Anfrage per E-Mail betreffend die Förderungen im Sport- und Kulturbereich
Markus Hametner ist in seiner Freizeit auch für das Forum Informationsfreiheit tätig. Dieser Verein setzt sich seit fünf Jahren für eine Abschaffung des Amtsgeheimnisses ein.
Das war – schnörkellos und originalgetreu – die Antwort des Bürgermeisters der Marktgemeinde Eggern auf unsere schriftliche Anfrage, uns Auskunft darüber zu geben, welche Sport- und Kulturförderungen die Gemeinde in den Jahren 2015, 2016 und 2017 vergeben hat. Getan haben wir das aus einem einfachen Grund: Anders ist es in Österreich nicht möglich zu erfahren, wen welche Gemeinde in welcher Höhe fördert. Das liegt daran, dass trotz vollmundiger Ankündigungen seit einigen Jahren etwas nach wie vor fehlt: eine vollständige Transparenzdatenbank, in der nicht nur die gesamten Fördersummen aller Gebietskörperschaften, sondern auch deren Empfänger ersichtlich sind.
Das mag verwundern, wurde eine solche doch schon vor langer Zeit angekündigt: Bereits im Jahr 2009 schlug eine vom damaligen Bundeskanzler Werner Faymann eingesetzte Arbeitsgruppe zur Verwaltungsreform eine Transparenzdatenbank vor, die vonseiten des Bundes, der Länder und der Gemeinden mit Förderdaten befüllt werden sollte; zwei Jahre darauf übernahm der damalige Finanzminister Josef Pröll die Idee, und seit 2013 kann man die Datenbank – oder was bisher darunter verstanden wird – unter transparenzportal.gv.at einsehen. Allein die Kosten für deren Aufbau werden auf rund 13,6 Millionen Euro geschätzt. Allerdings weigern sich die Länder beharrlich, Zahlungsdaten einzuspeisen. Immer wiederkehrende Mahnungen des Rechnungshofs blieben und bleiben folgenlos. Die neue Regierung unter Bundeskanzler Sebastian Kurz hat sich – wie auch ihre Vorgänger und deren Vorgänger – als Ziel ein transparentes Förderwesen auf die Fahnen geheftet. „Einsparungen bei Doppel- und Mehrfachförderungen“ sind ein erklärtes Ziel der ÖVP unter Sebastian Kurz und dieser Regierung. „Nicht am Menschen, sondern am System“ soll gespart werden. Erstaunlicherweise spielten die in Milliardenhöhe ausgeschütteten Fördersummen Österreichs in der kürzlich stattgefundenen Budgetpräsentation für 2018/2019 kaum eine Rolle.
Eine solche Datenbank ist vor allem deswegen notwendig, weil ohne sie das Offenlegen von (intentionalen oder unintentionalen) Doppelförderungen schlicht nicht möglich ist. Wir haben daher ebenjene Recherche gestartet, die das möglich machen würde, um einen Überblick darüber zu bekommen, was von wem und in welcher Höhe gefördert wird. Das Ziel: eine eigene Transparenzdatenbank. Die Methode: eine Anfrage an jede Gemeinde Österreichs. Welche Empfänger haben von den Gemeinden Förderungen in den Bereichen Sport und Kultur in welcher Höhe bekommen? Gab es auch Sachleistungen – wie beispielsweise Mieterlässe in der gemeindeeigenen Turnhalle?
Per E-Mail baten wir die Gemeinden – alle 2.098 – zuerst um eine Antwort innerhalb von drei Wochen.
Von etwa 120 Gemeinden bekamen wir innerhalb dieser Zeit eine Rückmeldung – darunter viele Absagen. Fast 95 Prozent der Gemeinden ignorierten unsere journalistische Anfrage komplett. 62 verwendeten die Funktion „vom Newsletter abmelden“ des verwendeten Mailinglisten-Tools, großteils ohne sonstige Rückmeldung.
Nach Ablauf der drei Wochen erinnerten wir die Gemeinden daran, dass sie eine gesetzliche Verpflichtung haben, auf Anfragen zu reagieren, und zwar innerhalb von acht Wochen. Ihre Deadline: der 21. März 2018.
