Der Großteil der österreichischen Staatseinnahmen wird durch einige wenige Abgaben lukriert. Daneben steht eine Vielzahl von kleinen Einnahmequellen, die einen kaum nennenswerten Anteil zu den Gesamteinnahmen beitragen. Lohnt sich das für den Staat überhaupt, oder ist der Aufwand größer als der Nutzen?
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Was wir hier sehen, ist zunächst – entsprechend dem Übergewicht der Sozialausgaben bei der Ausgabenstatistik –, dass ein gutes Drittel der Einnahmen der Republik heuer aus Sozialbeiträgen kommt. An zweiter Stelle folgen die Produktions- und Gütersteuern, unter die Megaposten wie die Mehrwert-, Tabak- oder Mineralölsteuer fallen.
An dritter Stelle kommen überraschend spät die Abgaben auf Einkommen – aber Achtung, auch ein Großteil der Sozialabgaben, die Sozialversicherungsbeiträge, mindern die Lohnsummen.
Im Jahr 2016 nahm der Staat Österreich mit all seinen Körperschaften für sich und für die Europäische Union durch Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und Abgaben rund 151 Milliarden Euro ein. Dazu kommen Einnahmen aus Vermögen und Produktionserlösen. Einige wenige Posten sorgen dabei für ein Aufkommen in der Höhe von mehreren Milliarden Euro. Durch die Mehrwertsteuer nahm der Staat 27,3 Milliarden ein, durch die Lohnsteuer 25,4 Milliarden und durch Sozialversicherungsbeiträge insgesamt 54,1 Milliarden, also gut zwei Drittel des Gesamtaufkommens. Ein breiterer Mittelbau aus Mineralölsteuer, Tabaksteuer, Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer sorgt für die restliche Finanzierung.
Und dann sind da noch einige bemerkenswert niedrige Beiträge, die der Staat aus unterschiedlichen Quellen einhebt.
In Österreich gibt es eine Vielzahl an sogenannten Bagatellsteuern, die jeweils weniger als 100 Millionen Euro Einnahmen bringen. Das klingt zwar immer noch nach viel, ist es aber nicht. Diese mehr als 40 Posten zusammengerechnet ergeben in Summe etwa 1,5 Milliarden Euro oder rund ein Prozent der gesamten Staatseinnahmen. Alleine die Tabaksteuer hat mit 1,8 Milliarden Euro bereits ein deutlich größeres Volumen. Durch die unlängst wiedereingeführte Schaumweinsteuer wurden im Jahr 2016 rund 23 Millionen und damit etwa 0,015 Prozent des Gesamtsteueraufkommens erwirtschaftet, durch die Vergnügungssteuer 22 Millionen, durch die verwandte Lustbarkeitsabgabe sechs Millionen, durch die Zuckerabgabe vier Millionen und durch die Punzierungskontrollgebühr rund 600.000 Euro.
Die Erbschafts- und Schenkungssteuer brachte dem Staat vor der Abschaffung im Jahr 2007 etwa 155 Millionen Euro an Erträgen ein. Sie spielte also für das Gesamtsteueraufkommen ebenfalls eine untergeordnete Rolle – unter den damaligen gesetzlichen Bedingungen. Berechnungen der Steuerreformkommission aus dem Jahr 2014 gehen davon aus, dass eine Erbschaftssteuer ab einer Million mit den von der SPÖ vorgeschlagenen Steuersätzen Einnahmen von rund 500 Millionen Euro bringen würde. Damit wäre sie keine der genannten Bagatellsteuern, würde aber auch bei weitem nicht an größere Positionen heranreichen. Das Konzept der Grünen einer Erbschaftssteuer mit 500.000 Euro Freibetrag würde eigenen Berechnungen zufolge immerhin 2 bis 2,5 Milliarden Euro bringen.
