8,5 Millionen Euro von 30 Millionen Euro hat Speedinvest seit Start im Jahr 2011 in österreichische Startups investiert. Der Rest ging ins Ausland. Insgesamt hat Speedinvest in seinen zwei Fonds 100 Millionen Euro zur Verfügung.
gründete sein erstes Startups „Sysis“ im Jahr 1992, das später mit anderen Unternehmen zu „3United“ verschmolzen wurde. 2006 folgte der Verkauf an Verisign. Danach wechselte er auf die Investorenseite und gründete 2010 Speedinvest.
Die österreichischen Startups haben vor allem eines gemeinsam: ihre Investoren. Eine Eigenheit des Ökosystems ist die überschaubare Menge an privaten Geldgebern. Zu ihnen zählen der Business Angel Johann „Hansi“ Hansmann und der von Oliver Holle gegründete Fondsbetreiber Speedinvest sowie Werner Wutscher, der nach seiner Konzernkarriere zwischen Großunternehmen und Gründern vermittelt. Die drei und einige andere prägen die Ausrichtung der Gründerszene und sagen der Politik, was sie für nachhaltiges Unternehmertum in Österreich brauchen.
Die beiden Investoren Oliver Holle (Speedinvest) und Johann Hansmann (mit seiner Beteiligungs-GmbH Romulus Consulting) sind nicht nur teilweise bei den gleichen Startups beteiligt, sondern haben auch andere Verbindungen zueinander und anderen Geldgebern, wie das visualisierte Netzwerk zeigt:
Thomas Schranz, Gründer des Software-Startups Blossom, kommentiert die enge Beziehung zwischen den Investoren so:
Grund genug, diese zwei Persönlichkeiten genauer zu betrachten und mit ihnen über ihren Einfluss auf die Startup-Wirtschaft zu sprechen.
Spricht man mit Investoren über Oliver Holle, so gibt es meist dankende Worte. Als der Venture Capitalist 2010 bei sogenannten „High Net Worth Individuals“ Kapital einsammelte, leistete er dabei Aufklärungsarbeit zu Risikokapital für Hightech-Startups. Mit zehn Millionen Euro startete der erste Speedinvest-Fonds im Jahr 2011, Laufzeit zehn Jahre. Für den zweiten Fonds stellte die Firma 2015 sogar mehr als 90 Millionen Euro auf.
Nur wenig von dem Kapital bleibt allerdings in Österreich: „Drei Viertel unserer Investments machen wir im Ausland“, sagt der Speedinvest-Geschäftsführer. Das Unternehmen will seinen Hauptsitz in Wien zwar nicht aufgeben, sieht das langfristige Wachstum aber international. Dabei geht es Holle nicht um die Qualität der Startups – „die hat sich sicher nicht verschlechtert in den letzten Jahren“ – sondern eher um den Fokus auf bestimmte Branchen. Mit den ersten beiden Fonds hat Speedinvest sich auf hochtechnologische Segmente im B2B-Bereich spezialisiert. „In Zukunft wollen wir mit kleineren Fonds in ausgewählte Industrien gehen“, sagt Holle, die neue Strategie konzentriert sich auf sogenannte „Verticals“.
Dass Investments in Startups Geduld erfordern, mussten die Geldgeber erst lernen. Denn manche Unternehmen bekommen attraktive Kaufangebote und sagen ab, weil sie noch stärker wachsen wollen. Ein solches Startup im Speedinvest-Portfolio ist Bitmovin. Das Kärntner Unternehmen hat eine Video-Streaming-Technologie entwickelt, die eigenen Angaben zufolge bei großen Plattformen im Einsatz ist. Statt früh zu verkaufen, streben die Bitmovin-Gründer einen Börsegang an. „Natürlich ist es als Investor verlockend, schnell Geld zurückzubekommen. Aber wir wünschen uns mehr Bitmovins“, erklärt Holle.
„Alle Investoren im ersten Fonds sind bereits auf der sicheren Seite und beobachten jetzt, wie sich das Portfolio weiterentwickelt.“ Bitmovin gilt als Hoffnungsträger, obwohl der Fonds schon sieben Exits, darunter der Marktplatz Shpock, hervorbrachte.
Das Geld aus dem ersten Fonds kam unter anderem auch von der Förderagentur AWS, die sich mit ihrer „Venture-Capital-Initiative“ auch an privaten VC-Fonds beteiligt. „Das war das beste Investment, das die AWS jemals gemacht hat“, schmunzelt Holle. Er sieht die Förderlandschaft zwar als „Wettbewerbsvorteil“, jedoch führe sie zu einer eingekapselten Szene mit fehlender VC-Perspektive. Die öffentlichen Gelder sollten deshalb stärker zu institutionellen Investoren fließen, wie etwa durch die „Venture-Capital-Initiative“, damit die Auswahl der Startups durch die Risikokapitalgeber und nicht nur durch Förderanträge und Jurys getroffen werde.