Mehr als die Hälfte der Gemeinden ließ die gesetzliche Frist zur Auskunftspflicht verstreichen, ohne auch nur einmal mit uns zu kommunizieren.
Von 84 bekamen wir Rückmeldung per Post, achtmal sogar eingeschrieben – trotz expliziter Bitte, die Antwort per E-Mail zu schicken.
In ihren Antworten verwiesen 479 Gemeinden auf die Website OffenerHaushalt.at. Kurioserweise waren 260 dieser Gemeinden gar nicht auf dieser Website freigeschaltet – die Passage war wohl in dem vom Gemeindebund vorgeschlagenen Antworttext kopiert.
Leider finden sich auf der Website unsere angefragten Informationen in der Regel nicht – nur für vier Gemeinden sind die Daten laut OffenerHaushalt.at in einem Detailgrad ersichtlich, der unserer Anfrage nahekommt.
Der Wille zur Beantwortung unserer Anfrage gestaltete sich in den einzelnen Gemeinden außerdem unterschiedlich. Die schweigsamsten Gemeinden hat das Burgenland, von zwei Drittel der Gemeinden haben wir noch keine Antwort bekommen. In Kärnten verzeichnen wir die meisten expliziten Ablehnungen.
Anfrage per E-Mail betreffend die Förderungen im Sport- und Kulturbereich
Ein Schreiben des Städtebundes erreicht sowohl Addendum als auch alle Mitglieder des Städtebunds und des Gemeindebunds. Die Gemeinden mögen auf offenerhaushalt.at sowie auf gemeindefinanzen.at verweisen. Die Gemeinden unterliegen nicht dem Transparenzgesetz und „müssen daher die entsprechenden Dateien derzeit nicht ausfüllen“. Die Bearbeitung der Anfrage „würde umfangreiche Aufarbeitungen, Bewertungen und Analysen erfordern, welche eine wesentliche Beeinträchtigung des innerbetrieblichen Ablaufes darstellen würde“.
Wir weisen den Städtebund unter anderem auf Musterbeispiele wie Bregenz und Salzburg hin und argumentieren damit, dass eine Beantwortung zumutbar ist.
Unsere Mitteilung wird vom Städtebund an das Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ), das offenerhaushalt.at und den dortigen Subventionschecker betreibt, weitergeleitet. Eine Antwort des Städtebunds erreicht uns nicht.
Wir erinnern die Gemeinden, die nicht oder abschlägig geantwortet haben, an ihre Pflichten nach den Auskunftspflichtsgesetzen und weisen darauf hin, dass die gesetzliche Antwortfrist am 22. März endet.
Wir weisen darauf hin, dass die von ihnen an die Gemeinden ausgeschickte Standardantwort nicht zu unserer Anfrage passt und Gemeinden sehr wohl einer Auskunftspflicht unterliegen, und dass viele Gemeinden nicht auf offenerhaushalt.at freigeschaltet sind, obwohl sie auf diese Website hinweisen. Wir übermitteln dem Gemeindebund eine Kopie des Erinnerungsschreibens und vereinbaren, in Kontakt zu bleiben. Der österreichische Gemeindebund tritt danach nie direkt an Addendum heran.
Informationsschreiben an alle Gemeinden, dass Auskunft verweigert werden kann, weil die Daten dem Datenschutz und der DSGVO unterliegen, die Beantwortung mit umfassenden Recherchen abseits der Buchhaltung verbunden wäre und somit zu zu großem Aufwand führen würde. Auskunft müsse nur über bekannte Tatsachen erteilt werden, es müsse nicht extra recherchiert werden.
Wir versenden eine Replik an auskunftsverweigernde und säumige Gemeinden und schränken unsere Anfrage auf monetäre Förderungen ein.
Der Gemeindebund informiert die Gemeinden, dass gegen Daten aus dem Rechnungsabschluss keine Datenschutzbedenken bestehen und die eingeschränkte Anfrage – bezogen auf Vereine – beantwortet werden kann. Allerdings sei laut Rücksprache mit dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel dafür eine Bundesgebühr von 14,30 Euro fällig.
Wir bestreiten als Medium im öffentlichen Interesse die Gebührenpflicht, das Finanzamt sieht keinen allgemeinen Befreiungstatbestand für Journalisten.
