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Das Klima wandelt sich. Das Skifahren auch?
12. Februar 2018 Skination Lesezeit 8 min
Der Klimawandel stellt Skigebiete vor allem in niedrigeren Lagen vor große Herausforderungen – ob die Lösung allein in technischer Beschneiung liegen kann, bleibt fraglich.
Dieser Artikel gehört zum Projekt Skination und ist Teil 2 einer 11-teiligen Recherche.
Korpus der sogenannten Wolke im Tiroler Lüsens: Mit dieser Vorrichtung soll technisch Schnee erzeugt werden, der eine ähnliche Struktur wie Naturschnee aufweist. || Bild: Alexander Millecker | Addendum

Die Sonne strahlt. Der Schnee knirscht. Jemand zieht seine Schwünge. Und je näher dieser Jemand kommt, desto klarer wird: Es handelt sich um niemand Geringeren als jenen Mann, der uns erst kürzlich eine ganze Woche lang beschäftigte – um den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika.

Donald J. Trump schätzt nämlich sein Skivergnügen, bevorzugt in Aspen, gern auch mit der ganzen Familie.

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Vielleicht wird Donald Trump auf dieses Skivergnügen bald verzichten müssen. Denn was es neben den Teilnehmern für einen erfolgreichen Skiurlaub noch braucht, ist vor allem eines: Schnee. Ein Gut, das immer knapper zu werden droht. Dieses Bild zeichnen jedenfalls zahlreiche Studien.

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Donald und Ivana Trump in Aspen, Colorado (1989)

Das zweite weiße Gold

Erst im Februar 2017 haben einige Schweizer Forscher aufgezeigt, dass die Naturschneemengen geringer werden und die schneesicheren Lagen nach oben wandern. Die Prognosen wurden für drei unterschiedliche Emissionsszenarien erstellt. Die im Fachblatt The Cryosphere veröffentlichten Ergebnisse sind alarmierend.

So würde selbst im günstigsten Fall, nämlich dem einer Begrenzung der Erderwärmung auf 2 Grad Celsius, die Schneemenge in den Alpen um 30 Prozent sinken. Ohne Reduktion der CO2-Emissionen könnten bis Ende des 21. Jahrhunderts sogar bis zu 70 Prozent weniger Schnee fallen.

Am stärksten betroffen wären Gebiete unter 1.200 Metern Seehöhe. Und das sind einige, wie ein von Spiegel online durchgeführter Vergleich von 988 Skigebieten im Alpenraum zeigt: Knapp 20 Prozent liegen zur Gänze unterhalb dieser Grenze, nur knapp 40 Prozent vollständig darüber.

Dass auch vonseiten des Wirtschaftsministeriums und der OECD den österreichischen Skigebieten keine generelle Schneesicherheit mehr attestiert werden kann, trägt auch nicht gerade zur Beruhigung bei.

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Hier kommt die Sonne

Der Grund für den Schneemangel wird vor allem in einem Phänomen gesucht, dessen Existenz heutzutage weitestgehend außer Streit gestellt wird: dem Klimawandel.

So sei die Temperatur, dem Österreichischen Sachstandsbericht Klimawandel 2014 zufolge, im globalen Mittel seit dem Jahr 1880 um 0,85 Grad Celsius, in Österreich sogar um knapp 2 Grad Celsius gestiegen – rund die Hälfte davon entfalle allein auf den Zeitraum seit 1980.

Ein weiterer Temperaturanstieg wurde bereits vor Jahren als sehr wahrscheinlich eingestuft. Daran hat sich nichts geändert, wenngleich aktuellere Prognosen noch dramatischer klingen. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts wird von einem Anstieg der durchschnittlichen Temperatur der Erdoberfläche von bis zu 4,8 Grad Celsius gesprochen. Und im Alpenraum wird von einer – im Verhältnis zur weltweiten – sogar noch stärkeren Erderwärmung ausgegangen.

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ÖSV-Chef Peter Schröcksnadel: „Vor dem Klimawandel in dem Sinn habe ich keine Angst.“

Schröcksnadel: Keine Angst vorm Klimawandel

Manche warnen vor einer Überbewertung der Situation. ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel erklärt im Interview mit Addendum : „(…) Prognosen sind Prognosen und mehr nicht. Es ist eine Vorausberechnung, die kann stimmen oder auch nicht. Ich habe schon so viele Prognosen in meinem Leben erlebt. Ich habe die Prognose erlebt, der Wald wird sterben. Äh, der Wald ist heute nicht gestorben, wir haben 30 Prozent mehr Wald. Ich würde also sagen, Prognosen auf 50 Jahre sind sehr schwierig, wenn man schon den Wetterbericht auf eine oder zwei Wochen nicht sehr genau machen kann.“ Vor dem „Klimawandel in dem Sinn“ habe er also keine Angst.

