hat Wien 2016 für die Subvention von Entwicklungsprojekten ausgegeben.
Es ist noch nicht lange her, da geriet Christoph Chorherr, Gemeinderat der Wiener Grünen und eines der Masterminds der Wiener Stadtplanung, zumindest in den Einzugsbereich einer schiefen Optik: Der von ihm gegründete Verein „s2arch“, der sich unter dem Stichwort „Ithuba“ (Zulu für „Chance“) der Errichtung und dem Betrieb von Schulen in Südafrika verschrieben hat, hatte vor Jahren Spenden in sechsstelliger Höhe von einer Firma erhalten, an der damals auch Investor Michael Tojner mit einer Minderheit beteiligt war. Tojner, der später den umstrittenen Heumarkt-Umbau in Wien anstrebte – ein Projekt, an dessen Zulassung Chorherr zumindest im Rahmen der innerparteilichen Willensbildung beteiligt war. Chorherr dementiert jeden Zusammenhang seiner politischen Arbeit mit den Spenden für seine „Passion“, den Verein – auch habe er Tojner erst später kennengelernt und nicht gewusst, dass dieser an dem Unternehmen beteiligt war, als es für „Ithuba“ gespendet hatte.
Das ist die bekanntere Facette, deretwegen Ithuba ins Licht der Öffentlichkeit gerückt ist. Weniger bekannt ist, dass auch der österreichische Steuerzahler kräftig an Ithuba mitwirkt: Insgesamt 250.000 Euro hat die Stadt Wien dem Verein in drei Tranchen 2012, 2014 und 2015 überwiesen.
Das ist nicht geheim oder unter der Hand passiert, sondern ordnungsgemäß vom Wiener Gemeinderat diskutiert und beschlossen worden, wie ein Blick in dessen Protokoll der Sitzung vom 27. Juni 2012 zeigt. Da kritisiert etwa der freiheitliche Abgeordnete Wolfgang Jung:
Ich komme jetzt zu einem einzelnen Verein, nämlich dem Verein, er heißt, glaub’ ich, s2Arch – Social and sustainable architecture, das ist jener Verein, der dieses Schulgebäude errichtet und da schauen wir uns an, ich habe am Vormittag gesagt, es geht meistens nach dem Gießkannenprinzip mit 20 000 je … (Aufregung bei GR Senol Akkilic.) Oh ja, Herr Kollege, schauen Sie einmal nach, von den 12 sind 10 mit 20 000 genau beteilt. Dieses Projekt bekommt 100 000 EUR. Jetzt fragt man sich, wieso bekommt dieses Projekt 100 000 EUR? Dann schaut man nach, im Vorstand sitzt der Herr Chorherr.
Die Förderung wurde dann, gemeinsam mit etlichen anderen, von SPÖ, ÖVP und Grünen beschlossen – so wie auch in den genannten Folgejahren. Aber was ist das eigentlich für ein Vorgang, dass die Stadt Wien aus ihrem eigenen Budget einen Verein unterstützt, der zwar von einem Wiener ins Leben gerufen wird, aber damit Schulen in Südafrika baut – wo es doch eine eigene Entwicklungshilfeabteilung im Außenministerium gibt?
Die Antwort findet sich im Grundsatz der Selbstständigkeit der Bundesländer: Alle neun – Wien ist damit nicht allein – haben in unterschiedlichem Ausmaß beschlossen, internationale Projekte zu unterstützen, die einen Bezug zu dem Land haben. So unterstützt etwa das Land Tirol die SOS Kinderdörfer dabei, Kinder im peruanischen Cajamarca zu betreuen, die Steiermark hat 2.200 Euro eines 2.400 Euro teuren Hühnerzuchtprojekts einer kenianischen Mädchengruppe übernommen, und Wien hat eben – neben zahlreichen anderen Projekten – auch die Ithuba-Schulen unterstützt. Wien allein hat in seinem Rechnungsabschluss 2016 227.615 Euro unter dem Titel „Internationale Hilfsmaßnahmen“ verbucht. Zum Vergleich: Niederösterreich hat für solche Spenden knapp 42.000 Euro budgetiert, Oberösterreich – das damit die Spitzenposition unter den Ländern einnimmt – als „Internationale Entwicklungshilfe / Beiträge an private Rechtsträger“ knapp über eine Million Euro.
hat Wien 2016 für die Subvention von Entwicklungsprojekten ausgegeben.