„Journalistische Anfragen sind per se nicht von der Gebührenpflicht befreit. Vielmehr ist im Einzelfall zu prüfen, in welchem Interesse die gewünschte Auskunft gelegen ist. […] Wir werden daher Ihren Fall zum Anlass nehmen, um das Thema gegenüber dem Österreichischen Gemeindebund nochmals nach zu schärfen, sodass für Journalistenanfragen zum Zwecke der Information der Öffentlichkeit keine Gebühr festgesetzt wird. Das werden wir auch bei den in der Zwischenzeit bereits vergebührten Anfragen berücksichtigen.“
In einem Schreiben an den Gemeindebund informiert das Finanzamt: Für eine Einzelfallprüfung mögen die Gemeinden dem Finanzamt die schriftlichen Auskunftsersuchen in Kopie übermitteln; Vergebührungs- oder Einforderungsmaßnahmen sollen in der Zwischenzeit ruhen.
Der Gemeindebund hat den Gemeinden – nach Rücksprache mit dem Finanzamt – geraten, 14,30 Euro Bundesgebühr zu verrechnen. Nicht für die Beantwortung, sondern für die „Eingabe“ unseres Auskunftsbegehrens. Damit wären für eine Anfrage an alle Gemeinden Österreichs 30.000 Euro zu entrichten – für Bürgerinitiativen und Nachrichtenorganisationen kann dies ein utopischer Betrag sein. Das Forum Informationsfreiheit veröffentlichte letzte Woche eine ähnliche Gebührenforderung: Sie hatten alle Gemeinden Niederösterreichs um Auskunft ersucht.
Etwa 100 Gemeinden haben uns bisher Gebühren für die Beantwortung vorgeschrieben. Da von der Hälfte der Gemeinden immer noch Antworten ausstehen und manche Gemeinden besagte Gebühren sogar rückwirkend – nach der ersten Antwort – verrechnet haben, könnte diese Zahl (trotz anderslautender Informationen des Finanzministeriums) immer noch steigen.
Was man dazusagen muss: Grundsätzlich unterliegen nur Anfragen von Privatpersonen an Organe der Gebietskörperschaften einer festen Gebühr von 14,30 Euro, wenn sie von Privatinteressen getragen sind. Da wir als Redaktion nun aber nicht im privaten, sondern im öffentlichen Interesse an die Gemeinden herangetreten sind, sehen wir uns nicht in der Pflicht, diesen Zahlungsaufforderungen nachzukommen. Genauso sieht es das Finanzministerium in der Regel bei Journalistenanfragen im öffentlichen Interesse. Ob eine solche im konkreten Fall vorliegt, prüft nun das Finanzamt. Anhand jeder einzelnen unserer 2.098 gleichlautenden Anfragen.
Es ist aber nun nicht alles schlecht, das soll auch gar nicht unterschlagen werden. Transparenz gegenüber den eigenen Bürgern und der allgemeinen Öffentlichkeit kann auf verschiedenen Wegen erreicht werden. Die Städte Salzburg, Linz, Bregenz und Wels etwa nutzen den Subventionschecker von OffenerHaushalt.at. Die Gemeinden Gresten und Pottendorf dürfen wir exemplarisch hervorheben, die ihre Subventionen an Vereine in der online verfügbaren Gemeindezeitung abbilden. Die Stadt Villach hat einen eigenen Subventionsbericht. Dieser lag bisher nur eine Woche physisch zur Ansicht auf, soll künftig aber auch auf der Homepage der Stadt und auf OffenerHaushalt.at abrufbar sein. Die Gemeinde Perchtoldsdorf beschließt im Gemeinderat einen Subventionsbericht, der online abrufbar ist.
Abgesehen davon, dass uns also ein Großteil der österreichischen Gemeinden im Hinblick auf unser Auskunftsbegehren ignoriert hat, sind wir noch an eine ganz andere Grenze gestoßen: das Amtsgeheimnis . Die ausdrucksstärksten Antworten finden sich unten. Sie sprechen für sich selbst – in reinstem Österreichisch.
Erratum: Im Text wurde behauptet, dass die meisten expliziten Ablehnungen aus Niederösterreich kamen. Das war falsch, anteilsmäßig verzeichnen wir die meisten Ablehnungen aus Kärnten. Wir bedauern den Fehler.