Es stellt sich die Frage, ob man diese kleineren Einnahmen durch eine bescheidene Erhöhung einer der Massensteuern ersetzen könnte. Die potenziellen Mehr- oder Mindereinnahmen durch Änderungen in Steuersätzen zu schätzen, ist allerdings kein einfaches Unterfangen. Am wenigsten problematisch ist eine Überschlagsrechnung bei der Körperschaftsteuer: Bei einer minimalen Erhöhung um einen Prozentpunkt könnte der Staat – konjunkturabhängig – mit etwa 300 Millionen Euro Mehreinnahmen rechnen. Diese Summe würde schon reichen, um viele kleinere Steuern und Abgaben zu streichen. Bei den großen Posten der Umsatzsteuer oder Lohnsteuer sollten geringfügige Erhöhungen sogar um einiges mehr einbringen. Um eine seriöse Zahl zu ermitteln, wäre eine aufwendigere Steuersimulation notwendig. Die Steuerreform 2015/2016 bewirkt laut Wifo einen Entfall von Lohn- und Einkommensteuern in der Höhe von 4,35 Milliarden jährlich. Von dieser Seite her ist also klar: Rein finanziell lohnt sich die gesonderte Einhebung der Beiträge nicht. Man könnte auf bereits vorhandene Steuern zurückgreifen.
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Lenkungszweck: Er zielt darauf ab, gesellschaftlich unerwünschtes Verhalten durch zusätzliche Besteuerung einzuschränken. Beispiele dafür sind etwa Alkohol- oder Tabaksteuern. Durch höhere Preise sollen Konsumenten dazu animiert werden, ihr gesundheitsschädigendes Verhalten einzuschränken. Ein anderes Beispiel ist die Flugabgabe: Sie soll den Flugverkehr eindämmen, um Schadstoffemissionen zu reduzieren.
Umverteilungszweck: Besteuerung kann dazu benutzt werden, politisch erwünschte Einkommens- und Vermögensverteilungen zu erzeugen. Die Einkommensteuer in Österreich sieht höhere Grenzsteuersätze für einkommensstarke Personen vor. Sie müssen in Prozent ihres Einkommens mehr bezahlen – eine solche Besteuerung nennt man progressiv. Sie wird darüber hinaus als direkte Steuer bezeichnet, da Träger und Schuldner der Steuer gleich sind. Dadurch besteht die Möglichkeit zur individuellen Bemessung des Steuerbetrags an der ökonomischen Leistungsfähigkeit des Besteuerten.
Kostendeckung/Zweckwidmung: Abgaben können auch eingeführt werden, um damit Leistungen zu decken, von denen der Zahlende unmittelbar oder mittelbar profitiert. Die Einnahmen der Feuerschutzsteuer finanzieren beispielsweise Ausrüstung für Feuerwehren.
Natürlich werden Steuern und Abgaben nicht nur wegen ihrer Finanzierungskraft erhoben. Es spielen auch Aspekte wie eine Lenkungswirkung, gezielte Umverteilung und Zweckbindung für bestimmte Ausgaben eine Rolle. Im Sinne von Transparenz, Sparsamkeit und Verständlichkeit der Abgabenbelastung ist aber zunächst ein einfacheres System zu bevorzugen, wenn keine Notwendigkeit der Steuer abseits der Finanzierung besteht.
Die kleinen Abgaben können anhand dieser Kriterien betrachtet werden. Die Schaumweinsteuer beispielsweise belastet als indirekte Steuer vorrangig Konsum und Produktion. Mit der Umsatz- bzw. Mehrwertsteuer gibt es bereits eine Massensteuer, die genau darauf abzielt. Soll das Ziel Umverteilung sein, müsste die Steuer sozial treffsicher sein, stattdessen wird durch die Besteuerung der Menge ein stark regressiver Effekt erzeugt. Für eine Flasche Sekt um vier Euro fallen genauso 70 Cent Schaumweinsteuer an wie für eine Flasche um tausend Euro. Ärmere Haushalte werden also prozentuell zu ihrem Budget höher besteuert, der Betrag wird auf die Konsumenten übergewälzt. Bei direkten Steuern ist der Umverteilungszweck wesentlich besser gegeben, da sie individuell dem jeweiligen Einkommen oder Vermögen der Person anpassbar sind. Ein Lenkungseffekt könnte durch eine höhere Alkoholsteuer, die alle alkoholischen Getränke beinhaltet, einheitlicher gestaltet werden.