Mehr Bewegung im Ökosystem erhofft sich der VC-Pionier von der zweiten Gründerwelle. Die Runtastic- und Shpock-Gründer etwa haben sich schon am zweiten Speedinvest-Fonds beteiligt. „Erst dadurch entsteht eine Investorenszene.“ Mitbewerb sei durchaus wünschenswert, lässt Holle durchblicken.
Der Medienkonzern Schibsted stieg 2013 beim ein Jahr alten Marktplatz Shpock ein und erhöhte seine Anteile 2015 auf 91 Prozent. Das Unternehmen soll zu diesem Zeitpunkt eine Bewertung von 200 Millionen Euro gehabt haben.
war nach seinem Wirtschaftsstudium in der Pharmabranche tätig, zwei Jahrzehnte davon als Unternehmer in Spanien. 2010 begann er mit Startup-Investments, 2012 gründete er die „Austrian Angel Investor Association“.
Business Angels“, private Frühinvestoren, investieren in der Regel einen niedrigen sechsstelligen Betrag in Gründerteams. Johann „Hansi“ Hansmann hat das in den letzten sieben Jahren mehr als 40-mal gemacht. 20 Millionen Euro hat er eigenen Angaben zufolge in österreichische Startups investiert. Er lacht, als er diese Zahl ausspricht: „Das ist doppelt so viel wie der erste Speedinvest-Fonds.“ An dem ist er übrigens auch beteiligt.
In der Öffentlichkeit gilt Hansmann als zentrale Person des Ökosystems. Für ihn werden in Whatsapp-Gruppen mit mehr als 100 Kontakten Glückwunsch-Videos organisiert. Bei Startup-Wettbewerben werden Treffen mit ihm als Preis versprochen. Es gibt aber auch kritische Stimmen zu Hansmann. Er sei zu einflussreich, zu konservativ, hört man aus manchen Ecken. Immerhin ist Hansmann mit 66 Jahren tatsächlich eine der ältesten Figuren in der Startup-Szene. Auf die Frage, wie er seine Rolle selbst beschreiben würde, meint er: „Als Übervater? Meine Rolle hat sich in den letzten Jahren geändert.“
Als der Unternehmer nach fast 20 Jahren in Spanien und ersten Investments in europäische Startups 2010 zurück nach Österreich kam, gab es noch keine Szene in Wien. Diese habe er durch das Investment in das spätere Pioneers Festival, eine jährlich stattfindende Startup-Konferenz in Wien, mitaufgebaut. 350.000 Euro bekamen die Veranstalter Jürgen Furian und Andreas Tschas damals von ihm.
20 Millionen Euro hat Hansmann eigenen Angaben zufolge seit 2011 in österreichische Startups investiert.
„Zwischen 2010 und 2012 habe ich quasi im Monatsrhythmus Investments gemacht. Alle vier bis fünf Wochen ein österreichisches Startup“, blickt Hansmann auf die Anfangszeit zurück. Von einigen Beteiligungen hat Hansmann bereits die ersten Früchte geerntet: Runtastic, Shpock und MySugr gingen in den vergangenen zwei Jahren an Konzerne ins Ausland.
Hansmann erklärt sich den Erfolg durch einen „Aufstau an guten Gründern“, die keine Finanzierung fanden. Heute mit mehr Kapitalgebern und Startups im Markt sei es nicht mehr so einfach, die guten Unternehmen zu finden. Auch wenn das Ökosystem mittlerweile eine Eigendynamik entwickelt habe, sei Wien als Startup-Hub noch immer nicht „das Gelbe vom Ei“. Alleine mit österreichischen Startups könne sich das System nicht weiterentwickeln. Hansmann will Unternehmer und Fachkräfte aus dem Ausland herlocken.
Von der Politik kamen laut dem Business Angel zwar immer große Worte, die Taten dahinter nicht immer so. Harald Mahrer und Christian Kern nimmt Hansmann ihr Startup-Interesse ab, „die sind aber auch immer an ihre politischen Sachzwänge gebunden“. Das Startup-Paket, das die rot-schwarze Regierung im Juli 2016 präsentierte und in den darauffolgenden Monaten umsetzte, sei noch viel zu wenig. Wie andere Investoren wünscht sich Hansmann steuerliche Anreize, damit mehr privates Kapital in innovative technologische Unternehmen fließt.
Wie Holle setzt Hansmann große Hoffnung auf die zweite Gründerwelle: „Der ideale Business Angel bin nicht ich. Der ideale Business Angel ist ein erfolgreicher Gründer, der mit seinem Geld neue Startups unterstützt.“ Zudem werde der Markt sich weiterentwickeln, wenn diese Unternehmer nach dem Exit neue Startups gründen. Eine Lücke sieht auch er in der Spätphasenfinanzierung. Hansmann selbst will aufgrund seines Alters keinen Later-Stage-Fonds mehr initiieren, verrät aber, dass es Überlegungen dazu in der Szene gebe.