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Zur Vorsicht mahnt auch der Freizeit- und Tourismusforscher Peter Zellmann: „Ich gebe zu bedenken, dass alle Klimamodelle, die uns ins 21. Jahrhundert schauen lassen, davon abhängen, was der jeweilige Programmierer eingibt, an Erwartungshaltung. Da ist immer der Wunsch der Vater des Ergebnisses.“

Solche Stimmen repräsentieren allerdings in der Debatte eine Minderheit, ebenso wie jene, die auf positive Effekte der Klimaerwärmung hinzuweisen suchen – wie etwa größere Anbauflächen oder frei werdende Handelsrouten.

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Peter Schröcksnadel ist seit mehr als zweieinhalb Jahrzehnten Präsident des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV). Außerdem war der gebürtige Tiroler unter anderem auch Vizepräsident des ÖOC.

Die Studien: Ein Auszug

Quasi unisono

Studien zum Klimawandel gibt es viele, Unsicherheiten bleiben dennoch bestehen: Unterschiedlichste Faktoren und Wechselwirkungen wollen berücksichtigt werden, das Datenmaterial ist ebenso wenig einheitlich wie die Art der Erhebung. Die Vergleichbarkeit wird dadurch schwierig. Aber auch wenn die Sache mit dem Klimawandel unglaublich komplex ist, ist man sich doch im Ergebnis einig: Der Klimawandel existiert.

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Aufgeben ist nicht

Auch den Wintertourismus in unseren Breitengraden lässt der Klimawandel alles andere als kalt. Es wird von spürbarem Schneemangel bis in große Höhen gesprochen und an alternativen Modellen für die Zukunft gefeilt.

Zum Beispiel im Gletscher-Skigebiet „Glacier 3000“ im schweizerischen Ort Gstaad (hier geht es zu einem kürzlich publizierten Bericht des TV-Senders ARTE). Dort wird unter anderem verstärkt auf – nicht zwangsweise skifahrende – Touristen aus Indien und Fernost gesetzt.

Einen ganz anderen Weg wählte man in der Salzburger Gemeinde Leogang. Während der Sommermonate wandelt sich das Skigebiet zum „Bikepark“. Anstelle von Carvern stürzen sich dann wagemutige Downhiller die Berge hinunter. Für den Transport sorgen Skilifte.

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Peter Zellmann
Der studierte Pädagoge und Psychologe Zellmann leitet das Institut für Freizeit- und Tourismusforschung (IFT) in Wien. Im Laufe seiner wissenschaftlichen Karriere lehrte er an mehreren Universitäten, unter anderem an der Haupt- und Wirtschaftsuniversität Wien.

Kunst und Natur

Die meisten Skiregionen – zumindest jene, die es sich „leisten“ können – führen allerdings einen ganz konventionellen Kampf gegen das Grün: durch technisch erzeugten Schnee. Tourismusforscher Zellmann erklärt dazu: „Die Schneefallgrenze wird in den nächsten vier, fünf Jahren sicher steigen, das ist keine Frage. Aber wir können ja mit Beschneiungsmöglichkeiten, solange sie energiesparend und ökologisch vertretbar sind, entgegenarbeiten. Auch das ist Evolution.“

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Dieser Trend wird sich in den nächsten Jahrzehnten wohl noch verstärken. Eine jüngst veröffentlichten Studie, welche die Situation der Skigebiete in den Ostalpen unter die Lupe nahm, kam zu alarmierenden Ergebnissen: Eine Erderwärmung von einem Grad Celsius würde zu einer Reduktion der schneesicheren Skigebiete um neun Prozent, ein Anstieg um zwei Grad Celsius sogar zu einer Reduktion um 31 Prozent führen. Am stärksten betroffen wären kleinere Skigebiete.

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Die Grafik zeigt den prozentuellen Anstieg des Schneebedarfs in den genannten Regionen, um eine 100-Tage-Skisaison anbieten zu können – in vier Szenarien: Erderwärmung im untersuchten Bereich von +0,5 °C, +1,0 °C, +1,5 °C oder +2,0 °C. Ausgegangen wurde dabei von einer hypothetischen Schneeabdeckung von 100 Prozent. Ein zum Teil noch nötiger Flächenausbau der Beschneiung wurde ebenso nicht berücksichtigt wie klimatisch bedingte Beschränkungen der Schneeproduktion (z.B. Wasserbedarf).

Der Bedarf an technisch erzeugtem Schnee würde mit einem Ansteigen der Temperatur also massiv zunehmen.