Ähnlich verhält es sich bei der Lustbarkeitsabgabe und bei der Vergnügungssteuer. Diese besteuern ebenfalls zusätzlich zur Umsatzsteuer eine breite Masse an Veranstaltungen und den Betrieb verschiedenster Spielapparate. Was und wie viel besteuert wird, hängt aber von der jeweiligen Gemeinde und von Landesbestimmungen ab. Dass dadurch ein Lenkungseffekt erzeugt wird, kann über Ausnahmen für Kulturveranstaltungen argumentiert werden. Durch die unzähligen Bestimmungen der Gemeinden ist dieser allerdings sehr intransparent und mit vielen Eigenheiten behaftet. In Graz etwa werden für das Betreiben von Spielautomaten, die „optisch oder akustisch aggressive Handlungen, wie Tötung oder Kampfhandlungen gegen Ziele darstellen“ 700 Euro im Monat eingehoben – für andere Apparate zehn oder zwanzig Euro.
Daran wird auch der Verwaltungsaufwand deutlich: Es existieren verschiedene Steuersätze, Formulare und Definitionen für Tanzbelustigungsveranstaltungen, Lichtspielvorführungen und Spielapparate. Im Unterschied zur Schaumweinsteuer tragen die beiden Steuern einen Teil zu den wesentlich kleineren Gemeindebudgets bei, und nicht zum Bundeshaushalt. Allerdings: Der Großteil der Gemeindegelder stammt aus dem Finanzausgleich und eben nicht aus eigenen Mitteln. Sollten derartige Besteuerungen wegfallen, könnte der Fehlbetrag durch den Finanzausgleich abgefangen werden. Ein anderer Weg wäre es, den Kommunen über Hebesätze auf bestehende, lukrativere Steuern mehr Autonomie zu gewähren. Realpolitisch werden einheitliche Lösungen aber durch den österreichischen Föderalismus erschwert. In Wien etwa wurde Anfang des Jahres die Vergnügungssteuer abgeschafft. Die Begründung: zu wenig Einnahmen aus der Steuer nach dem Verbot des kleinen Glücksspiels.
Viele der kleinen Posten dienen auch der Deckung spezifischer Kosten. Die Träger der Steuer sind dabei meist Personen, die auch einen Nutzen aus den Zahlungen ziehen. Beispiele dafür sind etwa Feuerschutzsteuer, ÖH-Beiträge und die Punzierungskontrollgebühr. Letztere wird für die Kontrolle des Edelmetallgehalts von Metallerzeugnissen eingehoben. Sie dient der Kostendeckung des Überprüfungsverfahrens und nicht der Finanzierung des allgemeinen Staatshaushalts. Ob die Einhebung von zwei Cent pro kontrolliertem Gramm Silber aber tatsächlich einen relevanten Beitrag dazu leistet, kann bezweifelt werden. Das BMF spricht von einer kontinuierlichen Evaluierung solcher Abgaben im Rahmen von Gebührenreformen. Mancherorts stehen auch rechtliche Rahmenbedingungen einer Abschaffung im Weg. Die eingangs erwähnte Zuckerabgabe ist eines der EU-Eigenmittel, welches von den Nationalstaaten eingehoben wird – eine Abschaffung ist aufgrund des bestehenden EU-Rechts zumindest für Österreich ohnehin nicht möglich.
Neben diesen exemplarischen Abgaben könnte man viele weitere auf den Prüfstand stellen. Insgesamt ergibt sich ein diffuses Bild: Allein aufgrund ihres niedrigen Beitrags zum Staatshaushalt sind die Einnahmen kaum zu rechtfertigen, manche wurden aus anderen Gründen eingeführt, andere bleiben eine Obskurität. Die Abschaffung tatsächlicher Bagatellsteuern ist durchaus sinnvoll, da die Einhebung der Abgaben unnötige administrative Kosten für Staat und Unternehmen erzeugt. Welche Abgaben diese Bezeichnung verdienen, bleibt aber wohl eine Streitfrage.