Heute investiert Hansmann nicht mehr so aggressiv wie vor fünf Jahren. Auch die Startup-Politik sieht er gelassen: „Durch mein Alter kann ich das mit einer gewissen Distanz sehen. Sonst müsste ich mich über alles fürchterlich aufregen.“
Adidas kaufte die Lauf-App Runtastic sechs Jahre nach der Gründung um 230 Millionen Euro.
Die 2012 gegründete Diabetes-App MySugr ging dieses Jahr an Roche Diabetes Care, eine Tochter des Schweizer Pharmakonzerns Roche, der Kaufpreis soll bei bis zu 100 Millionen US-Dollar liegen.
startete seine politische Karriere 1994 als Referent im Büro von Landwirtschaftsminister Franz Fischler und war später Generalsekretär des Landwirtschaftsministeriums. 2007 wechselte er in den Vorstand der REWE, 2011 verließ er den Konzern, um ins Startup-Wesen einzusteigen.
Werner Wutscher, früher Generalsekretär im ÖVP-Landwirtschaftministerium und später REWE-Vorstand, kam durch seine Konzernkarriere zu Startups: „Ich habe mir die Frage gestellt, wie ich mit der Veränderung durch die Digitalisierung im Handel in neue Geschäftsmodelle eintauchen kann. Dabei ging es mir anfangs nicht um das Return on Investment, sondern um die Frage, wo ich diese Veränderungen miterleben kann.“ Getan hat Wutscher das als Business Angel und Mitgründer des Essenslieferdienstes Kochabo im Jahr 2012. Die ersten Schritte in der Gründerwelt waren für Wutscher vom Scheitern geprägt: Das operative Geschäft von Kochabo wurde 2015 an den deutschen Mitbewerber Marley Spoon verkauft, die Holding befindet sich in einem Sanierungsverfahren.
„Wir tun ja alle so, als wären Startups die neuen Sparbücher oder Bausparverträge. Dabei ist das Investieren in neue Geschäftsmodelle ein riskantes Geschäft. Jeder, der es tut, muss sich dessen bewusst sein“, warnt der Angel-Investor. Den Grund für das Scheitern sieht der ehemalige Konzernvorstand im fehlenden Marketing. Ein weiteres Investment von Wutscher, die Flugblatt-Plattform Meinkauf – er war mit zwei Prozent beteiligt – befindet sich in Insolvenz. Die Pleite sorgte für Schlagzeilen, weil das Unternehmen staatliche Förderungen in Höhe von 1,8 Millionen Euro erhalten hatte.
Wutscher sagt zum Verlust von öffentlichem Geld, das in Startups gesteckt wurde: „Es war mir klar, dass diese Diskussion irgendwann kommen wird. Aber es muss klar sein, das das Risikokapital ist, das Innovationen fördert. Das ist auch der Grund, warum die AWS investieren darf – nämlich nur bei Marktversagen , wenn Private fehlen.“ Der Staat übernehme eine Funktion, die in anderen Ländern Private innehaben.
„Aber ich habe irrsinnig viel gelernt. Ich kann nicht groß über Startups reden, wenn ich nicht diese Erfahrungen gemacht habe“, sagt Wutscher über die gescheiterten Unternehmen. Seine Erfahrungen teilt er mittlerweile über sein Beratungsunternehmen „New Venture Scouting“ mit anderen Konzernmanagern. „Übersetzungsarbeit“, nennt Wutscher seine Aufgabe: Konzerne kommen mit der Suche nach neuen Geschäftsideen und Produkten zu ihm, sein Netzwerk sucht inner- und außerhalb von Österreich nach Jungunternehmen in den jeweiligen Branchen. Beteiligungen kommen dabei laut dem Investor selten zustande, vielmehr Partnerschaften zwischen dem Großunternehmen und dem Startup.
Dass Unternehmen bisher kaum in Startups investieren, erklärt sich Wutscher so: „Die klassischen Beteiligungsmanagementstrukturen sind überhaupt nicht geeignet für Startups. In der Konzernrichtlinie ist oft festgeschrieben, wie hoch eine Beteiligung sein muss, zum Beispiel 51 Prozent. Da kann ich die Gründer gleich anstellen.“ Auch kulturelle Unterschiede seien ein Grund, dass Beteiligungen und Übernahmen oft nicht funktionieren würden. „Nach dieser ersten Welle der Euphorie wird jetzt langsam der Ernst einkehren, und wir merken, dass Startups auch eine wichtige Ressource für Innovation sein werden“, schätzt Wutscher. Für das Industrieland Österreich seien vor allem neue Technologien im B2B-Bereich gefragt, wo der Fokus im Vergleich zu anderen europäischen Ländern stark auf B2C liege.