Österreich ist ein Sozialstaat. Und das hat sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht geändert, im Gegenteil.
Mehr als 105 Milliarden Euro hat der Staat – Bund, Länder, Gemeinden sowie deren ausgelagerte Unternehmungen – im Vorjahr für Sozialmaßnahmen und das Gesundheitswesen ausgegeben; das sind bei weitem die größten Posten in der Gesamtrechnung, wofür die öffentliche Hand das Geld ihrer Bürger verwendet.
Das ist nur ein Auszug aus der Rechnung der Statistik Austria, in der sie, über alle Ebenen und Gebietskörperschaften hinweg, die Staatsausgaben nach international einheitlichen Kategorien erfasst hat. Wir haben diese Ausgabenstruktur visualisiert – wenn Sie in einen Ausgabenbereich hineinklicken, sehen Sie die feinere Untergliederung eines Feldes:
Wir sehen: Der weitaus größte einzelne Posten der Staatsausgaben waren 2016 mit 45 Milliarden Euro die Kosten für Alterssicherung, sprich die Pensionen, sowie mit rund 16 Milliarden Euro jene für Spitäler. Vergleichsweise kleine Posten im Vergleich dazu sind etwa die Ausgaben für Sozialhilfe mit 4,1 Milliarden Euro – darunter fällt beispielsweise die Mindestsicherung – oder Landesverteidigung mit weniger als zwei Milliarden Euro. Vergleicht man diese Dimensionen mit der Bedeutung, die den entsprechenden Gebieten im politischen Diskurs – etwa dem gerade zu Ende gegangenen Wahlkampf – zukommt, kann man zum Schluss kommen, dass die Debatten-Prioritäten nicht mit der tatsächlichen Bedeutung der Themen übereinstimmen. Zumindest dann nicht, wenn man davon ausgeht, dass man in den Staatsausgaben ablesen kann, welche Aufgabengebiete ein Staat und seine Regierungen als besonders wichtig erachten. (Hinweis: In der Grafik sind die Zahlen in Millionen dargestellt – 76.261 Mio. = 76,261 Milliarden)
Aber wie schaut es nun im Lauf der Zeit aus? Explodieren der Staat und seine Ausgaben, wie es von liberaler Seite tönt, oder schrumpft er sich zu Tode, was die Linke regelmäßig befürchtet? Es kommt ein wenig darauf an, welche Statistik man hernimmt. Konzentriert man sich auf die absolute Ausgabenentwicklung, ist tatsächlich eine massive Ausgabensteigerung zu beobachten:
Hat Österreich 1995 noch nur knapp über 100 Milliarden Euro an Steuergeld ausgegeben, waren es 2015 bereits mehr als 175 Milliarden. Das sagt allerdings für sich noch gar nichts aus, weil zum einen die Bevölkerung gewachsen ist, zum anderen das Geld weniger wert geworden ist. Fangen wir mit Letzterem an, um die Statistik sinnvoll interpretieren zu können: Setzt man sie in Relation zur Inflation, also zum tatsächlichen Wert des ausgegebenen Geldes, zeigt sich folgendes Bild:
Auch hier zeigt sich noch ein ähnliches Bild: Im Wesentlichen steigen die Staatsausgaben seit zwei Jahrzehnten deutlich. Ein noch differenzierteres Bild ergibt sich aber, wenn man diese realen Staatsausgaben in Kontext zum Bevölkerungswachstum setzt, also pro Kopf rechnet:
Nachdem viele Staatsleistungen mit der Einwohnerzahl skalieren (zum Beispiel die hohen Gesundheits- und Alterskosten), ist es durchaus sinnvoll, seine Ausgaben um deren Zunahme zu bereinigen – hier zeigt sich bereits ein wesentlich langsameres Wachstum. Nimmt man stattdessen einen anderen Maßstab, die Relation zum BIP, also zur Wirtschaftsleistung des Landes, zeigt sich insgesamt ein anderes Bild:
Hier zeigt sich plötzlich, dass die Staatsausgaben im Vergleich der vergangenen Jahrzehnte stabil bleiben bzw. sogar leicht im Sinken begriffen sind. Das ist deswegen ein relevanter Maßstab, weil Volkswirte davon ausgehen, dass bei Wachstum auch die Betätigungsfelder eines Staates zunehmen: Mehr Einwohner brauchen etwa mehr Infrastruktur, mehr Sicherheitsaufwendungen usw.
Aber hat sich auch die innere Gewichtung der Staatsausgaben verschoben? Wenn wir den Prozentsatz, den der Staat für die einzelnen Sektoren der Ausgabenrechnung aufwendet, hernehmen, ergibt sich ein recht deutliches Bild:
Der Anteil der beiden ohnehin schon größten Ausgabeposten, Soziales und Gesundheit, hat, getrieben vor allem durch die Pensionen, deren Anteil von 21,6 Prozent der Staatsausgaben auf 25,3 um mehr als ein Sechstel zugenommen hat – während, vielleicht überraschend, der Anteil der Ausgaben für Verwaltung in den vergangenen beiden Jahrzehnten zurückgegangen ist.
Was man aus diesen Ausgabestatistiken lesen will, liegt, wie so oft, im Auge des Betrachters: Wer massiv gestiegene Staatsausgaben (und, korrespondierend, ein enorm gestiegenes Steuervolumen) sehen will, wird sich am ehesten an die absoluten Zahlen halten. Wer demgegenüber argumentieren will, dass die Verwaltung doch ohnehin sparsam wie nie sei, kann den gesunkenen Anteil der Ausgaben für ebendiese ins Treffen führen.
Tatsächlich kann man festhalten – wie wir das gerade getan haben – dass zwar nominal wie real die Staatsausgaben mittelfristig gestiegen sind – wenn man aber mitdenkt, dass in dieser Zeit auch Bevölkerung und Wirtschaft gewachsen sind, wird man zu dem Schluss kommen, dass die Ausgabenquote in diesem Zeitraum stabil geblieben ist.