem noch die Partei.
Herr Himmer, sehen Sie wirklich absolut keinen Widerspruch zwischen der bestmöglichen Lösung im Sinne der Partei und der bestmöglichen Lösung im Sinne der Schüler?
Heinrich Himmer: Nein. Eine Partei profitiert dann, wenn sie Lösungen anbieten kann. Wenn draußen Lehrerinnen und Lehrer stehen, die sagen, die SPÖ hat die richtigen Lösungen für meine Probleme, dann ist eine Partei erfolgreich.
Aber wie will ich eine Lösung anbieten, wenn ich das Problem unterschätze und nicht beim Namen nenne?
Heinrich Himmer: Vielleicht wurde das Thema in den letzten Jahrzehnten unterschätzt. Es bringt aber nichts, ein Gesetz zu schreiben „Wir verbieten den radikalen Islam in Klassenzimmern“. Daher haben wir in Wien seit eineinhalb Jahren auch eine Hotline eingerichtet, wo jeder und jede anrufen kann, wo auch jeder Anruf dokumentiert und nachverfolgt wird.
Susanne Wiesinger: Das Problem mit Unterstützungsangeboten wie dieser Hotline ist, dass diese sehr ideologisch besetzt sind. Da herrscht ein sehr linkes Gedankengut. Links insofern, als man unter allen Umständen Probleme mit dem konservativen Islam kleinredet. Es kommt darauf an, an wen man kommt. Es haben sich Leute dann direkt an mich in der Ombudsstelle gewandt, die sich dann über die Hotline beschwert haben, weil auch da wieder sofort kalmiert wird, nicht wenn es Roma-Kinder sind, nicht wenn es rumänischstämmige Kinder sind, nicht wenn es autochthone Kinder sind, aber immer, wenn es um Muslime geht. Solche Leute dürfen keine Lehrer beraten.
Heinrich Himmer: Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass dort Menschen sitzen und überlegen, welche Religion jemand hat, und dann anders reagieren. Aber unabhängig davon, wie oft das vorgekommen ist, es sollte in dieser Form überhaupt nicht passieren. Es gibt aber auch in keinem anderen Bundesland so eine Hotline. Das ist schon ein deutliches Signal, dass man das Thema in Wien ernst nimmt. Diese Probleme zu lösen, ist natürlich ein längerer Weg.
Ihre Tätigkeit als Ombudsfrau im Bildungsministerium ist beendet. Sie sind bis zum 17. Februar freigestellt. Danach werden Sie wieder als Lehrerin in Wien unterrichten. Während viele Lehrer eher ungern an einer Brennpunktschule arbeiten, wollen Sie unbedingt wieder dorthin zurück. Warum?
Susanne Wiesinger: Die Arbeit dort ist interessant und spannend. Ich habe schon immer an Schulen mit einem hohen Migrantenanteil gearbeitet. Ich weiß, dass ich das gut kann. Die Schüler sind ehrlich, authentisch und direkt. Das schätze ich sehr. Und man hat – das klingt jetzt pathetisch, aber ich sage es trotzdem: Man hat wirklich das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun.
Heinrich Himmer: Es freut mich, dass Sie ab dem 17. Februar wieder in Wien unterrichten. Wir brauchen in Wien gute Lehrerinnen und Lehrer, und Sie haben unglaublich viel Erfahrung in den verschiedensten Bereichen. Wir freuen uns sehr, wenn Sie wieder zurückkommen. Und ich kann Ihnen versichern, dass wir einen guten Schulplatz für Sie finden werden.
Nachdem Susanne Wiesinger eine Woche lang in einer Volksschule in Wien Margareten als Lehrerin tätig war, ist sie nun vorerst in der Alxingerschule in Wien Favoriten im Dienst.