Einen Überblick über die Verwaltungskosten der österreichischen Sozialbürokratie zu erhalten, ist nicht einfach. Vielfach fehlt es an den notwendigen Zahlen. Die seit Jahren angekündigte Transparenzdatenbank ist nach wie vor nicht funktionsfähig. Der Hauptgrund für die mangelhafte Datenlage findet sich jedoch in der Haushaltsführung des Staates.
Während Unternehmen mit der doppelten Buchführung arbeiten, verlassen sich der Bund und die meisten Länder und Gemeinden nach wie vor auf die Kameralistik, eine simple Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Das führt dazu, dass bei den Verwaltungsausgaben grundsätzlich keine Teilkosten bekannt sind.
Ein Beamter vollzieht Gesetze; welche und wie lange, interessiert seinen Dienstgeber oft nicht. Er kann an einer Bezirkshauptmannschaft gleichzeitig für Mindestsicherung und Jugendhilfe zuständig sein; wie viel Arbeitszeit wofür anfällt, wird nicht erfasst. Auch Sozialarbeiter, wie beispielsweise die Leiter von Jugendtreffs, leisten nebenbei Verwaltungsarbeit. Das wird statistisch ebenfalls nicht abgegrenzt. Daher finden sich in den Rechnungsabschlüssen des Bundes zwar die einzelnen Sozialausgaben, die Kosten für das dafür nötige Verwaltungspersonal jedoch nicht.
Bekannt ist lediglich der Sachaufwand. So gab der Bund im Jahr 2015 99,2 Milliarden Euro für Sozialleistungen aus, davon entfielen 2,6 Milliarden auf sonstige Ausgaben, ein Gutteil davon waren Verwaltungskosten – aber eben ohne Personal.
Selbst die vorhandenen Zahlen können schwer als Maßstab für sinnvolle Einsparungen im Verwaltungsbereich herangezogen werden. So kommen in Wien etwa 362 Mindestsicherungsbezieher auf einen Sachbearbeiter, in Vorarlberg sind es hingegen nur 208. Die Auslastung der Mitarbeiter hängt aber nicht nur von der Zahl, sondern auch von der Art der Fälle ab. Hinzu kommt, dass jedes Bundesland ein eigenes Mindestsicherungssystem mit entsprechend unterschiedlichem Verwaltungsaufwand hat. Hier zeigt sich auch die Schwierigkeit, den Verwaltungsaufwand verschiedener Ebenen darzustellen und zu vergleichen. Die sieben anderen Bundesländer konnten auf Nachfrage keine Daten zu den involvierten Mitarbeitern nennen.
Eine größere Mitarbeiterzahl führt außerdem nicht nur zu einer geringeren Belastung, sondern kann Verwaltungsqualität steigern. Das Wiener Mindestsicherungssystem kommt zwar mit verhältnismäßig weniger Sachbearbeitern aus als jenes in Vorarlberg, dafür wurde es aber vom Rechnungshof wegen mangelhafter Kontrollen kritisiert.
Reformbedarf sah der Rechnungshof 2010 auch beim Pflegegeldvollzug. Während Wien und Oberösterreich mit je drei vollziehenden Stellen auskamen, waren es in Niederösterreich 28 – mehr als in allen anderen Bundesländern zusammen.
Trotzdem war die Pflegegeldverwaltung dort nicht am teuersten. Das Burgenland benötigte zur Verwaltung seiner etwa 1.900 Pflegegeldbezieher 5,4 Vollzeitstellen, Salzburg für fast doppelt so viele Empfänger nur 3,8 Stellen. Dennoch lagen die Verwaltungskosten für das Pflegegeld bundesweit im Schnitt bei nur 1,57 Prozent.
Durch die Reform des Pflegegeldes wurde der Vollzug reformiert. Seitdem verwalten es die Sozialversicherungen. Der Verwaltungsaufwand sank dadurch, wenn auch nur geringfügig, auf 1,4 Prozent der erbrachten Leistung.
Viele Sozialleistungen sind, anders als die Mindestsicherung oder das Pflegegeld, nicht sehr verwaltungsintensiv. Besonders bei der Familienbeihilfe laufen die Zuwendungen über Jahre automatisiert. Zuständig ist das Familienministerium, das auch den Kinderabsetzbetrag betreut. Für beide Leistungen wandte der Bund 2016 etwa 4,8 Milliarden Euro auf. Der gesamte Personalaufwand des Ressorts belief sich hingegen auf nur neun Millionen.
Personelles Einsparungspotenzial findet sich am ehesten im Sozialversicherungsbereich, wo eine Zusammenlegung vor allem eine Reduktion auf Funktionärsebene mit sich bringen würde. Beim Verwaltungspersonal während der laufenden Zusammenführung der unterschiedlichen Versicherungsleistungen zu sparen, wäre hingegen schwer möglich. Auch die Tatsache, dass die meisten öffentlich Bediensteten und Angestellten staatlicher Organisationen tatsächlich oder so gut wie unkündbar sind, führt dazu, dass sich mögliche Einsparungen nur langfristig über natürliche Abgänge realisieren lassen.
Aber selbst dieses Reformpotenzial fällt im Vergleich zum Ausmaß der Sozialleistungen kaum ins Gewicht. Der Sozialstaat ist auch deshalb so verwaltungsgünstig, weil seine Leistungen großteils finanzieller Natur sind. Wo andere Länder Kinderbetreuungsplätze und Pflegeheime ausbauen, zahlt Österreich lieber Kinder- und Pflegegeld. Transferleistungen machen 68 Prozent der staatlichen Sozialausgaben aus.
Entsprechend wenig ist verhältnismäßig in der Verwaltung zu holen. Selbst wenn das Familienministerium nur für die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag zuständig wäre, lägen seine Verwaltungskosten bei gerade einmal 0,43 Prozent der Leistungen. Mit Reduktionen im Verwaltungsapparat ließe sich also keine substanzielle Erhöhung des Kindergeldes finanzieren. Ähnliches gilt für das Pflegegeld und andere Leistungen. Für Reduktionen im Verwaltungs- und Funktionärsbereich gibt es daher weniger finanzielle als moralische Argumente.