Wobei „Spenden“ bei der öffentlichen Hand streng genommen der falsche Ausdruck ist, wie ein Sprecher der Stadt Wien erklärt: „Was gemeinläufig als „Spende“ bezeichnet wird, bezieht sich in der Regel eigentlich nur auf Zuwendungen von Privatpersonen an z.B. gemeinnützige Organisationen. Im öffentlichen Bereich gibt es nur Subvention oder Förderung (inkl. zugehöriger Richtlinie)“. Sprich: Es gilt, wenn man als Verein Geld zur Unterstützung durch die öffentliche Hand will, einen bürokratisch-politischen Prozess zu durchlaufen, der von Land zu Land (und dort ebenfalls von Abteilung zu Abteilung) unterschiedlich ist. (Davon unterscheiden muss man übrigens die Fälle, in denen ein Non-Profit-Verein gegen Entgelt klar umrissene öffentliche Aufgaben übernimmt, etwa wenn die Caritas Asylwerber unterbringt und versorgt.)
Um das exemplarisch darzustellen: In Wien kann grundsätzlich jeder Verein bei der Stadt um eine „freiwillige finanzielle Unterstützung“ ansuchen. Dann gibt es zwei Fälle: Entweder es gibt – wie im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, die einmal im Jahr einen „Call for Proposals“ ausschreibt, bewertet und die Ergebnisse durch den Gemeinderat beschließen lässt – einen geordneten Prozess, wie das abläuft. Oder es gibt keine vorgegebene Art, wie über eine Förderung entschieden wird – dann muss die Subvention im zuständigen Gemeinderatsausschuss bzw. ab einem Betrag von 14.700 Euro im Gemeinderatsplenum genehmigt werden. (Mit dem Umstand, dass es häufig auf die politische Entscheidung ankommt, mag zusammenhängen, dass in Wien häufig parteinahe Vereine von Zuwendungen der öffentlichen Hand profitieren.)
„Grundsätzlich ist es so, dass die Stadt vorab den genauen Zweck, eine Kostenschätzung und einen Finanzplan verlangt, um im jeweils zuständigen Ausschuss auch auf fundierter Grundlage darüber entscheiden zu können“, heißt es dazu aus dem Büro von Stadträtin Renate Brauner. Zur Kontrolle sei etwa vorgesehen, bei Projekten die Detailabrechnung oder bei Vereinen die Jahresabschlüsse zu kontrollieren.
Wien und die anderen Länder sind dabei nicht die Einzigen, die regelmäßig von Vereinen mit Bitten um Unterstützung konfrontiert sind: Es komme immer wieder vor, dass NGOs oder nicht-örtliche Vereine Gemeinden um Spenden bitten, sagt Daniel Kosak, Sprecher des Gemeindebunds – meist aber mit dem Argument, dass im Rahmen der Arbeit dieses Vereins/dieser Einrichtung auch Leistungen für Bewohner der betreffenden Gemeinde erbracht werden. Gesammelte Daten dazu, ob und wie sehr welche Gemeinde hierzu Spenden aus dem eigenen Budget genehmigt, gibt es nicht – es liegt aber im Ermessen des Gemeinderats, solche Ausgaben zu tätigen.
Wesentlich häufiger ist aber auf Gemeindeebene die Unterstützung lokaler Vereine durch Sachleistungen – Strom für einen Weihnachtsmarkt, die Überlassung von Räumen usw. Wenn das mit der direkten Übernahme von Kosten verbunden sei, werde das aber im Budget ganz normal als Ausgabe dargestellt, nicht als Spende, erklärt Kosak.
Wie viel schulden die Gemeinnützigen also den öffentlichen Händen? Quantifizieren lassen sich all diese Leistungen – von der Unterstützung internationaler Hilfsprojekte eines Vereins mit hunderttausenden Euro bis zum Strom für den kleinen Pfadfindermarkt – in der Gesamtheit nicht; weil, erraten, die Transparenz solcher Förderungen höchst unterschiedlich ausgeprägt ist. Während etwa die Steiermark ihre Entwicklungshilfeprojekte samt Fördersummen vorbildlich aufbereitet hat, findet sich in Niederösterreich gerade einmal ein magerer Posten im Rechnungsabschluss. Wien veröffentlicht seine Entwicklungsprojekte in eigenen Jahresberichten, seit 2015 veröffentlicht die Stadt einen ressortübergreifenden Subventionsbericht, usw.
Wie viel Steuergeld insgesamt für Non-Profit-Organisationen verwendet wird, bleibt also vorerst intransparent.