Wo beschneit wird, fallen Flocken

Doch die Kritiker der technischen Schneeerzeugung sind nicht weit. Und zwar nicht nur in der Wissenschaft: Glaubt man dem Wochenmagazin Der Spiegel, so steht auch die Bevölkerung dem Skifahren aus umweltpolitischen Gründen immer kritischer gegenüber. Alpine Landschaften würden zerstört, der ökologische Fußabdruck des Massenskibetriebs sei mitunter zu groß.

In diese Kerbe schlagen die Ergebnisse einer 2017 veröffentlichen Studie. Beinahe tausend Skigebiete im Alpenraum wurden anhand eines „Eingriffsindex“ kategorisiert. Auch die technische Beschneiung und damit einhergehende Maßnahmen – etwa Speicherbecken oder Energieverbrauch – wurden miteinbezogen. An der Spitze der „Negativliste“: Sölden. Danach folgen unter anderen Ischgl, Schladming, Obergurgl, Innerfragant, Saalbach-Hinterglemm, Kleinkirchheim-St. Oswald oder Kaprun-Kitzsteinhorn.

Während der WWF die Studienergebnisse propagierte, erfuhr sie durch eine vom Fachverband der Seilbahnen in der Wirtschaftskammer Österreich beauftragte Gegenprüfung massive Kritik: Sie würden einer wissenschaftlichen Analyse schlicht nicht standhalten.

Die Ansichten könnten also unterschiedlicher nicht sein.

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Albedo kühlt

Eine weitere aufsehenerregende Untersuchung macht die Sache weder einfacher noch weniger umstritten.

Glaubt man deren Ergebnissen, so kann Kunstschnee sogar klimaschützend sein. Man spricht vom Albedo-Effekt: Schneebedeckte Pisten reflektieren mehr Sonneneinstrahlung als unbeschneite, und das wiederum wirkt den Treibhausgasen, die durch die Stromerzeugung für den Kunstschnee ausgestoßen werden, entgegen. Freilich hängt es auch davon ab, wie dieser Strom produziert wird.

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Ökologische Folgen der technischen Beschneiung auf Flora und Fauna sowie mögliche Auswirkungen eines gesteigerten Wasserverbrauchs wurden von den Forschern jedoch nicht miteinbezogen. Auch gewisse Unsicherheiten aufgrund der Vielzahl und Ungenauigkeiten der Eingangsgrößen räumen die Forscher ein.

Andere widersprechen diesen Ergebnissen vehement. Der Kunstschnee würde im Verhältnis zu kleine Flächen bedecken und zu kurz liegenbleiben, die eingesparte Menge CO2 sei vernachlässigbar.

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Die Lage ist ernst

Wie man es auch dreht und wendet: Die Lage für Österreichs Skigebiete ist ernst. Und dabei sind sinkende Mengen Naturschnee nur ein Teil des Problems. Zurückgehende Gletscher und der demografische Wandel bereiten dem Wintertourismus noch zusätzliche Sorgen.

Sorgen, die uns alle betreffen: 68,6 Millionen Nächtigungen wurden in der Wintersaison 2016/17 gezählt – und damit beinahe so viele wie in der Sommersaison 2017 mit 74,99 Millionen. Im Jahr 2015 zählte die Tourismusindustrie 337.400 Beschäftigte, die direkten Wertschöpfungseffekte  betrugen rund 5,6 Prozent des BIP.

In die Bredouille könnten vor allem kleinere, weniger finanzkräftige und tiefergelegene Skigebiete kommen. Manche wird wohl selbst das beste Beschneiungskonzept nicht retten können. Umso mehr gilt es, über Alternativen nachzudenken.

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November 2016 bis April 2017

Selbstständige und unselbstständige Beschäftigungsverhältnisse in den charakteristischen Tourismusindustrien. 293.100 Erwerbstätige gemessen in Vollzeitäquivalenten.

Direkte und indirekte Wertschöpfungseffekte 2015: 54,44 Milliarden Euro und damit 16 Prozent der Gesamtwertschöpfung (BIP)

Quo vadis, Mr. President?

Während die einen dem Schneemangel mit Kanonen Herr zu werden versuchen, führt Donald J. Trump seinen ganz eigenen Kampf. Mitte vergangenen Jahres verkündete er den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen.

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Das hindert den Präsidenten der Vereinigten Staaten nicht daran, bereits wieder laut über einen Wiederbeitritt nachzudenken, allerdings zu seinen Konditionen. Es herrscht Konfusion.

In Davos, wo man Trump gerne auch auf den Pisten begrüßt hätte, war von der Erderwärmung im Jänner dieses Jahres jedenfalls wenig zu spüren. Das Weltwirtschaftsforum (WEF) versank förmlich im Schnee. 

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